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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Fernbedienung, wie um das Gerät auszuschalten, ließ den Arm aber dann wieder sinken und drehte sich ganz zu ihm herum. »Unsere Tochter ist krank, Will. Sehr krank.«
    »Krank.« Will machte ein zweifelndes Gesicht. »Den Eindruck habe ich nicht gehabt. Mir war sie sogar ein bisschen zu lebendig, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Sie ist ja auch nicht körperlich krank.« Angela schloss die Tür ebenso lautstark hinter sich, wie sie sie eine Sekunde zuvor lautlos geöffnet hatte. Will wandte erschrocken den Kopf in ihre Richtung und fragte sich, wie lange sie wohl schon so dagestanden und ihnen zugehört hatte, aber er sah trotzdem aus den Augenwinkeln, dass Martina ebenfalls erschrocken zusammenfuhr. Von wegen liebende Stiefmutter und -tochter. Ha!
    »Und was genau ist ihr Problem?«, fragte er.
    »Feuer«, antwortete Angela.
    Will sah sie verständnislos an. »Feuer?« Das Wort hallte auf sonderbare Weise hinter seiner Stirn wider. Feuer. Nach dem, was er in den letzten Tagen erlebt hatte, war es kein Wunder, dass ihm allein dieses Wort einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ. Aber das war nicht der einzige Grund. »Das verstehe ich nicht. Was soll das heißen: Feuer?«
    Angela tauschte einen kurzen Blick mit Martina, bevor sie antwortete, aber er konnte selbst beim besten Willen nicht sagen, wer gerade wen um Erlaubnis gefragt hatte.
    »Sie ist Pyromanin«, antwortete Angela.
    »Tatsächlich?«, fragte Will. »So klein ist sie mir gar nicht vorgekommen.«
    Angelas Augen wurden schmal. »Hältst du das jetzt für den richtigen Moment, dumme Witze zu machen?«
    »Warum nicht?«, antwortete Will kühl. »Du wolltest mir doch auch gerade weismachen, dass Duffy für dieses Chaos verantwortlich ist, oder?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete Angela. »Aber ganz sicher kann man bei ihr nicht sein. Wir haben aufgehört, die Brände zu zählen, die sie schon gelegt hat.«
    »Quatsch!«, sagte Will überzeugt. »Sie war nicht einmal im Haus, als das Feuer ausgebrochen ist.« Er warf einen raschen Blick in Martinas Gesicht, bevor er fortfuhr: »Du solltest das wissen. Immerhin hast du sie selbst mitgenommen.« Er deutete zornig auf den Bildschirm. »Wahrscheinlich sollte sie dir noch dankbar sein, dass du ihr diesmal nur Schlaftabletten gegeben hast, statt deinen Elektroschocker zu benutzen.«
    »Elektroschocker?«, fragte Martina.
    »Blödsinn«, antwortete Angela verächtlich. »Ich hatte das Ding dabei, aber das war auch alles.« Sie verdrehte demonstrativ die Augen, als Will widersprechen wollte. »Und selbst wenn ich ihn benutzt hätte …«
    »Gegen ein Kind«, sagte Will, und Angela fuhr vollkommen unbeeindruckt fort: »… hätte ich einen guten Grund dafür gehabt, glaube mir.«
    »Weil sie gern mit Feuer spielt?«, fragte Will. »Ich dachte, das tun alle Kinder.«
    »Möglich«, erwiderte Angela achselzuckend. »Aber sie brennen im Allgemeinen nicht ganze Häuserzeilen ab.«
    Will fuhr auf. »Aber das ist doch …«
    »Sie hat Recht«, sagte Martina leise. »Es ist nicht so einfach, wie du glaubst.« Sie schaltete – endlich – den Fernseher aus und schloss für einen Moment die Augen. »Du hast vollkommen Recht. Viele Kinder spielen mit Feuer. Und vielleicht brennen manche sogar aus Versehen eine Küche ab, oder ein Haus oder eine Scheune. Und ehrlich gesagt haben wir es am Anfang auch nicht besonders ernst genommen. Wenigstens nicht ernst genug.«
    »Wieso?«
    »Weil sie eben nicht nur mit Feuer spielt«, sagte Angela an Martinas Stelle. »Du erinnerst dich an unser Haus in Köln, in dem du sie gefunden hast? Du darfst dreimal raten, wer es angezündet hat.«
    »Vielleicht hat es ihr nur nicht gefallen, ihr Leben lang in einer Garage eingesperrt zu sein«, sagte Will. »Wie lange habt ihr sie dort gefangen gehalten? Seit ihrer Geburt?«
    Angelas Augen blitzten wütend. »Du …«
    »Bitte lass uns allein«, sagte Martina unvermittelt.
    Angela blinzelte. »Wie?«
    »Ich glaube, es ist besser, wenn wir uns einen Moment allein unterhalten«, sagte Martina. »Bitte.«
    Angelas Gesicht entgleiste. Vielleicht nur für einen winzigen Moment, kaum mehr als eine Sekunde, aber dennoch eindeutig zu lange, um es zu übersehen oder sich mit Erfolg einzureden, sich getäuscht zu haben. Für einen winzigen Moment sah er nichts als kalte Wut in ihren Augen, durchwoben von etwas, das nichts anderes als eine Drohung war. Schließlich nickte sie, aber selbst in diesem Nicken war etwas, worüber er lieber nicht

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