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Festung Zehn

Festung Zehn

Titel: Festung Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bunch
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fast allen Stellen.
    Kleine Schwester schrie mit der vollen Kraft ihrer guten fleischernen Lungen FRÖHLICHE WEIHNACHTEN!, und Mutter drehte sich nur in ihrer Taille, scheinbar nur auf einem Drehzapfen in jenem Teil, und Vater hustete trocken in dem Metall seiner Bestürzung, »’s war die Idee von Kleiner Schwester«, murmelte er undeutlich. »Tut mir so leid, Marmona. Ich vermute, daß Mox ihre Programme nicht richtig verfolgt hat, da sie in diesem Jahr auf Weihnachtsbäumen und dem ganzen Zeug besteht, und jetzt die Idee eines Besuchs unter den Familienmitgliedern. Tut mir leid, Marmona.« Er hustete wieder. »So überholt.«
    Mutters sehr klare blaue Augen, die jetzt fast völlig »ersetzt« waren, loderten ihm entgegen. Es war offensichtlich, daß sie ihre Massage mit dem Plastikmann so bald wie möglich fortsetzen wollte. »Nun?«, fragte sie gebieterisch.
    »Das ist alles«, murmelte er, »wenn Kleine Schwester fertig ist.« Dann sagte er aus einem dummen Grund – er konnte es später nur damit erklären, daß es daran lag, daß er im Moment noch nicht völlig »ersetzt« war – etwas Dummes, etwas, das ihn monatelang verfolgen würde. »Hättest du – ich meine, würdest du – ich meine, könnte ich«, stammelte er, »könnte ich dich ein paar Minuten lang sehen, vielleicht zu Ostern? Unsere Wohnungen sind nur durch das Grundstück voneinander getrennt, wie du weißt. Vielleicht wird es mir nicht mehr möglich sein zu gehen, wenn ich vollständig ›ersetzt‹ bin.« Er haßte sich dafür, daß er sie anflehte. Sie warf affektiert ihre linke Hand hoch und bewegte diese phantastischen »ersetzten« Plastikfinger und große Lichtstrahlen zitterten und strömten und schössen aus Ringen aus »Modern« -Diamant hervor. »Warum nicht?« sagte sie resignierend. »Was riskieren wir dabei? Wenn Jon rechtzeitig fertig wird –« Jon war ihr Plastikmann – »werden wir zu Ostern ein wenig reden.«
    Und so wurde es gemacht und war es vorbei, und bald waren sie wieder draußen auf den Platten. »Ich nehme an, daß ich dich nicht zurückbegleiten muß, oder? Du hast doch deine Pfeife dabei, nicht wahr?« sagte er.
    »Nein«, sagte sie, »ich habe sie auf den roten Teppich fallen lassen. Ich erinnere mich gerade daran. Ich hab es gehört. Sie platschte ins Nasse. Während die Schneebälle schmolzen. Vielleicht könnte ich mit zu dir kommen!«
    Verdammte kleine Mädchen, dachte er. So raffiniert. Immer dabei, finstere Pläne zu schmieden. Er müßte so bald wie möglich nach Weihnachten anfangen, sie »ersetzen« zu lassen.
    »Bei mir gibt es nichts Interessantes zu sehen«, beeilte er sich zu sagen. »Nur meinen Schmiegesessel und meinen Denkbereich und Tandal.« Er sah keinen Sinn darin, ihr von Nörgel-Nörgel, der statuenhaften Frau, zu erzählen, die nicht ganz aus Metall bestand, die er unter dem Bett aufhob, bis er sie so dringend brauchte, daß er … Es gab einige Dinge, die man einer Tochter einfach nicht erzählte, nicht bevor sie erheblich älter oder auf der Straße, die zur völligen »Ersetzung« führte, schon weit vorangekommen war. »Ich sage dir, was wir machen werden«, sagte er. »Ich werde dich zu deiner Wohnung zurückbegleiten, und ich werde der Tür pfeifen, und du kannst zu Mox hineingehen. Dein Stern ist befestigt und alles ist in Ordnung. Du hast ein ganz schönes Weihnachten gehabt!«
    So gingen sie durch den Schnee, der so kalt wie Eisen war, zurück zu ihrer Wohnung, unter einem Himmel, der sich rasch verfinsterte, an einem Tag, der schwarz wurde. Und als ihre Tür aufglitt, fühlte er sich so erleichtert, daß er sich bückte und sie auf die Stirn küßte, und er versetzte ihr munter einen leichten Klaps auf ihren guten fleischernen Popo, als sie durch den Plastikeingang ging. Als sie gegangen war, stand er eine kleine Weile vor ihrem Haus und dachte nach. Wie ein alter Mann, der im Anfangsdrittel eines angenehmen Traums war, stand er da und nickte, vielleicht durch Dinge aus einer Zeit dazu bewegt, die vor der Zeit der »Ersetzungen« lag, und er fragte sich vielleicht, ob er nicht einen unberechneten und ungeheuer großen Preis für seine eiserne Dauerhaftigkeit bezahlt hätte.
    Während er so dastand und in Gedanken versunken war, erschien plötzlich in sehr großer Höhe ein winziges Licht – es kam von Osten, aus der Richtung der Küstenflughäfen – und bewegte sich schnell den trüben Himmel herab und auf ihn zu, wobei es immer schneller wurde. Kurz darauf erbebte das ganze

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