Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt
dickflüssiger Schokolade.
»Oh, das ist aber nichts für Kalorienzähler, stimmt’s?«, vermutet Lena.
» El candidato tiene cien puntos «, schreit Abi.
»Dafür essen wir dann nicht mehr viel zum Frühstück«, sagt Diego, und obwohl das für Lena nicht neu ist, sagt sie maximal noch halbwach »aha«, dann taucht sie einen ihrer churros in Diegos Tasse ein und sagt: »Gar nicht mal so schlecht.«
»Drei Wochen ist Lena nur noch hier«, sagt Rafa.
»Drei Wochen?«, fragt Diego. »Dann kannst du ja nach Campello mitfahren. Da gibt es nächstes Wochenende eine Riesen-Fiesta: Moros y Cristianos . Hast du so etwas schon mal gesehen, Lena?«
»Mauren und Christen? Also, wenn das etwas Fremdenfeindliches ist, dann habe ich da keine Lust hinzugehen.«
Protest von allen Seiten. Ein Spektakel sei das, mit historischem Hintergrund, aber ohne Feindseligkeiten. Umzüge, Musik, Feuerwerk, eine richtige Gaudi. Na ja, wenn das etwas Uriges und richtig Spanisches ist, dann wird Lena es sich nicht entgehen lassen. Zumal wenn Diego sie dazu einlädt.
Als es soweit ist, sagen Rafa und Abi allerdings ab. »Tut uns so leid, Lena, aber ich habe den achtzigsten Geburtstag von Rafas Opa ganz vergessen. Wir sind seit Monaten eingeladen, wir wären ja viel lieber nach Campello mitgefahren ...«
»Okay, okay«, unterbricht Lena den Wortschwall ihrer Freundin. »Ich muss los. Diego wartet schon unten im Auto.«
» ¡Feliz fiesta! «, ruft Abi ihr hinterher.
Moros y Cristianos – Mauren und Christen: Spektakel mit historischem Hintergrund
Das ganze Jahr über finden diese Feiern statt. Sie sind vor allem an der spanischen Mittelmeerküste und auf Mallorca verbreitet und eine Touristenattraktion ersten Ranges. Rheinischer Karneval, Oktoberfest und Passionsspiele Oberammergau zusammen, nur eben spanisch und fußend auf wahren historischen Begebenheiten.
Fast 800 Jahre (711–1492) gab es muslimische Herrscher (Araber, Berber, »Mauren«) auf der Iberischen Halbinsel. Und fast genauso lange kämpften christliche Heere unzählige Schlachten zur Rückeroberung ( Reconquista ) der Gebiete von den Mauren. Daran erinnern die Moros-y-Cristianos -Feiern. Die eine Hälfte der Bewohner eines Festortes verkleidet sich als Mauren, die andere als Christen, und dann wird die Eroberung der Stadt (oder einer Burg, die, wenn es sein muss, auch aus Pappe sein kann) durch die moros und die Rückeroberung durch die cristianos nachgespielt. Am Ende siegen natürlich immer die Christen. Abgeschlossen war die Reconquista 1492 mit der Einnahme Granadas durch die Katholischen Könige Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragonien. Früher war es üblich, am Ende der Feiern eine arabisch gekleidete Pappfigur ( La Mahoma ) von der Burg zu werfen oder zu verbrennen. Das kommt heute nur noch selten vor. Dagegen werden Vertreter der arabischen Länder zu den fiestas eingeladen und die Pflege des arabischen Erbes in Spanien in den Vordergrund gerückt.
Viel historische Information sollte man allerdings nicht erwarten. Die Kostüme der Bruderschaften sind nicht authentisch, dafür aber prächtig bis karnevalesk. Krummsäbel und Hellebarden zerschneiden die Luft, Metall trifft scheppernd auf Metall, die Kettenhemden rasseln. Musikkapellen wetteifern und Menschenmengen jubeln ihren mitmarschierenden Verwandten und Nachbarn zu. Das farbenprächtigste und aufwendigste Spektakel findet im April in Alcoy bei Alicante statt, wo, der Legende nach, der Heilige Georg ( San Jorge ) auf den Zinnen der Burg erschien und den Christen zum Sieg verhalf. Auch der Patron Spaniens, der Apostel Jakobus ( Santiago ), soll bei der Reconquista säbelschwingend mitgeholfen haben und hat dafür den Ehrentitel matamoros (»Maurenschlächter«) erhalten. Der muslimische Heerführer al Mansur war da gnädiger. Bei der Zerstörung Santiago de Compostelas 997 verschonte er die Reliquien des Heiligen Santiago. Gott sei Dank. Sonst wäre Santiago heute nicht nach Rom und Jerusalem der dritte christliche Wallfahrtsort. Und »Ich bin dann mal weg«, den Bestseller von Hape Kerkeling, gäbe es dann auch nicht.
Campello liegt nur wenige Kilometer nördlich von Alicante und Lena und Diego sind bald dort, nur die Parksituation ist etwas schwierig. Es sieht so aus, als wäre das halbe Land nach Campello gekommen.
»Wenn wir früher aufgestanden wären, hätten wir die Landung der Mauren am Strand miterleben können«, sagt Diego. Das ist eine Spezialität von Campello, weil es eben an der
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