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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zuallerletzt«, bestätigte Angela ungerührt. Seine Feindseligkeit schien sie nicht zu beeindrucken, aber das war kein Wunder. Sie war nicht echt. Sein herausfordernder Ton war kaum noch mehr als ein Reflex; wie das Zuschnappen eines verwundeten Tieres, das blind nach jeder Hand schnappte, die nach ihm griff. Selbst wenn sie ihm helfen wollte.
    Dennoch antwortete er: »Oh, danke auch. Was geht es mich auch an?«
    »Was hätte es geändert, wenn du es gewusst hättest?«, gab Angela kühl zurück. »Bist du wirklich der Meinung, dass in deinem Leben Platz für ein Kind gewesen wäre?«
    Immerhin tat sie ihm den Gefallen und sagte nicht: In deinem verkorksten Leben, aber natürlich war es genau das, was sie meinte, und ebenso natürlich hörte er es trotzdem. Was vielleicht daran lag, dass sie Recht hatte …
    Einen Moment lang dachte er ernsthaft über ihre Frage nach, aber es fiel ihm sonderbar schwer, sie wirklich mit einem so klaren Nein zu beantworten, wie er es erwartet hätte. Vielleicht hätte es etwas geändert. Vielleicht wäre sein Leben nicht ganz so verkorkst, wenn es da jemanden gegeben hätte, für den sich zu leben lohnte. Aber vielleicht war das auch einfach nur das, was er glauben wollte, weil es bequemer war, jemand anderem die Schuld an allem zu geben, was in den letzten zehn Jahren passiert war. Er schwieg.
    »Und was das andere angeht«, fuhr Angela fort, »du warst tatsächlich zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort, aber das hatte nichts mit Zufall zu tun. Duffy hat dich gesucht.«
    »Wie …?« Will blinzelte.
    »Das ist der Teil, der nicht geplant war«, räumte Angela ein. »Sie sollte nie erfahren, dass es dich gibt, und schon gar nicht, wer du bist und wo sie dich findet. Leider hat sie es. Sie ist ausgerissen und hat sich auf die Suche nach dir gemacht.«
    »Das verstehe ich nicht«, antwortete Will mit geheuchelter Überraschung. »Wo sie es doch so gut hatte. Ich meine: Welches Kind in ihrem Alter hat schon ein eigenes Gefängnis, und das noch dazu ganz für sich allein?«
    »Du hast die Garage gefunden«, stellte Angela fest.
    »Garage«, wiederholte Will gedehnt und hob die Schultern. »Nennt man das so, in euren Kreisen? Mir würden ein paar andere Worte dafür einfallen. Was habt ihr diesem Kind angetan?«
    »Wir haben sie in dieser Garage versteckt, damit niemand von ihrer Existenz erfährt«, antwortete Angela ruhig. »Das macht es einfacher, weißt du? Niemand stellt unbequeme Fragen, und so konnten wir ungestört mit ihr tun, was wir wollten. Es gibt da einen gewissen Scheich, der ganz wild auf kleine Mädchen ist. Und auch die eine oder andere respektable Persönlichkeit aus Wirtschaft und Politik …« Sie sah ihn treuherzig an. »Du würdest dich wundern, wie manche von diesen Herrschaften wirklich sind, wenn die Kameras nicht mehr laufen.«
    »Findest du das komisch?«
    »Keineswegs«, antwortete Angela ernst. Sie seufzte. »So ist das nun mal in unseren Kreisen, weißt du? Manchmal macht es mir selbst zu schaffen, aber ich kann nun mal nicht aus meiner Haut. Der Fluch des Blutes.«
    Will schluckte die Antwort herunter, die ihm auf der Zunge lag. Sie konnten diese idiotische Unterhaltung vermutlich noch eine Stunde fortsetzen, ohne dass sie zu irgendetwas führte. Offensichtlich war ihm Angela in dieser speziellen Art der Konversation überlegen.
    »Also gut«, sagte er müde. »Was soll das alles?« Er machte eine Bewegung, die zornig wirken sollte, es aber ganz und gar nicht war. Noch etwas, worin er ihr nicht das Wasser reichen konnte. Anscheinend war ihm dieser platinblonde Joan-Baez-Verschnitt in so ziemlich allem überlegen.
    »Und ich dachte schon, du fragst gar nicht mehr«, seufzte Angela. Sie legte fragend den Kopf auf die Seite. »Verschwenden wir noch ein bisschen Zeit damit, uns gegenseitig geschliffene Unfreundlichkeiten an den Kopf zu werfen, oder unterhalten wir uns wie vernünftige Menschen?«
    Einem von uns beiden fehlen dafür ein paar grundlegende Voraussetzungen, Kleines. Nein, das sagte er lieber nicht. Es war schon schlimm genug, dass sie die Worte offenbar ganz deutlich in seinen Augen las, denn ihr Blick verdüsterte sich noch weiter. Dennoch nickte sie nach einer Sekunde und ließ sich wieder in die bequemere Haltung zurücksinken, die sie zuvor eingenommen hatte.
    »Wirst du mir jetzt zuhören?«, fragte sie.
    Will konnte sich nicht erinnern, in den letzten Minuten irgendetwas anderes getan zu haben; abgesehen von der einen oder anderen

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