Feuer der Nacht
Carrie herumschlagen zu müssen. Und das bedeutete, dass sie gelernt hatte, sich noch sturer zu stellen, wenn jemand sie auf ihr Benehmen hin ansprach. Wenn sie sich schlecht benahm, bekam sie in der Regel, was sie wollte.
Jetzt zog sie die Nase kraus und schniefte, bevor sie verdrossen Jaclyns Einwand mit einer Geste abtat. »Wir diskutieren das morgen mit dem Floristen. Er wird sicher vernünftig sein. Momentan ist meine Hauptsorge, das Problem mit den Kleidern der Brautjungfern zu lösen.«
Jaclyn atmete tief durch: ein – und aus. Sie würde sich dieser verzogenen, unsympathischen, dummen Pute nicht beugen. »Warum treffen wir uns nicht morgen mit der Schneiderin und sprechen unsere Möglichkeiten durch?« Vielleicht könnte sie gemeinsam mit Gretchen Carrie überzeugen, dass es für diese Änderung viel zu spät war, dass schlichtweg die Zeit fehlte, den Stoff zu bestellen und die Kleider zu nähen. Nicht, dass die Vernunft und die Monsterbraut viel miteinander gemein gehabt hätten. Jaclyn wusste nicht zu sagen, ob sie überhaupt je Bekanntschaft geschlossen hatten. Um Gretchen ein weiteres Telefonat zu ersparen, sagte sie: »Ich rufe heute Nachmittag an und arrangiere alles.«
Carrie rollte mit den Augen. »Nun, tja, das ist ja nun auch Ihr Job.«
Jaclyn hatte es früher schon oft mit schwierigen Bräuten zu tun gehabt, aber Carrie war wirklich die absolute Krönung. Einer der Vorteile, wenn man seine eigene Chefin war, bestand in der Möglichkeit, frei zu entscheiden, wann das Maß voll war. Jaclyn stand also in Zeitlupe auf, legte die Hände auf den Schreibtisch und sagte: »Dies ist auch ein Job, den ich hinschmeißen kann. Ich lasse mich nicht schikanieren, und meine Assistentin auch nicht. Ist das jetzt klar?«
Carrie funkelte sie beleidigt an. » Schikanieren ? Ich habe hier überhaupt niemanden schikaniert! Ich möchte schlicht und ergreifend eine spektakuläre Hochzeit, und ich sehe nicht ein, weshalb …«
»Anstatt spektakulär wird sie eine Katastrophe, wenn Sie nicht aufhören, ständig Ihre Meinung zu ändern«, erwiderte Jaclyn unverblümt. »Und ich sage das, weil es nämlich mein Job ist, dass alles gut klappt; und das bedeutet, dass ich Ihnen mitteile, wenn Sie über das Ziel hinausschießen. Ich sage damit nicht, dass der Florist absolut nicht in der Lage sein wird, zu diesem Zeitpunkt noch die Blumenarrangements umzugestalten. Ich sage nur, dass Sie dieser Wunsch etwas mehr kosten wird und dass Sie sich bei Gretchen erkundigen sollten, ob es überhaupt möglich ist, neue Kleider für die Brautjungfern zu fertigen, bevor Sie etwas an den Blumen ändern. Und Sie sollten auch bei Ihren Brautjungfern nachfragen, weil die eine oder andere nämlich, ganz egal für welche Farbe Sie sich letztlich entscheiden, aussteigen könnte, um nicht ein weiteres Kleid bezahlen zu müssen, das sie nie mehr in ihrem Leben tragen wird. Nun, falls Sie für die Kosten aufkommen wollen, wird natürlich sicher niemand Einwände haben …«
»Machen Sie sich nicht lächerlich«, fauchte Carrie. »Die Braut bezahlt nicht die Kleider der Brautjungfern.«
»Unter besonderen Umständen wohl schon. Und seine Meinung im letzten Moment zu ändern ist so ein besonderer Umstand.« Vielleicht, so ging es Jaclyn optimistisch durch den Kopf, würde Carrie, wenn sie mit der jungen Frau Tacheles redete, ja aufhören herumzunerven oder Premier feuern. Jaclyn könnte einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen, und Carrie würde ihr Auge auf einen anderen Eventdesigner werfen, den die Aussicht auf einen dicken Scheck blind für die Situation machte.
»Ich kenne meine Freundinnen«, erklärte Carrie. »Keine von ihnen ist so kleinlich.« Sie warf ihre goldblonde Mähne nach hinten, griff dann in ihre Handtasche und zog die geplante Speisekarte für den Empfang heraus – wenn sie doch nur zu einem Entschluss hinsichtlich des Kebabs käme: Rindfleisch oder Lamm. Wie schwierig konnte das sein? »Und noch etwas …«
Jaclyn blieb ruhig, doch als Carrie unablässig erklärte, was akzeptabel war und was nicht, verabschiedete sie sich geistig und traf eine ernste Entscheidung: Bevor dieser Tag zur Neige ging, würde sie sich einen guten, hochprozentigen Drink genehmigen.
2
Detective Eric Wilder saß an der Bar seiner Lieblingskneipe, dem Sadie’s; er mochte das Lokal, weil es gleich beim Rathaus und dem Polizeipräsidium lag und deshalb wirklich praktisch war. Auch für die meisten anderen Polizisten war dies die
Weitere Kostenlose Bücher