Feuerflut
Krankenhaus haben wollen“, sagt Radu. „Irgendein Problem … vielleicht Schwierigkeiten …“
„Dann hätten sie es gesagt.“
„Was wollen sie dann von dir?“
„Ramona hat es doch gesagt: Sie wollen uns zeigen, daß sie uns beherrschen und kontrollieren.“ Sie trank die letzten Tropfen ihres Brandys. Radu folgte ihrem Beispiel. Sie standen auf und gingen zur Tür. „Sie würden mich am liebsten in Plastikwatte packen, wie eine teure Maschine, bis zu dem Tag, an dem sie mich auf ein Schiff schicken.“
Andrew erwartete sie am Ausgang. Laenea wollte die Geldscheine herausziehen, die sie sich von Ramona-Teresa geliehen hatte, doch in diesem Augenblick wurde Marcs Bildschirm wieder hell, und seine Stimme sagte: „Sie waren meine Gäste. Zur Feier des Tages.“
Sie fragte sich, ob Ramona ihm von ihren Schwierigkeiten berichtet hatte. Aber er konnte das auch aus eigenen Quellen erfahren haben. Vielleicht war das Essen auch nur einer der häufigen Beweise seiner Großzügigkeit. „Ich frage mich wirklich, wie Sie dabei noch etwas verdienen können, mein Freund“, sagte Laenea. „Aber vielen Dank.“
„Ich nehme die Touristen aus“, sagte die mechanische Stimme, und sie war so ohne jeden Ausdruck, daß sie nicht heraushören konnte, ob diese Bemerkung sardonisch gemeint war, oder ob sie nur ein Scherz sein sollte.
„Ich weiß noch nicht, wohin meine nächste Reise geht“, sagte Laenea. „Aber wenn Sie einen besonderen Wunsch haben …“
„Eigentlich nicht“, sagte Marc. „Aber falls Sie etwas Hübsches entdecken sollten …“ Der Bildschirm zeigte ein silbriges Wirbelmuster.
„Ich weiß.“
Die Korridore erschienen ihr grell nach der matten Beleuchtung des Restaurants. Laenea sehnte sich nach ruhigen Abenden im sanften Mondlicht. Neben Radu ging sie zwischen kalten Metallwänden, dicht an ihn gedrängt, einen Arm um seine Schulter gelegt. „Marc ist ein Sammler“, sagte sie. „Wir alle bringen ihm etwas mit.“
„Etwas Hübsches?“
„Ja … Ich glaube, er hat dort hinten, wo niemand hinkommt, eine Sammlung von den schönsten Dingen aller Welten. Ich habe den Eindruck, als ob er sich damit seine eigene Realität schafft.“
„Eine Realität, die nichts mit der unseren zu tun hat.“
„Genau.“
„Dasselbe versuchen sie auch im Krankenhaus“, sagte Radu. „Isoliere dich von allen Schwierigkeiten, und du hast keine mehr.“
„Das mag für Marc gültig sein. Nicht für mich.“
Er nickte. „Und was jetzt?“
„Zurück zu Kathells Wohnung. Für eine Weile zumindest.“ Sie streichelte seinen Nacken. Seine Haare kitzelten ihre Hand. „Die Vorschrift, die mich während des Trainings am meisten empört hat, war der absolute Verzicht auf Sex.“
Die Lachfalten vertieften sich wieder, parallele Linien zu seinem herabhängenden Schnurrbart. „Dann kann ich verstehen“, sagte er, „daß du keine Lust hast, ins Krankenhaus zurückzugehen.“
Als sie ihr Zimmer in Kathells Wohnung betraten, drehte Laenea das Licht an. Spiegel reflektierten den matten Schein der Lampen, helle Nischen zwischen rotem Plüsch und vergoldetem Holz. Sie standen nebeneinander auf dem silbrig schimmernden Boden, die Hände ineinander verschränkt, im Augenblick verlegen und zögernd wie Kinder. Laenea wandte den Kopf und blickte Radu an, und er gab ihren Blick zurück. Ihre Hände umspannten Radus Gesicht, fuhren streichelnd über seine vernarbten Wangen. Dann küßte sie ihn, sanft und zurückhaltend zuerst, dann härter, fordernder. Sein Schnurrbart war weich an ihren Lippen, an ihrer Zunge. Seine Hände glitten über ihre Schulterblätter, ihren Rücken, zu den Hüften. Sie fuhr mit einer Hand unter sein Jackett, streichelte seine nackte Haut, die harten Konturen der Muskeln seines Rückens, seiner Hüften. Sein Atem wurde schneller.
Anfangs war kein Unterschied – und doch war nichts wie vorher. Die Veränderung war wichtiger als Bewegungen, Positionen, Zärtlichkeiten; die hatte Laenea in allen möglichen Kombinationen kennengelernt, zufrieden mit einigen Augenblicken des Glücks. Das hatte ihr immer gereicht. Sie hatte nie mit dem Evolutionspotential gerechnet, das allein von ihren Partnern abhing. Als sie sich über Radu beugte und ihr Haar um ihre Gesichter spielte, fühlte sie sich ihm nahe genug, um seine Gedanken zu absorbieren, seine Seele fühlen zu können. Sie streichelten einander und konzentrierten sich völlig auf die Gefühle, die sie verbanden. Laeneas Brustwarzen wurden
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