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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Larch-mont, gebeten, in der Kirche dort anzurufen, aber er hatte bislang noch niemanden erreichen können.
    »Dieses Austauschprogramm mit den Kirchen in der Stadt war vermutlich ein Fehler; da gibt es so viele schlimme Jugendliche, die Billy beeinflussen können. Er ist so leichtgläubig und idealistisch, aber Daddy Bysen wollte ja unbedingt, dass Billy im Lagerhaus arbeitet, weil er selbst dort angefangen hat und alle Männer aus der Familie da arbeiten sollen. Ich habe versucht, William zu vermitteln, dass Billy doch lieber studieren sollte, wie er es sich gewünscht hatte. Aber Daddy Bysen umzustimmen ist wie gegen die Niagara-Fälle anzureden, und William hat es nicht mal versucht, sondern Billy dorthin geschickt, und seither höre ich immer nur Pastor Andres, Pastor Andres, als zitiere er aus der Bibel.«
    »Was ist mit Ihrer Tochter, Billys Schwester - weiß sie, wo er ist?« Ausgedehntes Schweigen am anderen Ende. »Candace - Candace ist in Korea. Selbst wenn man sie leichter erreichen könnte, würde Billy das nicht tun. Er weiß, dass William - wir - das absolut nicht gutheißen würden.«
    Ich wünschte mir, Zeit zu haben für einen Abstecher nach South Barrington zum Anwesen der Bysens. Körpersprache verrät viel mehr als eine Stimme am Telefon. Glaubte Mrs. Bysen wirklich, dass ihr Sohn keinen Kontakt zu seiner Schwester hielt, weil die Eltern es ihm untersagt hatten - vor allem dann, wenn er von zu Hause weglief?
    Machte Annie Lisa tatsächlich alles, was Daddy Bysen bestimmte? Oder leistete sie passiven Widerstand?
    Ich versuchte, Annie Lisa die E-Mail-Adresse von Candace oder ihre Telefonnummer zu entlocken, doch sie überhörte die Frage geflissentlich. »Wie steht's mit Ihrer Schwägerin, Jacqui Bysen? Hat Billy gestern im Lagerhaus mit ihr gesprochen?« »Jacqui?« Annie wiederholte den Namen so zögernd, als handle es sich um ein Wort aus einer ihr völlig fremden Sprache. »Ich glaube, ich wäre nie auf die Idee gekommen, sie zu fragen.«
    »Ich werde das übernehmen, Mrs. Bysen.« Ich schrieb mir die Namen von zwei Jungen auf, mit denen Billy befreundet war, vermutete aber, dass die Bysens Recht hatten: Papa und Mama Bear hatten einen Mann beleidigt, zu dem Billy aufschaute, und nun war Baby Bear wahrscheinlich zu ihm geflüchtet. Falls nicht, durfte ich mich wohl der undankbaren Aufgabe widmen, Candace Bysen aufzuspüren. Krankenhäuser in der näheren Umgebung würde ich auch checken, denn man weiß nie - auch Kinder von Superreichen sind nicht gegen Unfälle gewappnet. Das schrieb ich mir alles auf, weil ich aus Erfahrung gelernt habe, dass ich mir so viele Einzelheiten nicht merken kann. Ich hatte für einige wichtige Klienten im Loop zu tun, war aber vor eins fertig und konnte früh in die South Side fahren. Als Erstes begab ich mich zum Lagerhaus, um mit Patrick Grobian zu sprechen. Er führte gerade eine engagierte Unterhaltung mit Tante Jacqui über Bettwäsche; beide hatten Billy an diesem Tag noch nicht zu Gesicht bekommen.
    »Wenn er kein Bysen wäre, würd ich ihn vor die Tür setzen, das können Sie mir glauben«, knurrte Grobian. »Wer für By-Smart arbeitet, kommt und geht nicht, wie es ihm grade passt.«
    Tante Jacqui rekelte sich wie eine Katze; um ihre Mundwinkel spielte dasselbe zufriedene Lächeln, das mir gestern während des Aufruhrs in der Gebetsstunde aufgefallen war. »Billy ist ein Heiliger. Er sitzt vermutlich irgendwo in einer Höhle und verspeist Heuschrecken und Honig - vielleicht sogar unter den Kisten im Keller. Pat und mir hält er nämlich gerne Predigten wegen der hiesigen Arbeitsbedingungen.« »Warum?«, fragte ich mit unschuldig aufgerissenen Augen. »Stimmt damit was nicht?« »Das ist ein Lagerhaus hier«, antwortete Grobian, »kein Kloster, aber das kriegt Billy nicht mit. Unsere Arbeitsbedingungen sind vollkommen konform mit dem Arbeitsrecht.«
    Ich gab mich vorerst damit zufrieden. »Was meinen Sie, würde er sich an seine Schwester wenden?«
    »An Candace?« Jacquis sorgfältig gezupfte Brauen wanderten bis unter ihren Haaransatz. »An Candace wendet man sich nur, wenn man vögeln will oder Drogen braucht.«
    Ich wandte mich zum Gehen, während Grobian und sie sich über diesen Spruch amüsierten. Um drei musste ich zum Basketballtraining in der Schule sein, aber Roses Schicht endete zur selben Zeit. Die Mädchen konnte ich nicht warten lassen; wenn ich mit Rose reden wollte, musste ich noch mal in die Fabrik zurück.

14
    Rückzug von

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