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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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Dämmerung zu durchdringen versuchten. „Du hast Dunst gut und voller Tapferkeit gehalten“, sagte sie zu dem jungen Mann. „Ich danke dir.“
    Er senkte den Blick, neigte beinahe das Haupt vor ihr. Er richtete sich auf und trat näher. Schlange legte ihre Hand sanft auf den Hals der Kobra, damit sie sich nicht wieder errege.
    „Ich würde mich geehrt fühlen“, sagte der junge Mann, „wenn du mich Arevin nenntest.“
    „Das werde ich mit Freude tun.“ Schlange kniete nieder und stützte die Windungen des Leibes, als Dunst langsam in ihr Fach im Innern der Lederschachtel kroch. In kurzer Zeit, sobald Dunst sich erholt hatte, wenn der Morgen dämmerte, konnten sie Stavin aufsuchen. Die weiße Schwanzspitze der Kobra verschwand im Behältnis. Schlange schloß es und wollte sich aufrichten, aber sie vermochte nicht zu stehen. Sie hatte die Wirkung des neuen Gifts noch nicht völlig überwunden. Das Fleisch rund um die Bißwunde war rot und weich, aber der Bluterguß würde sich nicht ausweiten. Sie verblieb in ihrer zusammengesunkenen Stellung, starrte ihre Hand an, kroch in Gedanken langsam auf das zu, das sie tun mußte; diesmal für sich selbst.
    „Laß mich dir helfen. Bitte.“ Er nahm sie bei der Schulter und half ihr beim Erheben.
    „Es tut mir leid“, sagte sie. „Ich brauche so nötig Erholung …“
    „Erlaube mir, deine Hand zu waschen“, sagte Arevin. „Und dann kannst du schlafen. Sag mir, wann ich dich wecken …“
    „Nein. Ich kann noch nicht schlafen.“ Sie zerrte das Netzwerk ihrer Nerven zurecht, riß sich zusammen, straffte sich, warf die feuchten Locken ihres kurzen Haars aus der Stirn. „Es geht mir jetzt besser. Hast du Wasser?“ Arevin öffnete sein Gewand. Darunter trug er ein Lendentuch und einen Ledergürtel mit mehreren Flaschen und Beuteln daran. Die Hautfarbe seines Körpers war etwas heller als die dunkle Sonnenbräune seines Gesichts. Er löste seine Feldflasche vom Gürtel, schloß das Gewand wieder um seinen sehnigen Körper und wollte Schlanges Hand nehmen. „Nein, Arevin. Falls das Gift in einen winzigen Kratzer gerät, den du haben könntest, würdest du dich infizieren.“
    Sie setzte sich nieder und schüttete lauwarmes Wasser über ihre Hand. Das Wasser troff rosa verfärbt auf den Boden und verschwand, hinterließ nicht einmal einen feuchten Fleck. Die Verletzung blutete noch ein wenig mehr, aber danach schmerzte sie bloß noch. Das Gift war fast unwirksam gemacht.
    „Ich begreife nicht, wie es möglich ist“, sagte Arevin, „daß du unversehrt bleibst. Meine jüngere Schwester ist von einer Buschotter gebissen worden.“ Er konnte nicht so gleichmütig sprechen, wie zu tun er es vielleicht beabsichtigte. „Wir vermochten nichts zu tun, um sie zu retten – nicht einmal etwas, um ihren Schmerz zu lindern.“
    Schlange gab ihm seine Feldflasche zurück, entnahm ihrer Gürteltasche ein Fläschchen und schmierte daraus Salbe auf die Einstiche, die sich schlössen. „Das ist Bestandteil unserer Grundausbildung“, sagte sie. „Wir arbeiten mit vielen Arten von Schlangen, also müssen wir gegen soviel wie möglich immun sein.“ Sie zuckte die Achseln. „Das Verfahren ist langwierig und etwas schmerzhaft.“ Sie ballte die Hand zur Faust; die Salbenschicht hielt. Sie war beruhigt. Indem sie sich hinüber zu Arevin beugte, befühlte sie nochmals seine mißhandelte Wange. „Ja …“ Sie verstrich eine dünne Schicht der Salbe darauf. „Das wird beim Heilen helfen.“
    „Wenn du nicht schlafen darfst“, meinte Arevin, „kannst du dich wenigstens ausruhen?“
    „Ja“, antwortete sie. „Für ein Weilchen.“
    Schlange setzte sich neben Arevin und lehnte sich gegen ihn, und sie sahen zu, wie die Sonne die Wolken in Gold, Bernstein und Feuer verwandelte. Die bloße körperliche Nähe eines anderen Menschen bereitete Schlange Wohlbehagen, doch sie empfand es als unbefriedigend. Zu anderer Zeit und an einem anderen Ort hätte sie mehr unternommen, aber hier nicht, nicht jetzt.
    Als der untere Rand des hellen Flecks, in dessen Gestalt die Sonne erschien, sich über den Horizont erhob, stand Schlange auf und lockte Dunst aus der Schachtel. Sie kroch langsam heraus, noch matt; sie kroch auf Schlanges Schultern. Schlange nahm die Schachtel, und sie und Arevin schritten gemeinsam zurück zu der kleinen Ansammlung von Zelten.
     
    Stavins Eltern warteten unmittelbar vorm Eingang ihres Zelts und schauten ihr entgegen. Sie standen in dichter, schweigsamer Gruppe

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