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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wie der dunkle Schatten über ihm, der jeden Moment auf ihn niederkrachen musste.
    Es kam nicht mehr dazu. Die Gestalt, die ihn im letzten Moment gerettet hatte, ließ ihr Knie hochzucken, und Rattengesicht stieß einen gleichermaßen erschrockenen wie entsetzten Laut aus. Will sah zwei Schatten, die so miteinander verschmolzen waren, dass sie eins zu werden schienen. Einen vollkommen irrationalen Moment glaubte er eine junge Frau mit langen blonden, fast weißen Haaren zu sehen, die wie ein Racheengel über Fred kam, dann flackerte es kurz auf, und er begriff, dass er nun endgültig im Begriff war, das Bewusstsein zu verlieren.

Kapitel 35
    Er war wahrscheinlich gar nicht richtig bewusstlos gewesen, und wenn, dann nur für wenige Minuten. Rattengesicht lag neben ihm. Die Gestalt, die ein Stück von ihm entfernt auf dem Boden hockte, hatte nichts mit einem Racheengel gemein. Ganz im Gegenteil, sie wirkte so finster und düster wie ein Todesbote und strahlte etwas aus, was Will unwillkürlich frösteln ließ: eine körperlich spürbare Kälte.
    Es war Georg.
    Als er bemerkte, dass Will den Kopf in seine Richtung wandte, sah er kurz auf. »Nur einen Moment«, sagte er. »Ich kümmere mich gleich um dich.«
    Will konnte mit dieser Ankündigung nicht viel anfangen. »Warum …« Er musste sich räuspern, bevor er fortfahren konnte: »Warum … willst du dich … um mich kümmern?«
    Georg runzelte die Stirn. Irgendetwas schien mit seinen Augen nicht zu stimmen, denn als er Will musterte, wirkten sie fast schwarz, riesig groß und leuchtend. Will schrieb das seinem mitgenommenen Zustand zu. Offensichtlich begann er zu halluzinieren, und das auf eine ganz andere Weise, als er das in den letzten Tagen getan hatte.
    »Du hast eine Menge Blut verloren«, sagte Georg ruhig. »Ich muss dein Bein abbinden. Sonst läufst du im wahrsten Sinne des Wortes aus. Und das wollen wir doch nicht, oder?«
    Will versuchte sich mit der Hand aufzustützen, aber als er begriff, was das für eine klebrige, warme Substanz war, in die er da griff, gab er den Versuch bereits im Ansatz auf. Er sah an sich herunter.
    Eine Menge Blut verloren traf es nicht ganz. Er lag nicht in einer kleinen Lache, sondern in etwas, das die Ausmaße einer größeren Pfütze an einem verregneten Tag hatte. Wenn man bedachte, dass ein Mensch höchstens ein paar Liter von dem roten Lebenselixier im Körper hatte – drei oder vier, wenn er richtig informiert war –, dann war das mehr als erschreckend. Es sah aus, als wäre er bereits komplett ausgelaufen.
    »Keine Angst«, sagte Georg, als habe er seine Gedanken erraten. »Das ist nicht alles dein Blut.«
    »Nicht alles mein Blut?« Der Gedanke, in fremdem Blut zu liegen, hatte etwas noch viel Monströseres, was angesichts seiner Situation vielleicht vollkommen irrational sein mochte, dem Gedanken aber nichts von seiner Abscheulichkeit nahm. »Was soll das heißen?«
    »Fred hat auch etwas abgekriegt, das soll es heißen«, sagte Georg ärgerlich, während er das, was er in der Hand hielt, ansah, als könne er nicht begreifen, wie es dorthin kam. »Aber das spielt doch jetzt wohl keine Rolle …«
    »Keine Rolle?«, ächzte Will. »Was ist mit ihm? Ist er …«
    »Es braucht dich nicht zu interessieren, was mit ihm ist«, fuhr ihn Georg an.
    Will konnte den Blick nicht von dem Ding in seiner Hand wenden. Es tropfte, und etwas lief rot Georgs Handgelenk herab, so dass es eigentlich gar keine Frage war, was da tropfte. Aber das war noch nicht einmal das Schlimmste. Das Ding ähnelte in Form und Größe einer Aubergine, aber es war nicht schwarz, sondern von einem dunklen, bedrohlich wirkenden Rot, wirkte darüber hinaus elastischer … und es schien zu pulsieren, oder nein: Es zuckte wie ein gestrandeter Fisch, der sich im Todeskampf auf einem Sandstrand windet. »Es tut mir Leid, dass Fred hier aufgetaucht und wie ein Wilder mit dem Messer auf dich losgegangen ist. Das hätte nicht passieren dürfen. Aber jetzt ist die Sache erledigt. Okay?«
    Natürlich war überhaupt nichts okay. Wills Verstand schlug Kapriolen. Er bildete sich ein, Dinge zu sehen, die nicht da waren. Das Ding in Georgs Hand konnte nicht das sein, wofür er es im ersten Moment gehalten hatte. Er riss seinen Blick davon los, lenkte seine Gedanken in eine andere Richtung, zu dem, was passiert war, kurz bevor er für eine Weile abgetreten war. »Aber was ist mit Angela?«, fragte er mit brüchiger Stimme.
    »Angela?« Georg runzelte erneut die Stirn,

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