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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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berührt.«
    »Nein – und das solltest du auch niemals vergessen.« Er hüstelte. »Soll ich sie dir in ein Tuch einschlagen?«
    Milla nickte.
    »Ich muss sie heil nach Venedig bringen«, sagte sie und sah ihm dabei zu, wie er die Gondel vorsichtig in zwei Lagen Stoff einhüllte. »Sonst wäre alles umsonst gewesen.«
    Sie griff nach dem Umhang. Lucas vertrauter Geruch begrüßte sie erneut.
    »Wer rudert dich eigentlich zurück?«, fragte Domenico.
    »Ein Freund«, erwiderte Milla, froh darüber, dass ihre Stimme nur wenig zitterte. »Ich habe ihn lange warten lassen. Inzwischen wird er schon mehr als ungeduldig sein.«
    »Der Junge für die Küchenabfälle?«
    Ihr Blick flog zu ihm.
    Domenicos breites Gesicht war unverändert freundlich, und doch hatte sie plötzlich das Gefühl, dass er sie durchschaute.
    »Ja«, sagte Milla, während sich ihr Herzschlag beschleunigte. »In letzter Zeit wird er immer anstelliger!«
    »Ich fasse sie an – und nichts geschieht«, sagte Milla. »Hast du etwas gespürt, als du die Gondel vorhin berührt hast?«
    »Nein«, sagte Luca, der am Heck stand und das sandolo mit gleichmäßigen Stößen zurück nach Venedig ruderte. »Aber wie auch? Sie ist doch nichts als eine Nachbildung!«
    »Immerhin steckt der Sand Ondanas in ihr«, sagte Milla. »Und ich habe sie geformt.«
    »Sie war niemals Teil des Rituals. Deshalb kann sie auch nichts bewirken.«
    »Welches Ritual meinst du?«, sagte Milla.
    »Das weiß ich selbst nicht genau. Es ist Teil des Pakts, das hat Marin mir gesagt. Doch keiner, der ihn geschlossen hat, darf darüber sprechen. Bis jetzt haben sich offenbar alle daran gehalten.«
    Eine Weile blieb es still.
    Die Nacht war nicht mehr so undurchdringlich, und auch das Meer schien von seiner Schwärze verloren zu haben und lag in einem satten, tiefen Blau vor ihnen.
    »Vielleicht will ich die echte Gondel ja gar nicht mehr finden«, sagte Milla plötzlich. »Ist denn nicht schon genug Furchtbares geschehen?«
    »Wie kannst du so etwas sagen? Ohne Gondel kann der Pakt zwischen Wasser und Feuer nicht erneuert werden. Und Venedig muss untergehen.«
    »Ach, du glaubst plötzlich wieder daran? Noch vor Kurzem hast du ganz anders geredet. Jetzt klingst du wie dein Großonkel.«
    »Könnte es nicht sein, dass ich gewisse Dinge inzwischen eingesehen habe?«, fragte Luca. »Meine Meinung über dich habe ich ja schließlich auch geändert!«
    Milla drehte sich zu ihm um.
    »Aber du hast nicht erlebt, was allein das Ruder anrichten kann«, sagte sie leise. »Vielleicht hätte ich dir schon eher davon berichten sollen! Salvatore hat es in den Wahnsinn getrieben und Cassiano halb verglühen lassen.«
    »Du hast es sie anfassen lassen?« Luca klang entsetzt.
    »Natürlich nicht! Salvatore hat mich gestoßen und muss dabei mit dem Ruder in Berührung gekommen sein; Cassiano wollte mir an die Brust fassen und hat es dabei gestreift – was ihm allerdings übel bekommen ist.«
    »Man nennt sie ›Gondel der Wahrheit‹«, sagte Luca. »Und womöglich besitzt ja bereits ein Teilstück dieses gläsernen Artefakts die ganze Kraft. Vielleicht hat das Ruder diesen Männern etwas vor Augen geführt, dem sie bislang stets ausgewichen sind. Plötzlich jedoch waren sie durch die Magie der Gondel erbarmungslos damit konfrontiert.«
    »Möglich«, sagte Milla. »Es war jedenfalls furchtbar, das mit ansehen zu müssen. So, als würde ihnen plötzlich der Schleier weggerissen, und das Dunkelste von ganz unten käme nach oben. Am liebsten würde ich nicht mehr daran denken, aber ich habe die Bilder noch immer in meinem Kopf.«
    Zwei Möwen schrien über ihnen. Am Horizont zeigte sich zartes Muschelgrau.
    »Was hat das Ruder dir gezeigt, Milla?«, durchbrach Luca die Stille. »An jenem Morgen in San Marco, als sich unsere Hände berührten, warst du auf einmal so seltsam, als habe dich etwas zutiefst erschreckt, und dann bist du weggerannt. Hatte es etwas damit zu tun?«
    Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
    Wie sollte sie in Worte fassen, dass er irgendwo an einem Strand blutend in ihren Armen gelegen hatte? Dass ihr Atem seine einzige Rettung gewesen war und gleichzeitig ihr größtes Verderben? Dass sie alles für sein Leben gegeben hätte, aber krank vor Angst war, ihr eigenes dabei zu verlieren?
    »Und du, du hast nichts gesehen?«, fragte sie und drehte ihr Gesicht zur Seite, um sich halbwegs wieder zu fassen.
    »Doch«, sagte Luca. »Feuer. Eine Wand aus Feuer! Bis zum Himmel schien sie zu

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