Feuer der Nacht
sie vielleicht alle auf und davon rennen. Das Mädchen, das Carrie die Meinung gesagt hatte und sich dann von der Hochzeitsgesellschaft verabschiedet hatte, war eindeutig klug gewesen.
»Carrie«, sagte Jaclyn beruhigend, »es ist eigentlich zu spät für diese Änderung. Ich denke, Sie werden mit dem Aussehen der Kleider Ihrer Brautjungfern sehr zufrieden sein, wenn Sie die Mädchen mit den Blumen sehen, die Sie ausgesucht haben.«
»Ich trage mich mit dem Gedanken, auch die Blumen zu ändern«, entgegnete Carrie. Ein Glitzern in ihren Augen verriet Jaclyn, dass es ihr Spaß machte, so schwierig zu sein. »Sie passen einfach nicht. Ich habe gestern Abend die Probefotos studiert, und sie sehen aus, als hätte jemand Pepto Bismol, das Zeug gegen Sodbrennen, erbrochen. Ich habe ein absolut zauberhaftes Blumenarrangement in einer Zeitschrift gesehen. Wenn ich die Blumen ändere, muss ich allerdings auch den Look der Brautjungfern komplett umgestalten.«
»Das ist aber mit erheblichen Kosten für Ihre Freundinnen verbunden.«
Carrie schürzte die Lippen, ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. »Das wird ihnen nichts ausmachen. Das ist mein besonderer Tag, und sie werden tun, worum ich sie ersuche. Egal was.« In ihrem Ton schwang ein unausgesprochenes Und wehe, wenn nicht mit.
»Wenn Sie darauf bestehen, können Sie die Schneiderin anrufen und …«
»Ich möchte, dass Sie das übernehmen«, sagte Carrie unbekümmert. »Ich habe keine Zeit dazu.« Sie öffnete ihre teure, überdimensional große Handtasche, nahm das Stoffmuster heraus und warf es auf den Tisch. Jaclyn sah auf den ersten Blick, dass es edle, schwere Seide war – eine weitere teure Wahl, die jede Brautjungfer mehrere hundert Dollar kosten würde, wenn nicht gar tausend. »Davon abgesehen war sie, als ich sie heute Vormittag angerufen habe, um die Sache mit ihr zu besprechen, unausstehlich und uneinsichtig.«
Sich mit der Schneiderin auseinanderzusetzen gehörte eigentlich nicht mit zu Jaclyns Job. Sie arrangierte den Event als solchen. Aber sie kannte Gretchen recht gut; sie bewegten sich in den gleichen Kreisen, sie arbeiteten beide oft für dasselbe Hochzeitspaar. Gretchen war nie unausstehlich oder uneinsichtig, doch auch hier zeigte sich Carrie Edwards’ Fähigkeit, bei jedem die negative Seite zutage zu bringen.
»Ich will sehen, was ich tun kann, aber versprechen kann ich nichts. Uns läuft die Zeit davon, und zwar so sehr, dass Ihnen bald keine andere Wahl mehr bleiben wird, als die Kleider für die Brautjungfern von der Stange zu kaufen …«
»Nein. Niemals!«
»Dann müssen Sie an Ihrer ursprünglichen Auswahl festhalten. Also, was die Blumen angeht, so hat der Florist bereits viel Zeit investiert, damit auch wirklich jeder Aspekt der Hochzeit und des Empfangs gut koordiniert und so originell ist, wie es Ihren Wünschen entspricht«, erinnerte sie Carrie. »Wenn Sie Ihre Meinung hinsichtlich der Brautjungfernsträuße ändern, dann wirkt sich das auf das Brautbouquet und die Anstecksträußchen sowie auf die Arrangements beim Empfang aus.« Bishop Delaney war ein Genie. Allerdings verfügte er über eine sehr niedrige Toleranzschwelle, wenn es um irgendwelchen Blödsinn ging, und wenn er ausstieg, dann wäre es schwierig, zu diesem Zeitpunkt noch einen würdigen Ersatz zu finden. »Wenn Sie auf Ihren Änderungen bestehen, müssen Sie sich darauf einstellen, dass es Sie erheblich teurer kommt als ursprünglich vereinbart.«
»Wieso?«, wollte Carrie wissen. »Wenn ich die anderen Blumen nicht verwende, weshalb sollte ich sie dann bezahlen?«
»Weil der Florist bereits erhebliche Zeit auf das Design der Arrangements verwendet hat, und er wird keinen Verdienstausfall hinnehmen, nur weil Sie Ihre Meinung geändert haben. Seine ursprüngliche Bestellung wurde bereits bearbeitet, und ich weiß nicht, ob er sie rückgängig machen kann.« Morgen sollte Bishop Fotos und Zeichnungen von seinen großen Plänen vorlegen – also nicht gerade der Moment, um wieder am Punkt null anzufangen. Jaclyn wollte jedenfalls nicht zwischen Bishop und Carrie geraten, wenn die beiden sich die Köpfe einschlugen.
Manchmal kam sie sich vor, als würde sie einem eigensinnigen, ungezogenen Kind Manieren beibringen, aber das Glitzern in Carries Augen war dazu doch zu berechnend. Sie stellte solche Ansprüche, weil sie so oft damit durchgekommen war. Vermutlich gaben viele Leute einfach nach und akzeptierten lieber ihren Verdienstausfall, als sich weiterhin mit
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