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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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daß er mir seine schönen, gesunden Zähne vererbt hatte.
    »Was willst du machen? Einfache Gemüter verteufeln die Technik, das war schon immer so. So einfach ist es nicht. Die Technik kann gut oder schlecht sein. Alles, was wir zustande bringen, hat zwei Seiten.«
    »Wenn ich dich so reden höre«, sagte er, »sehe ich immer noch das kleine Mädchen in Casa Monte, mit dem schwarzweißen Kater im Arm…
    wie hieß er noch gleich? Er hatte einen Frauennamen.«
    »Clara!« rief ich und lachte. »Nonna hatte zu spät bemerkt, daß er ein Kater war. Ja, ich erinnere mich. Der Kater Clara! Er ließ sich von niemandem anfassen, aber ich konnte mit ihm machen, was ich wollte.«
    »Deine Großmutter auch. Sie konnte gut mit Tieren umgehen. Du bist viel mehr nach ihr geraten als nach Carmilla. Deine Großmutter würde stolz auf dich sein.«
    Meine Kehle wurde plötzlich eng.
    »Ja, mich interessiert das, was ich mache. Ich reise, nehme an Kongressen teil. Wenn ich rede, wird zugehört, und ich verdiene ebensoviel wie meine männlichen Kollegen. Ich bin knallhart, wenn es sein muß.
    Nicht wahr, Papa, das ist dir bekannt? Das Ganze trägt einen Namen: Selbstverwirklichung. Mehr ist nicht da.«
    Mein Vater hob spöttisch die Brauen.
    »Das glaubst du doch wohl selbst nicht, Ariana.«
    Ich lächelte. Er konnte es verstehen, als Ablenkung. Ich durchschaute meine Gefühle, übte mich in Distanz, ohne viel Phantasie. Seit siebzehn Jahren und drei Monaten hatte ich noch andere Dinge im Kopf. Sie machten mich traurig, nachdenklich und manchmal auf unerklärliche Weise euphorisch, wie eben jetzt.
    Der Wirt brachte den Risotto. Wir kosteten und nickten uns zu.
    »Gut, nicht wahr?« sagte mein Vater. »Wer – wie ich – täglich im Restaurant ißt, wendet sich einer Küche zu, die auf einfache Zutaten Wert legt. Das bin ich mir meiner Gesundheit schuldig.«
    Er legte die Gabel hin, tupfte sich bedächtig den Mund ab.
    »Was ich dich schon immer fragen wollte… Deine Freunde, kennen sie eigentlich die Geschichte mit Nonna?«
    Eine plötzliche Gänsehaut jagte mir den Rücken hinunter.
    »Nein. Nur Eleni und Jorge. Und auch Amadeo, zwangsläufig.«
    Ich war überrascht, wie leicht der Name über meine Lippen kam. Ich habe es nicht beabsichtigt, wirklich nicht. Weshalb rede ich eigentlich von dir? Doch nur, weil ich mich nicht mehr mit schwebenden Erinnerungen begnüge. Weil ich dich bald sehe und weil ich es nicht mehr aushalte vor Verlangen nach dir. Noch sieben Tage! Wie soll ich die bloß durchstehen?
    Er hätte jetzt so tun können, als hörte er den Namen nicht. Doch er fragte ruhig:
    »Triffst du ihn manchmal noch?«
    Eine kleine heiße Welle stieg mir den Hals hinauf.
    »Immer, wenn er in der Nähe ist.«
    Die Augen meines Vaters überflogen mich mehr, als sie mich sahen. Ich holte tief Luft. Und dann sagte ich es. Ich sagte ihm, daß Amadeo nächste Woche in Paris gastierte.
    »Nur für drei Vorstellungen. Er hat einen strengen Spielplan in diesem Jahr. Die Karten sind schon ausverkauft.«
    »Er ist inzwischen berühmt geworden.« Mein Vater redete so behutsam wie möglich. »Er hatte auch in Milano großen Erfolg.«
    Ich trank einen Schluck Wein, stellte das Glas vorsichtig wieder hin.
    Meine Hände zitterten.
    »Warst du in der Vorstellung?«
    »Nein. Wir hatten Redaktionsschluß. Die übliche Hektik. Aber ich sah ihn im Fernsehen. Der Mann arbeitet gut mit den Pferden. Weißt du übrigens, ob er die Tiere mißhandelt?«
    »Wer? Amadeo? Er sagt immer, ein bösartiger Mensch sei schlimmer als ein bösartiges Pferd – mit dem einen Unterschied, daß man bösartigen Menschen eine knallen kann.«
    Ich lehnte mich zurück, lachend. Einen Moment schaute Papa mir direkt in die Augen. Er war ein wenig rot geworden.
    »Entschuldige die väterliche Frage: Liebst du ihn eigentlich noch?«
    Ich mußte mir lange Zeit zur Antwort gelassen haben, denn er setzte hinzu: »Du brauchst nichts zu sagen, wenn du nicht willst. Aber du verstehst mich vielleicht.«
    Ich lächelte geistesabwesend.
    »Nein, warte, ich überlege nur, wie ich das am besten ausdrücken kann.
    Zusammen oder getrennt, was heißt das schon? Und wenn du mich schon so fragst… so etwas gibt es nicht. Zwischen uns gibt es keine Trennung, niemals. Es gibt etwas anderes. Etwas, das für uns wirklicher ist als das reale Leben, das uns aufrecht hält und uns auch gelegentlich wehtut.
    Glaube nur nicht, daß er keine Frauen hat. Er schläft mit vielen. Das spielt keine Rolle.

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