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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Köln erinnert. Er war nicht sicher, dass er tatsächlich nur innerlich aufatmete, als seine Führerin nach ein paar Schritten vor einer weiteren Tür anhielt, um sie mit demselben Schlüssel zu öffnen, den sie umständlich aus der Hosentasche fischte. Der Raum dahinter war eine Überraschung. Er war klein, uralt und leer bis auf eine weitere Tür, eine nackte Neonröhre unter der Decke und einen zerschrammten Küchentisch aus dem vorletzten Jahrhundert, auf dem ein aufgeklappter Laptop stand. Obwohl in einer Ecke eine transportable Klimaanlage summte, roch es so durchdringend nach frischer Farbe und Kleber, dass Will im ersten Moment das Gefühl hatte, nicht mehr richtig atmen zu können.
    Angela machte einen halben Schritt zur Seite, um ihn vorbeizulassen, und Will warf einen neugierigen Blick auf den Laptop. Das Bild war viergeteilt und zeigte vier unterschiedliche Ansichten ein und desselben Zimmers, allesamt in sonderbar monochrom-grüner Färbung, was ihm verriet, dass die Kameras mit einer Nachtsicht-Optik ausgerüstet waren. Die falschen Farben und viel zu tiefe Schatten machten es schwer, wirklich zu erkennen, was man sah, so dass Will ein oder zwei Sekunden lang verständnislos auf das grün-schwarze Gewusel auf dem Monitor starrte. Dann sog er scharf die Luft ein.
    Was auf dem Bildschirm zu sehen war, war ein kleines, aber offensichtlich sehr modern eingerichtetes Kinderzimmer Tisch und Stühle, die obligatorische Schrankwand und – soweit er das erkennen konnte – gleich drei Computer, von denen sich zwei beim zweiten Hinsehen als Spielkonsolen entpuppten. Ein großes Regal, das sonderbarerweise aus Metall zu bestehen schien, und, einmal darauf aufmerksam geworden, erkannte er, dass das auch für den Rest der Einrichtung zuzutreffen schien. Er fühlte sich auf unangenehme Weise an die Garage in Köln erinnert; aber das mochte auch daran liegen, dass auf einem der vier Bildschirmelemente ein verchromtes Bett zu erkennen war, in dem ein schlafendes Mädchen von ungefähr zwölf Jahren lag.
    Will zog ein zweites Mal und noch schärfer die Luft ein, fuhr auf dem Absatz herum, und Angela sagte rasch: »Bevor du jetzt wieder anfängst, mich wüst zu beschimpfen: Das hier ist nur ein Provisorium. Besser ging es auf die Schnelle leider nicht. Wir haben die Handwerker schon bestellt. Nächste Woche bekommt sie ein vernünftiges Zimmer, oben im Haus.« Sie hob entschuldigend die Achseln. »Wir mussten improvisieren.«
    »Ein vernünftiges Zimmer?«, wiederholte Will verstört. Was zum Teufel ging hier vor? »Mit vergoldeten Schlössern an der Tür?«
    Angela sah ganz so aus, als wollte sie wütend werden, aber dann beließ sie es dabei, für einen Moment die Lippen zu einem schmalen Strich zusammenzupressen und ein Achselzucken anzudeuten. »Auch wenn du es nicht glaubst«, sagte sie kühl, »aber das alles hier geschieht nur zu ihrem Schutz.«
    »Ja, darauf wette ich«, sagte Will. Zwei oder drei Sekunden lang starrte er das schlafende Mädchen auf dem Bildschirm noch an, dann deutete er fordernd auf die zweite Tür im Raum. »Ich will mit ihr sprechen.«
    Zu seiner ehrlichen Überraschung schob Angela gehorsam die flache Hand in die Hosentasche und zog ihren Universalschlüssel heraus, aber dann zögerte sie, die Bewegung konsequent zu Ende zu führen und die Tür zu öffnen. »Sie schläft jetzt«, sagte sie. »Willst du sie wirklich wecken?«
    »Hast du Angst, dass sie mir etwas erzählen könnte, was ich nicht hören soll?«
    Angelas Lippen wurden noch schmaler, aber die erwartete scharfe Antwort blieb auch jetzt aus. Stattdessen bedachte sie ihn nur mit einem verächtlichen Blick, der mit großer Präzision auf sein schlechtes Gewissen gezielt war (und auch traf), ging an ihm vorbei und schob den Schlüssel ins Schloss. Das Geräusch, mit dem die Tür aufsprang, überraschte ihn. Sie sah aus wie eine ganz normale Kellertür, aber das saugende Geräusch, mit dem sie aufschwang, verriet ihm, wie schwer sie in Wahrheit sein musste.
    Angela schob die Tür gerade weit genug auf, um durch den Spalt schlüpfen zu können, und hantierte einen Augenblick lang in der vollkommenen Dunkelheit dahinter herum. Ein mattrotes Licht glomm auf, und Angelas schmale Hand erschien in der Öffnung und winkte ihm zu.
    Nach den unterschiedlichen Grüntönen, in denen er das Zimmer zuvor auf dem Bildschirm gesehen hatte, offenbarte es sich ihm nun in einem düsteren Rot, denn alles, was Angela eingeschaltet hatte, waren zwei

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