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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fragte er.
    Martina hob die Schultern und trank einen dritten, noch größeren Schluck. Die Martina, die er früher gekannt hatte, wäre jetzt schon betrunken gewesen. »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ein paar von den hoffnungslos überbezahlten Schwätzern, die sich in den letzten Jahren um sie gekümmert haben, waren der Meinung, dass es möglicherweise von selbst aufhört, wenn sie in die Pubertät kommt.«
    »Und?«, fragte Will. »Hat es?«
    »Eine Weile sah es so aus«, murmelte Martina. Es klang nicht wie etwas, was sie selbst glaubte. »Aber nach dem, was gestern passiert ist …«
    »Unsinn!«, widersprach Will. »Ich weiß nicht, was Angela dir erzählt hat, aber sie war nicht einmal im Haus, als das Feuer ausgebrochen ist!«
    »Aber sie war im Haus, als die Villa abgebrannt ist«, sagte Martina leise, womit sie seine Worte einfach ignorierte. Angela schien für sie unantastbar zu sein. »Es ist ein Wunder, dass niemand ums Leben gekommen ist. Und vergiss Sven nicht. Sie kannte ihn. Und trotzdem …«
    »Und wie kann ich dir dabei helfen?«, unterbrach sie Will.
    Martina lächelte, als hätte er eine wirklich naive Frage gestellt. »Keine Ahnung«, sagte sie geradeheraus. »Ich schätze, Angela würde es so ausdrücken: Du warst nicht eingeplant.«
    Noch etwas, das sich trotz all der Zeit nicht wirklich geändert hatte, dachte Will. Manchmal konnte sie geradezu brutal ehrlich sein. Er sagte nichts, sondern blickte nur fragend.
    »Es ist meine Schuld«, fuhr Martina fort. »Ich hätte alles wegwerfen sollen, was mich an dich erinnert. Aber ich bin nun einmal eine sentimentale dumme Kuh.«
    »Warum?«, fragte Will.
    »Weil ich dachte, es schadet nichts, wenn ich mir irgendeine kleine Erinnerung an dich aufhebe«, sagte Martina. Das hatte er mit seiner Frage ganz und gar nicht gemeint, und Martina wusste das auch. Trotzdem fuhr sie fort: »Sie muss irgendwie deine Adresse herausgefunden haben. Frag mich nicht, wie. Als die Villa abgebrannt ist, ist sie weggelaufen.«
    »Warum?«
    »Weil sie zwölf Jahre alt ist«, sagte Martina, als wäre das Antwort genug – was es in gewissem Sinne auch war. »Zwölfjährige sind nun einmal so. Sie hassen ihre Eltern, und außerdem wissen sie alles besser und können alles. Warst du vielleicht anders?«
    »Nein«, antwortete Will. Eher schlimmer.
    »Das ist ja auch vollkommen in Ordnung«, fuhr Martina fort. »Es war wirklich nur ein dummer Zufall, dass sie deine Adresse herausgefunden hat. Ich habe keine Ahnung, was sie sich gedacht hat. Wahrscheinlich nichts. Wie gesagt: Sie ist zwölf Jahre alt. Das ist das Alter, in dem Mädchen anfangen, von einem Prinzen auf einem weißen Pferd zu träumen, der sie rettet. Wovor auch immer.«
    »Nur mit zwölf Jahren?«
    Martina lächelte. »Ich habe gesagt, dass sie mit zwölf Jahren damit anfangen«, sagte sie. »Nicht, dass sie irgendwann auch wieder damit aufhören.«
    Wie viele versteckte Hinweise musste sie ihm eigentlich noch geben, bis er endlich kapierte? Will sah sie noch einen Moment lang unschlüssig an, dann schob er seine letzten Bedenken zur Seite und stand auf. Martina ließ das Glas um eine Winzigkeit sinken und verschränkte die Arme vor der Brust. Irgendetwas in ihrem Blick änderte sich, aber er konnte nicht genau sagen, was.
    »Will, du …«
    »Es ist eine Menge Zeit vergangen, ich weiß«, sagte er. »Ich will mich auch gar nicht entschuldigen, oder irgendwie rausreden.« Wieso auch? Schließlich war sie es, die ihn verlassen hatte, nicht umgekehrt. »Aber es war doch trotzdem eine schöne Zeit, alles in allem.«
    »Was genau meinst du damit?«, fragte Martina. »Die Tage, an denen du mich ans Fenster geschickt hast, um nachzusehen, wenn ein Wagen vor der Tür angehalten hat? Oder die zwei Wochen, die wir unter falschem Namen in einer verlausten Absteige gehaust haben, bis sie uns rausgeschmissen haben, weil wir die Miete nicht mehr zahlen konnten?«
    Unter allen anderen denkbaren Umständen hätten ihn diese Worte abgeschreckt, oder doch zumindest stehen bleiben lassen. Jetzt nicht. Ihre Stimme klang eine Spur zu verächtlich, um wirklich zu überzeugen, und da war etwas in ihren Augen, das ihre Worte Lügen strafte. Er ging – wenn auch etwas langsamer – weiter und blieb so dicht vor ihr stehen, dass er ihr Parfum riechen konnte. Exklusiv, unaufdringlich und mit Sicherheit sehr teuer. Früher hatte sie nie Parfum benutzt, aber trotzdem genauso gut gerochen. Eigentlich sogar besser. »Ich erinnere mich

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