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Feuer der Rache

Titel: Feuer der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Lächeln.
    Sabine, die Merz beobachtet hatte, registrierte, dass er seinen Blick weder in den tiefen Ausschnitt versenkte noch ihn die langen Beine zu den roten Pumps hinabwandern ließ. Vielleicht war er ja doch kein Widerling?
    Unter der Tür drehte sich der Senator noch einmal um. „Cathrin, wenn du mich brauchst, wir sind in der Bibliothek."
    Die Kommissarin wartete, bis sich die Tür geschlossen hatte, und wandte sich dann der Witwe zu.
    Sechsundzwanzig Jahre alt war sie und vier Jahre mit Sven von Everheest verheiratet -gewesen, fügte sie nach einer kleinen Pause hinzu. Aufrecht, mit durchgedrücktem Rücken saß sie da, die Füße ordentlich nebeneinander gestellt, die Hände im Schoß gefaltet. Sie trug ein perfekt geschnittenes, schwarzes Seidenkostüm, das sicher aus einem der sündhaft teuren Designershops am Neuen Wall stammte. Einziger Schmuck war eine kurze Perlenkette um ihren Hals. Einen Ehering konnte Sabine nicht sehen. Ihr blondes Haar war streng zurückgekämmt und zu einem Knoten gedreht, das Gesicht sorgfältig geschminkt. Schade, so konnte Sabine nicht sehen, ob sie blass war oder sich Schatten des Kummers unter ihren Augen gebildet hatten. Seit sie das Make-up aufgelegt hatte, hatte sie jedenfalls nicht geweint.
    Viel Interessantes brachte dieser Samstagvormittag nicht zutage. Cathrin von Everheest, geborene Sandemann, war gut erzogen, gebildet und hatte ihre Gefühlsregungen vorzüglich im Griff. Bereitwillig gab sie über die Daten ihres Lebens Auskunft: aufgewachsen an der Eibchaussee, ein paar hundert Meter weiter nach Nienstedten runter, in einer weißen Jugendstilvilla mit Säulenportal.
    Ihr Vater hatte sich in der Gynäkologie einen Namen gemacht und eine bei reichen Paaren sehr begehrte Praxis aufgebaut. Seine Erfolge bei problematischen Schwangerschaften und bis dahin unerfülltem Kinderwunsch waren unumstritten. Nun hatte der alte Doktor sich zurückgezogen, um die schönsten Golfplätze der Welt zu bespielen, und seine Praxis dem Sohn Alexander überlassen. Cathrins Mutter hatte sich der Erziehung der beiden Kinder gewidmet, ihren Wohltätigkeitsveranstaltungen und der Bildhauerei, für die der Rest der Familie kein Verständnis aufbringen konnte.
    Während Cathrins Bruder Alexander wie viele Kinder aus der Nachbarschaft das Gymnasium in Blankenese besuchte, hatte sie darauf bestanden, ihre Ausbildung im berühmten Johanneum in Winterhude zu absolvieren. „Latein, Englisch, Griechisch", zählte sie auf, als würde das zu den üblichen Grundlagen jeder Schulbildung gehören. Dort habe sie Tanja, die spätere Frau ihres Bruders, kennengelernt.
    „Wir besuchten gemeinsam einige Fächer und die Literatur-AG. Sie kam öfter zu uns zu Besuch, und so hat sich das zwischen den beiden entwickelt", erzählte sie mit einem Schulterzucken. „So wie bei Sven und mir auch", fügte sie hinzu. „Alexander und er waren Schulfreunde und gingen in dieselbe Klasse."
    Sie hatte in Hamburg Literaturwissenschaften und Anglistik und ein wenig Kunstgeschichte studiert, das Studium nach ihrer Hochzeit jedoch vor dem Abschluss abgebrochen.
    „Warum?", wollte Sabine wissen. „Hat es Ihnen nicht gefallen?"
    Frau von Everheest zögerte einen Moment. Zum ersten Mal sah sie der Kommissarin in die Augen. „Doch, sehr! Und meine Professoren haben es bedauert, dass ich ging, aber Sven brauchte meine Unterstützung. Er musste sich in der Klinik gegen seinen Vater behaupten, und das war nicht einfach. Sein Vater war der Maßstab aller Dinge und Sven der Assistenzarzt ohne Erfahrung, dessen neue Methoden sein Vater -ohne jemals richtig zuzuhören -vom Tisch wischte. Erst nach seinem Tod wurde es für Sven in der Klinik erträglicher, und er konnte bestimmen, was getan wurde!"
    Das erste Lächeln huschte über ihr Gesicht, doch es war kein Lächeln der Freude. War es Triumph?
    „Dies ist das Haus Ihrer Schwiegereltern, nicht? Haben Sie zu Lebzeiten Ihres Schwiegervaters auch schon hier gewohnt?"
    Sie seufzte leise. „Ja. Meine Schwiegermutter starb noch vor unserer Hochzeit, und Vater und Sohn waren sich einig, dass das Haus wieder eine Frau brauchte. Ich habe gehofft, wir würden uns ein eigenes Haus an der Alster kaufen, doch trotz der Differenzen in der Klinik hing Sven sehr an seinem Vater und wollte nichts davon wissen."
    „Dann war der Tod Ihres Schwiegervaters eine Erleichterung für Sie?"
    Ihre Fassade bekam einen Riss. „Was unterstellen Sie mir?", rief sie, fing sich jedoch gleich wieder. „Ja",

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