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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dich.«
    Er machte einen Schritt auf Rattengesicht zu. In Will krampfte sich alles zusammen. Der Blutverlust konnte noch nicht so stark sein, trotzdem wurde ihm einen Moment schwarz vor Augen, und als er wieder klarer sehen konnte, war Georg bereits endgültig heran. Fred wich plötzlich verängstigt zurück. Das Messer in seiner Hand deutete nun nicht mehr auf Will sondern auf Georg, aber das beruhigte Will keineswegs. Das Gewölbe war eng und dunkel, und wenn irgendjemand von ihnen auch nur eine unbedachte Bewegung machte, konnte das eine Katastrophe auslösen.
    Georg schien das genauso zu sehen, denn er blieb in einem Schritt Entfernung stehen, drehte die Hände nach außen, wie um zu zeigen, dass er unbewaffnet war und gar nicht daran dachte, es auf eine körperliche Konfrontation ankommen zu lassen. Rattengesicht stand jetzt fast genau neben Will, und sein Atem ging rasend und ungleichmäßig, so als sei er nicht nur über alle Maßen angestrengt, sondern aufgeregt wie ein wildes Tier, das sich in die Ecke gedrängt fühlt. Will schob den Fuß des unverletzten Beins wieder ein Stück zurück und wurde sofort mit einem scharfen Schmerz in seinem anderen Bein belohnt, doch diesmal war er darauf vorbereitet. Er drückte sich mit den Händen an der Wand ab, so gut es ging, und schob sich ein paar Zentimeter weiter zurück.
    Die Messerklinge fuhr zu ihm herum. »Hample hier nicht herum«, fauchte ihn Rattengesicht an. »Bleib da, wo du bist.«
    »Natürlich«, brachte Will mühsam zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Aber es könnte sein, dass ich gleich zusammenbreche.«
    Freds Blick irrte zwischen ihm und Georg hin und her, flackernd und wie von Sinnen. »Nein!«, brüllte er dann. »Du brichst nicht zusammen. Der Kratzer ist doch überhaupt nichts. Stell dich nur nicht so an.«
    »Das ist kein Kratzer.« Will brauchte das Zittern in seiner Stimme gar nicht zu schauspielern. »Du hast mich voll erwischt. Und wenn ich mich nicht täusche, stehst du gerade mitten in meinem Blut. Pass bloß auf, dass du nicht darin ausrutschst!«
    »Halt die Schnauze, verdammt.« Rattengesicht fuhr herum und fuchtelte mit der Klinge vor Wills Gesicht hin und her. »Oder willst du, dass ich dich gleich hier und jetzt absteche?«
    Wills Kopf ruckte ohne sein bewusstes Zutun herum und knallte gegen die gewölbte Wand. Staub und Dreck regneten auf ihn nieder und drohten ihm den Atem zu nehmen. Ohne es zurückhalten zu können, begann er zu husten, mehrmals hintereinander und mit einem fast bellenden Klang.
    »Ich hab gesagt, du sollst die Schnauze halten!«, schrie ihn Rattengesicht an. Die Klinge in seiner Hand zitterte, aber sie zuckte nicht hoch, zumindest im Moment noch nicht.
    Jetzt, aus der Nähe, erkannte Will, dass er sich getäuscht hatte. Rattengesichts Gesicht sah nicht aus, als wäre es mit voller Wucht auf dem Lenkrad aufgeschlagen, und es wirkte auch nicht wie das einer albtraumhaften Kreatur, für die er ihn anfangs gehalten hatte. Es sah viel, viel schlimmer aus. Das, was ein verrutschter Verband oder auch ein Hautlappen sein konnte, hatte aus der Nähe betrachtet mit nichts von beidem etwas gemeinsam, sondern eher mit einer bizarren Wucherung, die sich vom Ohr bis zur Nase zog, und die übrigen Entstellungen in seinem Gesicht wirkten eher wie die Abdrücke gewaltiger Zähne oder Hauer, die jemand in das Gesicht von Georgs ehemaligem Handlanger geschlagen hatte. Will blinzelte mehrmals, als könne er damit den Anblick ungeschehen machen oder zumindest abmildern, aber es blieb dabei.
    Rattengesicht riss das Messer nach oben, und Will spannte sich in Erwartung der Klinge, die im nächsten Sekundenbruchteil in seinen Körper jagen würde.
    »Fred!« Der Name donnerte wie ein Pistolenschuss durch das Gewölbe, und sie beide zuckten zusammen; das Messer blitzte im Schein der Taschenlampe auf, die Georg jetzt genau auf sie richtete. Will erwachte als Erster aus seiner Erstarrung und tauchte zur Seite weg, und Rattengesicht stieß einen erstickten Schrei aus, als er die Bewegung zu Ende führte, zu der er kurz zuvor angesetzt hatte. Die Klinge zischte dicht neben Wills Schulter vorbei und fuhr funkenschlagend in die Wand.
    »Meine Geduld ist jetzt endgültig am Ende«, fuhr Georg fort. »Nimm das Geld und verschwinde.«
    Rattengesichts Gesicht war dem Wills so nahe, dass er seinen stinkenden Atem riechen konnte, und noch etwas anderes, einen beißenden, säuerlichen Gestank, den er nicht zu identifizieren vermochte. Mit

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