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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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an einen Knick kam, eine Wendestelle zu einem weitaus steiler und enger aufsteigenden Bereich der Felstreppe, sah er sich trotzdem um. Georg war nur wenige Schritte hinter ihm. Sein Gesicht war nicht mehr das eines Menschen, es war das eines Monsters. Die glühend heißen Gesteinssplitter hatten klaffende Wunden in seine Haut gerissen. Sein rechtes Auge schien ebenfalls getroffen zu sein; eine mit Blut vermischte Flüssigkeit lief aus der Augenhöhle. Sein Mund war verzerrt wie der eines Wahnsinnigen, der mit der Axt auf seine eigene Familie losgehen will.
    Aber er hatte weder eine Axt noch eine Pistole in den Händen. Dafür aber das verfluchte Messer.
    Will stolperte auf den schmalen Stufen los, so schnell ihm das in seinem angeschlagenen Zustand noch möglich war. Aber dabei war er wohl etwas zu ungestüm. Sein Fuß stieß plötzlich ins Leere. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als mitten in der Bewegung zu verharren und sich fest gegen die heiße Felswand zu pressen. Die Wand fiel senkrecht unter ihm in die Tiefe, zwanzig Meter weit auf das mittlerweile schäumende und sprudelnde Wasser, das die Schmiede bedeckte.
    Für die Dauer von zwei, drei hämmernden Herzschlägen blieb Will reglos stehen, ehe er sich trotz der pochenden Schmerzen in seinen Beinen auf die Knie sinken ließ, gerade kontrolliert genug, dass er nicht umkippte und hinabstürzte. Währenddessen kam Georg unaufhaltsam näher. Seine waffenfreie Hand fischte Halt suchend durch die Luft. Seine Bewegungen wirkten plötzlich weitaus weniger koordiniert und zielgerichtet als noch vor wenigen Augenblicken, aber keineswegs weniger bedrohlich, zumal er mit der anderen Hand das Messer fest umklammert hielt.
    Will ließ auch den letzten Rest von Vorsicht fahren und stolperte los. Die Stufen waren wie schmale glatte Spiegel unter seinen Füßen, und der Abgrund zerrte mit unsichtbaren Händen an ihm. Seine linke Hand, mit der er sich an der Wand abstützte, war nach Sekunden zerschunden und blutig. Und die Stufen wurden immer schmaler. Sein Fuß glitt erneut ins Nichts, rutschte ein Stück an der rauen Wand hinab, und gerade, als er schon zu stürzen glaubte, fand er den nächsten Absatz der stetig schmaler gewordenen Felstreppe.
    Sein verletztes Bein reagierte mit einer wütenden Schmerzattacke, und Will biss die Zähne zusammen und versuchte, seinen rasenden Atem zu beruhigen. Er wusste selbst nicht, woher er noch die Energie nahm, aber irgendwie schaffte er es, das andere Bein von seinem sicheren Halt zu lösen und sich für einen Augenblick nur mit der Kraft seiner Arme an den dampfend heißen Fels zu klammern. Im selben Moment, in dem er sein Körpergewicht verlagerte und Halt auf der schmalen Steinstufe fand, stieß Georg einen schauerlichen Laut aus und sprang auf ihn zu. Das Messer in seiner Hand fuhr auf ihn herab und hackte nach seinem Gesicht. Will duckte sich, drohte das Gleichgewicht zu verlieren und warf sich mit einem verzweifelten Ruck zurück, so weit, dass er mit dem Kopf gegen einen Felsvorsprung knallte. Georgs Messer streifte seine Schulter und riss eine blutige Spur in seine Haut.
    »Jetzt hack ich dir eben selbst den Fuß vom Körper«, zischte Georg. Er packte das Messer mit beiden Händen.
    Will kroch rückwärts auf die nächste Stufe zu. Er wusste, dass er es nicht mehr schaffen würde, dass es jetzt nichts mehr gab, was er noch tun konnte, dass er versagt hatte, dass Martina tot war und auch Duffy sterben würde. Und doch versuchte er noch einmal alle Energie in einer Explosion zu entladen, wie es ihm vorhin gelungen war, nur diesmal willentlich, und in seinem Kopf schwirrten die ganzen Versatzstücke fremder Erinnerungen herum, die ihm sein Vater eingegeben hatte. Er musste es schaffen, das Drachenfeuer zu Hilfe zu rufen, er musste …
    es ein letztes Mal gegen einen Feind wenden.
    Aber es gelang mir nicht mehr. Ich starb. Ich spürte, wie die Energie aus meinem Körper entwich, wie das Feuer nach mir griff, das ich selbst gerufen hatte, und wie es sich mit der Kälte verband, die sich durch meine Eingeweide fraß.
    Georg hatte das Messer erhoben, und in dem einen, unverletzten Auge flackerte pure Mordlust auf. Doch dann erstarrte er mitten in der Bewegung. Sein Blick wanderte von Will weg nach oben.
    Obwohl er das gar nicht für möglich gehalten hatte, beschleunigte sich sein Herzschlag abermals. Dort oben stand jemand. Will konnte nicht mehr erkennen als strahlend weißes Haar, das in langen Wellen hinabfloss und ein

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