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Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)

Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)

Titel: Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mats Strandberg
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davor, den Geruch mit nach draußen zu nehmen. Hatte Angst, dass er sie verfolgen könnte, sie verraten, egal, wohin sie ging. Der Geruch von Säuferkind.
    Sie rief nach ihrem Vater. Hörte ihn irgendetwas aus dem Badezimmer grunzen.
    Sie weiß noch genau, wie heftig ihr Herz pochte, als sie die Tür öffnete. Sie weiß noch genau, wie ihr Vater aussah, als er dort auf dem Boden lag, den Mund verschmiert mit Erbrochenem, jeder Atemzug rasselte, seine Augen leblos.
    »Hilf mir«, wimmerte er.
    Zum ersten Mal machte Linnéa die Tür einfach wieder zu. Sie hatte es schon so oft gesehen.
    Und jetzt steht er da, einen Stapel bunter Flugblätter in der Hand. Er hat sie schon entdeckt.
    Sie kann nicht entkommen.
    »Linnéa?«, sagt er und geht auf sie zu.
    Seine Stimme ist kaputt, es ist die Stimme eines Menschen, der ein hartes Leben gelebt hat, aber er lallt nicht.
    Er nimmt Linnéa in den Arm und sie bemerkt den Duft von Rasierwasser. Aber keinen Alkohol, keinen abgestandenen Zigarettenrauch. Keine schmutzigen, verdreckten Kleider. Sie steht ganz still, mit hängenden Armen.
    »Mein Liebling«, murmelt er in Linnéas Ohr und sie befreit sich aus seiner Umarmung.
    »Soll ich …?«, fragt Vanessa und macht eine unbestimmte Geste, die so viel heißt wie »bleiben oder gehen?«.
    »Wir sehen uns«, sagt Linnéa.
    Vanessa nickt und geht. In ihrem Blick liegt Verständnis und Mitleid. Ewig dieses verdammte Mitleid. Linnéa schluckt schwer und dreht sich zu ihrem Vater zurück.
    »Du siehst aus, als ginge es dir gut«, sagt sie steif.
    Nur, wie lange hält es wohl dieses Mal an?, will sie hinterherschieben. Wie lange dauert es dieses Mal, bis du an meiner Tür klingelst und dir Geld leihen willst?
    »Linnéa«, sagt er und versucht, ihre Hände zu nehmen.
    Sie zieht sie weg.
    »Es geht mir nicht nur gut«, sagt er. »Ich bin ein neuer Mensch. Ich weiß, dass ich das schon oft gesagt habe. Aber dieses Mal habe ich mich wirklich verändert.«
    Er gibt ihr ein Flugblatt, und sie bemerkt, dass seine Fingernägel keine Trauerränder haben.
    »Helena Malmgren und ihr Positives Engelsfors haben mir das Leben gerettet«, sagt er.
    Sie nimmt den Zettel. Zwei Paare im besten Alter sitzen auf einer Sommerwiese im Sonnenuntergang. Ihre Gesichter schimmern im goldenen Licht. Eine Frau hat ihren Kopf an die Brust ihres Mannes gelegt und träumerisch die Augen geschlossen. Ihr Lächeln strahlt totalen Frieden aus.
    Unter dem Bild ist zu lesen, dass jeder bei Positives Engelsfors willkommen ist. OB MANN ODER FRAU , JUNG ODER ALT . POSITIVES ENGELSFORS – FÜR EINE POSITIVE ZUKUNFT !
    »Sie haben mir einen Job gegeben«, sagt Papa. »Heute ist Eröffnung.«
    Er nickt über die Schulter, und jetzt sieht Linnéa, dass ein Stück die Straße runter eine Menge Leute stehen. Kinder toben mit hellgelben Heliumballons herum.
    Ein dicker Tropfen fällt auf das Flugblatt, breitet sich auf dem Hochglanzdruck aus. Linnéa schaut nach oben. Die Gewitterwolken liegen wie ein Deckel über der Stadt.
    »Ich habe übrigens wieder eine Wohnung. Du musst mich mal besuchen«, sagt Papa.
    »Ich muss gar nichts.«
    Papa nickt.
    »Ich verstehe, dass du so empfindest. Aber gib mir eine Chance, dir zu beweisen, dass du dich auf mich verlassen kannst.«
    »Von mir bekommst du keine Chance mehr.«
    Ein Teil von ihr bereut sofort, was sie gesagt hat. Was, wenn er es dieses Mal wirklich ernst meint? Was, wenn sie ihn zurück in den Suff treibt, nur weil sie nicht an ihn glaubt?
    Aber sie hat oft genug an ihn geglaubt und es hat nicht geholfen.
    »Du hast recht, Linnéa, du schuldest mir nichts«, sagt er. »Aber du bist es dir selbst schuldig. Hab den Mut, daran zu glauben, dass Menschen sich ändern können. Ich werde nie wieder Alkohol brauchen. Zum ersten Mal in meinem Leben
weiß
ich, dass es so ist. Anderen zu helfen, versetzt mich in einen besseren Rausch als jede Droge der Welt.«
    Sie sagt nichts, sondern gibt ihm nur den Zettel zurück.
    Es werden immer mehr Tropfen und der staubige Asphalt ist schon gepunktet.
    »Du weißt, wo du mich findest, wenn du bereit dazu bist«, sagt er und nickt wieder in Richtung des Zentrums.
    »Tschüss«, sagt sie und geht.
    Als sie am Zentrum für ein Positives Engelsfors vorbeigeht, muss sie sich durch eine Gruppe Frauen drängeln, die ihre Handflächen zum Himmel gedreht haben und lachen.
    »Dass man sich so sehr über Regen freuen kann«, sagt eine von ihnen strahlend, als Linnéa vorbeigeht.
    Die anderen lachen wieder, als

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