S. M. Nightingale
Unheilig
Die Chroniken der Schatten
Inhaltsverzeichnis
Pro l og
Eine andere Eb ene der Existenz
Nur ein e Theorie
Die Rose der Knechtschaft
Erzsebeth Bath ory’s Ankh
Der Lichtnahrun gsprozess
Ouver türe
Von schwarzen und weißen Schwänen
Th anatos
Michael hat gesagt …
Der Mottenmann
Zwischenspiel Beschwörung
Das Sanguinarium
Clessidra ligamentum
Irgendwo in Iowa
Die Sprache der Engel
Dein Herzeleid
Der Bombay - Phänotyp
Friedhof der Sünden
Die Blume des Todes
Der Schlüssel des Salomon
Epilog
Für Izzy
E-Book
1. Auflage, August 2012, Berlin
© 2012 Sabrina Motschmann, Berlin
Umschlaggestaltung: www.tickart.com
Alle Rechte vorbehalten.
Nachdruck oder andere Verwertung nur mit schriftlicher Genehmigung.
www.s.m.nightingale.com
[email protected] Prolog
Wie ein kalter, undurchsichtiger Schleier legte sich die Dämmerung über die Welt. Auf den Sträuchern und Grashalmen bildete sich Raureif und Nebelschwaden zogen über den mit Herbstblättern bedeckten Waldboden. Kyras Mischlingsrüde zog an der Leine und schnüffelte erregt. Vielleicht witterte er ein Eichhörnchen, das sich an diesem Novemberabend aus seinem Versteck wagte. Oder er hörte eine Maus, wie sie über den Boden huschte und nach Futter suchte. Was immer es war, Kyra hörte nichts, was die dumpfe Stille des Waldes hätte stören können. Nur ihren eigenen Atem, flach und unregelmäßig . Sie hatte nicht erwartet, dass es im Herbst so schnell dunkel werden würde und hier im Wald verdichtete sich die Schwärze noch mehr als ohnehin. Schon immer war ihr die Dunkelheit der Nacht unheimlich gewesen, als ob jeglicher irdischer Glanz verschwand und sich in ihren Tiefen Dinge verbargen, die kein Mensch je zu Gesicht bekam. Sie zog den Mantel enger um ihre Taille, als hoffte sie, er würde sie beschützen. Murphys Pfoten rammten sich abrupt in den Erdboden, um eine Eiche zu beschnüffeln, doch Kyra zog ihn weiter.
„Schluss mit Zeitung lesen“, sagte sie. „Wird Zeit, dass wir nach Hause kommen.“
Murphy ließ die Ohren hängen, als hätte er verstanden, dass der Ausflug nun zu Ende war. Stumm fügte er sich in sein Schicksal. Der Trampelpfad, dem sie seit einer halben Stunde gefolgt waren, teilte sich jäh und Kyra wusste nicht, welchen Weg sie gekommen waren. Unschlüssig sah sie nach links und rechts und rümpfte dabei die Nase.
„So eine Scheiße.“
Murphy zog sie nach links und da sie es selbst nicht besser wusste, ließ sie sich von seinen Instinkten leiten und trottete hinterher. Es wurde dunkler und eine viertel Stunde später konnte sie kaum mehr als fünf Meter weit sehen. Die Dunkelheit hatte sie verschluckt. Kyra begann zu frösteln, mehr aus Furcht denn vor Kälte. Sie hasste die Nacht. Jedwede Art von Existenz schien hinzuschwinden, wenn die Dämmerung das lebendige Treiben des Tages umklammerte, die Geräusche der Umwelt verstummten und nichts blieb zurück als ein nagendes Gefühl von Einsamkeit. Sie ging schneller, rannte fast und Murphy lief mit großen Sprüngen und heraushängender Zunge neben ihr her. Erst als sie fast gegen einen Baum knallte, merkte sie, dass sie den Weg verlassen hatte und nun mitten im Gestrüpp stand. Trotzdem stapfte sie weiter und weiter, nur um nicht stehenbleiben und sich eingestehen zu müssen, dass sie sich verlaufen hatte. Sie leinte ihren Hund ab, doch auch er hatte Mühe, sich durch die Sträucher zu kämpfen. Er winselte und drängte sich an ihre Beine. Kyra keuchte und verfiel in eine leichte Panik. Was, wenn sie hier nicht mehr heraus fände?
Sie stolperte über eine Baumwurzel und fiel mit der Nase voran in den schlammigen Boden. Murphy fuhr mit seiner Schnauze durch ihre Haare und sie drehte sich zu ihm, um seinen Hals zu kraulen. Ein lautes Knacken ließ ihn zusammenzucken. Kyra sprang erschrocken auf und sah sich um, doch sie konnte in der Schwärze nichts erkennen. Schon hoffte sie, es wäre nur ein Tier gewesen, doch Murphy wurde immer nervöser und begann zu winseln.
„Murphy“, sagte Kyra und versuchte, ihn am Halsband zu erwischen, doch der Rüde war ihr geschickt entschlüpft und lief rückwärts