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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unqualifizierten Bemerkung vielleicht. Er nickte.
    »Gut«, seufzte Angela. »Ich will es kurz machen: Ich bin ganz froh, dass Martina gegangen ist. Ich hätte es sowieso begrüßt, zuerst allein mit dir zu reden.«
    »Wieso?«, wollte Will wissen.
    »Ganz einfach«, antwortete Angela. »Ich glaube nicht, dass ihr das, was ich dir zu sagen habe, sonderlich gefallen würde. Du weißt ja, wie sie ist.«
    »Lass mich raten«, sagte Will lächelnd. »Ich nehme an, es ist etwas in der Art: Ich-werde-nicht-zulassen-dass-du-ihr-wehtust. Und-wenn-du-es-doch-versuchen-solltest-dann-werde-ich-dir-wehtun-und-zwar-mehr-als-du-es-dir-auch-nur-vorstellen-kannst?«
    Angela blieb ernst. »Ich hätte es nicht treffender ausdrücken können«, sagte sie. »Außer, dass ich vielleicht nicht so viele Worte gebraucht hätte. Aber es kommt der Sache nahe, ja.«
    Will seufzte. »Wir leben wirklich in schlimmen Zeiten, weißt du das? Drohgebärden und Balzgehabe waren bisher die letzte männliche Bastion.«
    »So etwas nennt man Emanzipation«, sagte Angela ungerührt. »Wie ist es – haben wir uns verstanden?«
    »Und wenn nicht? Ich meine: Was wirst du tun, wenn ich doch etwas mache, was dein Missfallen erweckt? Mich verprügeln?« Er lachte. »Gib dir keine Mühe, Kleines. Ich weiß, dass du das kannst, aber es erschreckt mich nicht besonders. Ich bin in meinem Leben schon so oft zusammengeschlagen worden, dass mich das nicht mehr erschreckt.«
    »Nicht von mir«, antwortete Angela, aber sie schüttelte auch gleichzeitig den Kopf. »Keine Sorge. Ich würde nichts dergleichen tun. Das ist nicht mein Niveau, weißt du?«
    Wills Erinnerungen waren in dieser Hinsicht vielleicht nicht ganz mit denen der jungen Frau kompatibel, aber er sparte es sich, auf solchen Kleinigkeiten herumzureiten. »Und was ist dein Niveau?«, fragte er.
    »Keine Ahnung«, antwortete Angela geradeheraus. »Aber du solltest es lieber nicht darauf anlegen, es herauszufinden. Ich kann dich in den Knast zurückbefördern, ohne auch nur die Stimme heben zu müssen, weißt du?«
    »Ich bin beeindruckt«, sagte Will.
    »Jeder, der so viel über dich weiß wie wir, könnte das«, sagte Angela ruhig. Wahrscheinlich stimmte das sogar.
    Will sah sie drei, vier, fünf Sekunden lang durchdringend an. Er versuchte in ihrem Gesicht zu lesen, aber es gelang ihm nicht. »Das würde Duffy nicht besonders gefallen«, sagte er nervös. »Ich meine: Wenn sie sich solche Mühe gibt, ihren Vater zu finden, dann würde es ihr vermutlich das Herz brechen, wenn er gleich wieder verschwindet.«
    »Kaum«, antwortete Angela, »Nicht, wenn sie erfährt, wer er wirklich ist. Sie ist wirklich ein aufgewecktes Kind, weißt du? Sie hat überhaupt keine Schwierigkeiten damit, Polizeiprotokolle zu lesen, oder Gerichtsakten.«
    Will gab auf. Angela war ihm in diesem Spiel vielleicht nicht einmal wirklich überlegen. Aber sie war im Moment einfach im Vorteil. Sie hatte eine Menge mehr Zeit als er gehabt, sich auf dieses Gespräch vorzubereiten, während er noch immer unter dem Schock dessen stand, was er gerade gehört hatte. Schließlich erfuhr man nicht jeden Tag, dass man gerade Vater einer zwölfjährigen Tochter geworden war.
    »Meinetwegen«, meinte er. »Ich verspreche, ein braver Junge zu sein. Was springt für mich dabei raus?«
    Er hatte nicht mehr damit gerechnet – aber diesmal schien es ihm gelungen zu sein, sie zu erschüttern. Vielleicht nur für eine halbe Sekunde, aber doch unübersehbar, blitzte eine kalte Wut in ihren Augen auf, die ihn wirklich erschreckte, aber dann hatte sie sich wieder in der Gewalt.
    »Vielleicht der Gedanke, ausnahmsweise einmal etwas Nützliches mit deinem Scheiß-Leben angefangen zu haben«, sagte sie kalt. »Liegt dir etwas an deiner Tochter?«
    Sie hob rasch die Hand, als er antworten wollte. »Nein, nicht so schnell. Ich weiß, dass du ein Kind ungefähr so gut gebrauchen kannst wie ein drittes Ohr mitten auf der Stirn, und ich kenne meine Stiefschwester gut genug, um zu wissen, was für eine kolossale Nervensäge sie sein kann. Aber ich müsste mich schon sehr in dir täuschen, wenn sie dir vollkommen gleichgültig wäre.«
    Womit sie Recht hatte. Trotz des Ausnahmezustands, in dem sich seine Gefühle befanden, war da noch etwas anderes, irgendwo tief in ihm. Das Mädchen bedeutete ihm tatsächlich etwas. Mehr, als er sich bisher selbst eingestanden hatte. Möglicherweise war es ja am Anfang kaum mehr als ein Reflex gewesen, dass er ihr geholfen hatte,

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