Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt
Madrid entfernt ist. Also: Was essen wir jetzt?«
Sie entscheiden sich für eine neu eröffnete stylishe Tapas-Bar, die ihnen eine Kollegin empfohlen hat. Neus entspannt sich beim Essen, es wird ein wirklich netter Abend. Beim café denkt Tom über den weiteren Verlauf des Abends nach. Die Frage »zu dir oder zu mir« stellt sich so natürlich nicht, denn Neus’ Familie ist bestimmt längst vom Kinobesuch zurück, und ein mitternächtliches Zusammentreffen in der gemeinsamen Wohnung möchte Tom vermeiden.
Mit »Kommst du noch mit zu mir?« stellt Tom endlich die Frage, auf die Neus schon gewartet hat. Sie schenkt ihm ein zauberhaftes Lächeln, schüttelt aber energisch den Kopf.
»Darf ich dich nächsten Freitag zum Essen einladen?«, fragt Neus. »Ich kenne da ein kleines Restaurant in Chueca. Manolo, der Besitzer, ein alter Freund von mir, kocht hervorragend, du wirst es sehen. Jedes Gericht ein Gedicht.«
»Na gut, Einladung angenommen. Und jetzt?«
»Jetzt fahren wir nach Hause.«
»Äh, zu dir oder zu mir?«
» Buenas noches , Tom, que duermas bien [ke duer mas bjen], schlaf gut!«
31. Moros y Cristianos – Mauren und Christen
oder: Lena, die Spaßbremse
»Was? 5 Uhr 20! Ich fass es nicht. Hallo Diego, Rafa, Abi, wann gehen wir denn endlich mal nach Hause? Wo wollt ihr denn jetzt noch hin? Machen denn in dieser Stadt die Kneipen niemals zu?« Lena seufzt und sieht demonstrativ auf ihre Armbanduhr.
Ihre Freunde lassen sich davon nicht beeindrucken.
»Nur noch hier rein«, sagt Abi. »Letzte Station, versprochen, aber das muss noch sein, sonst war es keine richtige Nacht, verstehst du? Außerdem wirst du jetzt gleich eine spanische Spezialität kennenlernen und dich fragen, wie du bisher ohne sie leben konntest.«
Lena hat tapfer durchgehalten. Als sie nach dem Abendessen mit ihren Freunden loszog, ging es erst mal durch die Kneipen in der Altstadt auf die marcha . Das bedeutet: Von Kneipe zu Kneipe ziehen und dabei unendlich viele Freunde und Bekannte treffen. Danach Abtanzen in der Disko, und nun hierher, in eine Bar mit weiß gekachelten Wänden und unromantischer Neonbeleuchtung, in der es angeblich diese besondere Leckerei gibt, die in den frühen Morgenstunden am allerbesten schmecken soll: chocolate con churros [tschoko la te kon tschu rros], heiße Schokolade mit Schmalzgebäck. Heiß, süß und fettig, so beschreibt Abi ihr diesen Genuss. Lena hat Durst und hätte gern eine Limonade. Sie bestellt beim Kellner: una gaseosa y un churro . Das nachgeschickte por favor (bitte) geht in Gebrüll und Gelächter unter.
»Was ist denn los?«, will Lena wissen, aber keiner ist in der Lage, ihr zu antworten.
» El mínimo son seis «, sagt der Kellner, der wie alle spanischen Kellner sein Lachen zu Hause lässt, wenn er seinen Dienst antritt. Ach so, mindestens sechs von diesen churros muss man bestellen. Und das ist so lustig?
»Du bist bestimmt der erste Mensch, der Limonade zu churros bestellt«, japst Rafa. »Mensch, Lena, wir werden unsere alemanita wirklich vermissen.«
Churros werden aus Brandteig gemacht. Der Teig wird in langen Schlangen in heißes Fett gespritzt, ausgebacken und beim Herausnehmen in Stücke geschnitten. Es gibt die churros auf Jahrmärkten oder in speziellen churrerías , die nachmittags, abends und frühmorgens für die Nachtschwärmer geöffnet haben. Sie werden vor dem Verzehr in die chocolate eingetaucht, die deshalb so dick ist, weil sie aus geschmolzener Zartbitterschokolade gemacht wird. Es handelt sich dabei also nicht um Kakao und sie wird in Spanien auch nicht mit Sahne serviert – was bei der Kalorienbombe auch nicht mehr nötig ist. Statt chocolate können Sie die churros auch mit café con leche (Milchkaffee) bestellen. Das ist okay. Manchmal wird zusätzlich Wasser dazugereicht, für den Durst, aber keine Limonade.
»Wieso vermissen?«, fragt Diego, Lenas andalusischer amigo/novio , alarmiert. »Gehst du zurück nach Deutschland?«
»Ja, aber nur kurz«, sagt Lena. »Im Januar werde ich dann mit einer ONG nach Mittelamerika gehen und dort in einem Kinderdorf arbeiten.«
Eine ONG ist eine Nichtregierungsorganisation (NGO). In Spanien gibt es aktuell etwa 3.000 ONGs mit sozialer, politischer oder ökologischer Ausrichtung. Da Spanier englische Begriffe am liebsten ins Spanische übersetzen
»Wirklich?« Es klingt ein klein wenig enttäuscht.
Der Kellner bringt die warmen, mit Zucker bestreuten churros und für die anderen kleine Tassen mit
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