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Feuer (German Edition)

Feuer (German Edition)

Titel: Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele d'Annunzio
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Kindern, die miteinander wetteiferten, das größte Bündel zu erbeuten. Deine Schwester verteilte dann andere Gaben: Brot, Wein, Gemüse, Wäsche. Die Segenssprüche übertönten den Donner der Sturzwellen. Du sahst vom Fenster aus zu, und es kam dir vor, als ob keine deiner Visionen dem Dufte des frischgebackenen Brotes gleichkäme. Du ließest die angefangene Seite liegen und stiegst herab, um Sofia zu helfen. Du sprachst mit den Frauen, den Greisen, den Kindern ... Wer hat mir nur alle diese Dinge erzählt?« –
     
    Seit der ersten Nacht bevorzugte Stelio, wenn er zum Hause der Freundin ging, den Weg durch das Gitter des Gartens Gradeniga, durch die verwilderten Bäume und Sträucher. Die Foscarina hatte es durchgesetzt, ihren Garten mit dem des verlassenen Palastes verbinden zu dürfen durch eine Öffnung, die man in die Trennungsmauer gemacht hatte. Aber seit einiger Zeit war Lady Myrta angekommen und bewohnte die schweigsamen ungeheuren Räume, die als letzten Gast den Sohn der Kaiserin Josephine, den Vizekönig von Italien, aufgenommen hatten. Die Säle schmückten Instrumente ohne Saiten, und der Garten hatte sich mit schönen Windspielen bevölkert, denen die Beute fehlte.
    Nichts erschien Stelio süßer und trauriger, als dieser Weg zu der Frau, die ihn erwartete und die langen und doch so flüchtigen Stunden zählte. Am Nachmittag vergoldete sich die Fondamenta von San Simeon Piccolo wie ein Gestade von feinstem Alabaster. Die Sonnenreflexe spielten mit dem Eisen der Schiffsbuge, die in Reihen an dem Landungsplatze ankerten, über den Kirchenstufen, empor an den Säulen des Tempels, den losgelösten und zerbröckelten Steinen Leben verleihend. Einige vermoderte Gondelsitze lagen im Schatten auf dem Pflaster, wie abgenutzte Totenbahren, gealtert im Dienst des Kirchhofs.
    Der erstickende Dunst des Hanfes drang aus einem verfallenen Palast, der jetzt als Seilfabrik diente, durch die Eisenstäbe, die ein grauer Flaum, wirren Spinngeweben gleich, bedeckte. Und hier am Ende des Campiello della Comare, der wie ein ländlicher Pfarrhof mit Gras bewachsen war, öffnete sich das Gitter des Gartens zwischen zwei viereckigen Pfeilern, von verstümmelten Statuen gekrönt, auf deren Gliedern die dürren Efeuzweige die Vorstellung erhabener Adern erweckten. Nichts dünkte dem Besuchenden trauriger und süßer. Friedlicher Rauch stieg aus den Essen der bescheidenen Häuser auf, die den Platz umgaben, und trieb der grünschimmernden Kuppel zu. Dann und wann flog ein Schwarm Tauben über den Kanal, die sich in den Skulpturen der Scalzi eingenistet hatten. Man hörte das Pfeifen eines Zuges, der die Lagunenbrücke passierte, das Lied eines Seilers, das Brausen der Orgel, das Psalmodieren der Geistlichen. Der Spätsommer täuschte über die Schwermut der Liebe. »Helion! Sirius! Altair! Donovan Alt-Nour! Nerissa! Piuchebella!«
    Auf einer Bank sitzend, die gegen die von Rosenbüschen umrankte Mauer lehnte, rief Lady Myrta ihren Hunden. Neben ihr stand die Foscarina in einem rötlichgelben Gewand, das aus jenem harten Brokatstoff gefertigt schien, wie man ihn im alten Venedig trug. Die Sonne hüllte die beiden Frauen und die Rosen in dieselbe helle Lichtwoge.
    »Sie sind heute wie Donovan gekleidet« – sagte Lady Myrta lächelnd zu der Schauspielerin. – »Wissen Sie, daß Donovan Stelios Liebling vor den anderen ist?«
    Die Foscarina errötete. Ihre Augen suchten das rötliche Windspiel.
    »Das schönste und stärkste« – sagte sie.
    »Ich glaube, er möchte es haben« – fuhr die alte Dame mit gütiger Nachsicht fort.
    »Was begehrte er nicht zu besitzen?«
    Die Alte hörte die Wehmut heraus, die die Stimme der liebenden Frau verschleierte. Sie blieb einige Minuten in Schweigen. In ihrer Nähe waren die Hunde, ernst und traurig, verschlafen und verträumt, fern von den Ebenen, den Steppen, den Wüsten, auf der Kleewiese lagen sie, über die sich die Kürbispflanzen schlängelten mit ihren hohlen, grünlichgelben Früchten. Still und regungslos standen die Bäume, fast als wären sie aus demselben Erz gegossen, das die drei ihrer Größe nach abgestuften Kuppeln von San Simeone deckte. Einen gleich verwilderten Anblick gewährten der Garten und das große Haus, dessen Steinmauer vom zähen Rauch der Zeit geschwärzt, von dem Rost der Eisenstäbe streifig geworden war, der in dem endlosen Herbstregen abtropfte. Und in der Krone einer hohen Pinie zwitscherte es so laut, daß die Musik in diesem Augenblick auch bis zu

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