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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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einen langen Moment in die Augen; schließlich wandte er den Blick ab.
    Der helle Fleck in den Wolken, der das Licht verbreitete, strebte am Himmel westwärts; sie hielten die Kobra wie ein Kind.
    Schlange nickte halb ein, aber Dunst regte ihren Kopf, als sie einen matten Versuch unternahm, um sich dem Gewahrsam zu entwinden, und Schlange schrak heftig auf. „Ich darf nicht schlafen“, sagte sie zu dem jungen Mann. „Rede mit mir. Wie nennt man dich?“
    Der junge Mann zögerte, so wie es Stavin getan hatte. Er schien sich vor ihr zu fürchten oder so etwas. „Mein Volk hält es für unklug“, sagte er, „unsere Namen fremden Ohren anzuvertrauen.“
    „Wenn ihr mich für eine Hexe haltet, hättet ihr mich nicht um Hilfe ersuchen sollen. Ich verstehe mich nicht auf Zauberei und erhebe auch keinen Anspruch auf das Verständnis ihrer Künste. Ich kann nicht alle Sitten aller Völker dieser Erde lernen, also bleibe ich bei meinen eigenen Gewohnheiten. Und es ist meine Gewohnheit, jene beim Namen zu nennen, mit denen ich zusammenarbeite.“
    „Es ist kein Aberglaube“, sagte er. „Es verhält sich nicht so, wie du vielleicht denkst. Wir fürchten nicht, verhext zu werden.“ Schlange wartete, beobachtete ihn, versuchte im Zwielicht seine Miene zu deuten. „Unsere Familien kennen unsere Namen, und wir tauschen die Namen nur mit jenen aus, die wir heiraten möchten.“
    Schlange dachte über diese Sitte nach und fand, daß sie damit schlecht zurechtkäme. „Mit niemand anderem? Niemals?“
    „Nun … ein Freund könnte einen Namen erfahren.“
    „Aha“, sagte Schlange. „Ich verstehe. Ich gelte noch als Fremde, vielleicht als Feind.“
    „Ein Freund könnte meinen Namen wissen“, wiederholte der junge Mann. „Ich möchte dich nicht kränken, aber nun mißverstehst du mich. Ein Bekannter ist kein Freund. Wir schätzen Freundschaft hoch.“
    „In diesem Land sollte man rasch entscheiden können, ob eine Person es verdient, »Freund* genannt zu werden.“
    „Wir schließen selten Freundschaften. Freundschaft ist eine Verpflichtung.“
    „Das klingt, als sei sie etwas, wovor man sich fürchten müßte.“
    Er dachte darüber nach. „Vielleicht ist es der Verrat an der Freundschaft, den wir fürchten. Er ist eine sehr schmerzliche Sache.“
    „Hat dich schon einmal irgend jemand verraten?“
    Er warf ihr einen Blick zu, als habe sie die Grenzen des Zumutbaren überschritten. „Nein“, antwortete er, und seine Stimme war so hart wie sein Gesicht. „Kein Freund. Ich kenne niemanden, den ich einen Freund heiße.“
    Sein Verhalten erschreckte Schlange. „Das ist sehr traurig“, sagte sie und schwieg; sie versuchte die tiefen Einflüsse zu erkennen, die Menschen in solchem Maße verschlossen machen konnten, ihre Einsamkeit aus Notwendigkeit und die selbstgewählte Einsamkeit dieser Menschen gegeneinander abzuwägen. „Nenne mich Schlange“, sagte sie endlich, „falls du dich dazu durchringen kannst, es auszusprechen. Das Aussprechen meines Namens verpflichtet zu nichts.“
    Der junge Mann wollte anscheinend etwas darauf erwidern; vielleicht in der Annahme, sie erneut gekränkt zu haben, vielleicht zum Zwecke neuerlicher Verteidigung seiner Gewohnheiten. Aber Dunst begann unter ihren Händen zu zucken, und sie mußten sie gewaltsam daran hindern, sich selbst zu verletzen. Die Kobra war für ihre Länge dünn, doch kräftig, und die Konvulsionen, die sie heimsuchten, waren schwerer als alle, die je zuvor aufgetreten waren; sie wand sich in Schlanges Umklammerung und riß sich beinahe los. Sie wollte ihre Kapuze aufblähen, aber Schlange hielt sie zu fest. Sie öffnete das Maul und zischte, aber von ihren Fangzähnen troff kein Gift. Sie wickelte ihren Schwanz um die Hüften des jungen Mannes. Er begann an ihr zu zerren und zu drehen, um sich aus ihren Windungen zu befreien. „Sie ist keine Würgerin“, sagte Schlange. „Sie kann dich nicht zerdrücken. Laß sie gewähren …“
    Aber es war zu spät; plötzlich entspannte sich Dunst, und der junge Mann verlor das Gleichgewicht. Dunst schnellte sich ab und peitschte Muster in den Sand. Schlange rang allein mit ihr, während der junge Mann sie wieder zu ergreifen versuchte, aber sie ringelte sich um Schlange und fand an ihr Halt. Sie begann sich gegen Schlanges Hände zu stemmen. Schlange warf sich mit ihr rücklings auf den Sandboden; Dunst erhob sich über sie, ihr Maul aufgerissen, erzürnt, und zischte. Der junge Mann sprang hinzu und packte sie

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