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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Gnade, Gnade. Ich will nicht sterben. Sagt mir, was ich machen soll.«
    Die drei Vampirinnen sahen sich an. Dabei zogen sie die Lippen zurück und zeigten nadelspitze Eckzähne. Sie verbreiteten einen süßlichen Geruch, der sich mit dem Hauch von Moder mischte und die Todesbotinnen umgab. An Noras Kinn befanden sich noch Blutstropfen, sie mußte vor kurzem erst ein Opfer gefunden haben.
    Nora gab den beiden anderen Frauen einen Wink. Die Vampirinnen wußten, was sie zu tun hatten. Sie packten den Dämon – ihnen waren keine Flügel gewachsen, sie besaßen Hände – und zerrten ihn zum Fenster hin.
    Der Dämon wehrte sich nicht. Er hoffte nur, daß sie ihn nicht töten würden. Die Warnungen seiner Brüder kamen ihm in den Sinn.
    »Lauf weg!« hatten sie gesagt. Doch er hatte nicht hören wollen.
    Und jetzt …
    Der Dämon wurde durch das schmale Kellerfenster gepreßt. Im Gras draußen blieb er liegen. Er hielt die Augen geschlossen und wollte nichts sehen.
    Deshalb bemerkte er auch nicht, daß die Frauen sich wieder in Fledermäuse verwandelten, diesmal jedoch in lebensgroße.
    Der Dämon fühlte sich plötzlich angehoben und schwebte Sekunden später schon in der Luft. Die drei weiblichen Fledermäuse hielten ihn in ihren Krallen.
    Hoch und immer höher stiegen sie mit ihm.
    Tief unter sich sah der Dämon die Lichter von Wien funkeln. Über sich hörte er die höhnischen Stimmen der weiblichen Vampire.
    »Er ist einer der letzten!«
    »Noch zwei Nächte, und wir haben es geschafft!«
    »Dann kann uns niemand mehr die Herrschaft streitig machen. Rebecca und wir werden siegen. Endlich!«
    Die Landschaft unter dem Dämon wechselte. Die Gegend wurde waldreicher, bergiger. Sie befanden sich jetzt über dem Wienerwald.
    »Los, noch höher!« rief Nora, die Anführerin.
    Wie drei Pfeile stiegen die Vampirinnen mit ihrem Opfer in den samtdunklen Nachthimmel, an dem die Sterne wie kostbare Brillanten glitzerten.
    Der Wind zerrte an der Kleidung des Dämons. Er wußte nicht, was die Frauen mit ihm vorhatten, wo sie ihn hinbringen wollten.
    Er erfuhr es wenige Sekunden später.
    Die drei Fledermäuse flogen jetzt einen Kreis, und dann gab Nora das Kommando.
    »Los!« rief sie.
    Sechs Krallen lösten sich von der Kleidung des Dämons.
    Es ging so schnell, daß der Dämon gar nicht begriff, was eigentlich geschehen war.
    Und als er es endlich erfaßte, war es schon zu spät.
    Wie ein Stein fiel er in die Tiefe.
    Sein letzter verzweifelter Schrei verwehte in der sternklaren Sommernacht. Er vermischte sich mit dem triumphierenden Lachen der drei Vampirinnen. Wieder ein Dämon weniger in Wien. Und die letzten würden sie noch in dieser Nacht holen.
    Mit der prophetischen Gewißheit flogen die Blutsaugerinnen wieder auf die Millionenstadt zu.
    Kapitel 2
    Niemand hätte unter dem Haus in der belebten Wiener Geschäftsstraße ein weitverzweigtes unterirdisches Tunnelnetz vermutet. In den zahlreichen Gängen, Winkeln und Nischen konnte sich ein Unkundiger verlaufen. Filmregisseure hätten sicherlich Spaß an diesem Gewölbe gehabt, doch daß keine Fremden dieses Reich betraten, dafür sorgte schon Rebecca, die Herrin des Hauses.
    Die Frau hatte sich in Wien gut zurechtgefunden. Von hier aus steuerte sie ihre Pläne, hier war die Schaltzentrale ihres Reiches. Sie hatten Boten ausgesandt, die andere große Vampirsippen auf dem europäischen Kontinent mobil machen sollten. Rebecca wollte die Allianz der Vampire.
    BLOOD IS BEAUTY!
    Mehr denn je stand dieser Wahlspruch auf ihrem Programm. Jahrhundertelang waren die Vampire unterdrückt, waren von anderen Dämonensippen ins Abseits gestellt worden, doch das sollte nun anders werden.
    Rebecca wollte zurückschlagen. Unter ihrer Herrschaft sollten die Vampire eine neue Blütezeit erleben.
    Wien befand sich in den Händen der Blutsauger. Alle anderen Dämonen waren panikartig geflüchtet, und wenn sie nicht von selbst verschwanden, hatten Rebecca und ihre Freundinnen nachgeholfen. Wie Nora es in der vergangenen Nacht getan hatte.
    Alles lief nach Plan.
    Rebecca konnte zufrieden sein.
    Sie war eine außergewöhnliche Erscheinung. Für eine Frau überdurchschnittlich groß, mit pechschwarzen, in der Mitte gescheitelten Haaren. Die dunkle Haarflut fiel bis über die Schultern und ließ das schmale bleiche Gesicht noch blasser erscheinen. In diesem Gesicht fielen besonders die großen dunklen Augen auf, die den Betrachter an tiefe Kohlenschächte denken ließen. Die Figur der Frau war

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