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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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keinen Skorpion versteckt hast«, sagte er missmutig. »Der Tochter des Feuerkopfs traue ich so einiges zu!«
    »Es ist Glas.« Milla fixierte ihn und ballte die Hände dabei zu Fäusten, um sich nicht durch ihr Zittern zu verraten. »Glas aus Ondana.« Es machte sie befangen, allein mit ihm zu sein. »Wo ist Marco?«, fragte sie.
    »Bellino? Auf dem Weg hierher. Öffne du es!«
    »Ich denke, das solltet Ihr tun«, widersprach Milla und hielt den Atem an, als sich seine sehnigen Hände wie die Tentakel einer riesigen Spinne dem Stoff näherten und ihn zurückschlugen, erst die äußere Lage, dann die innere.
    Als hätte die Sonne nur auf diesen Augenblick gelauert, brachen ihre Strahlen noch heller durch das Fenster, und die Gondel begann in allen Farben des Regenbogens zu schimmern.
    Der Admiral schien den Anblick regelrecht einzusaugen. Dann zog er ein dunkles Holzkästchen näher heran und nahm das Ruder heraus.
    Milla fiel das Schlucken plötzlich schwer.
    Jetzt konnte alles auffliegen. Jetzt konnte er bemerken, dass …
    Doch das Ruder passte so exakt in die winzige Forcula, als sei es dafür gemacht.
    »Endlich ist die gläserne Gondel vollständig«, sagte er. »Was für ein Jammer, dass ich so lange auf diesen Anblick warten musste!«
    »Dann lasst Ysa frei«, verlangte Milla. »Denn so war es vereinbart!«
    Der Alte schien sie gar nicht zu hören.
    »So spät«, murmelte er. »Was könnte alles anders sein, hätten wir die Gondel früher einsetzen können! Unsere Feinde … die große Schlacht … lässt sich das unbarmherzige Pendel des Schicksals doch noch zum Einhalten bringen?«
    Ein Klopfen an der Tür, dann stürzte Marco herein.
    »Ich wurde aufgehalten, Exzellenz«, rief er. »Aber ich bringe wichtige Nachrichten …«
    Er hielt inne, als er die Gondel erblickte, und blickte dann mit großen Augen zu Milla.
    »Die Tochter des Feuerkopfs hat endlich klein beigegeben«, sagte der Admiral. »Wenngleich sie unsere Geduld auch im Übermaß strapaziert hat. Allerdings scheint sie in gewissem Rahmen lernfähig zu sein – und diesen Umstand werden wir uns zu Nutzen machen.«
    »Lasst Ysa frei«, wiederholte Milla, während ein seltsames Gefühl in ihr aufstieg. »Ihr habt die Gondel. Mein Teil der Abmachung ist erfüllt, und jetzt seid Ihr an der Reihe!«
    »Nicht so voreilig! Ich habe noch eine Reihe von Fragen, die der Klärung bedürfen«, sagte der Admiral. »Man hat mir berichtet, das Feuer sei ausgerechnet in eurer Taverne ausgebrochen. Trifft das zu?«
    »Das weiß ich nicht, denn ich war nicht dabei.«
    »Mir ist exakt das Gegenteil zugetragen worden. Unbescholtene Bürger unserer Stadt haben dich am Brandort gesehen und angezeigt.«
    Cassiano – wie weit würde er noch gehen?
    »Lüge!«, rief Milla, der plötzlich siedend heiß wurde. »Ich war schon weg, als das Feuer ausbrach. Ich war eine von Tausenden, die auf der Piazza der Rede des Dogen gelauscht haben! Fragt Bellino. Er hat mich dort gesehen.«
    »Das stimmt, Exzellenz«, warf Marco ein. »Sie war dort. Und ich weiß auch, dass Milla …«
    »Schweig, Bellino! Ich bin noch nicht fertig.« Seine Stimme war kalt. »Du weißt, was auf Brandstiftung steht, Milla Cessi? Sogar die Rialtobrücke ist ein Raub der Flammen geworden, der Stolz unserer Stadt …«
    »Aber sie ist unschuldig«, rief Marco aufgeregt. »Sie hat nichts damit zu tun. Querini war es, wie schon vermutet! Er hat sich heimlich Einlass in die Taverne verschafft und dort den Brand gelegt. Es gibt eine Zeugin, die alles bestätigen kann.«
    Milla hatte das Gefühl, als falle eine Steinlast von ihr ab.
    »Da hört Ihr, was er sagt«, rief sie. »Ich war es nicht – ich war es nicht!«
    »Zeugen lassen sich kaufen«, knurrte der Alte. »Manche schon für ein paar Kupfermünzen. Die Tochter des Feuerkopfs zeigt sich also abermals widerspenstig und bockig? Nichts anderes habe ich erwartet!«
    Er humpelte auf sie zu.
    »Du sollst Gelegenheit erhalten, in dich zu gehen«, sagte er. »Denn die Liste deiner Vergehen ist lang. Du hast uns die Gondel vorenthalten und damit Venedig an den Rand des Untergangs gebracht. Du verkehrst mit stadtbekannten Verrätern. Du spielst mit dem Feuer – habe ich noch etwas vergessen?« Sein Mund war eine dünne, weißliche Linie. »Ich werde dir Zeit geben, über alles gründlich nachzudenken. Viel, viel Zeit.«
    Sein Stock klopfte zweimal hart auf den Boden. Federico und Paolo traten ein.
    »Bindet sie und führt sie ab«, befahl der Admiral.

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