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Feuergipfel

Titel: Feuergipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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anfiel.
    Ich kann und darf nicht zulassen, daß das passiert, dachte sie angstvoll. Nur weil Bill keinen Finger krumm gemacht hat, um mir zu helfen, bedeutet das noch lange nicht, daß er den Tod verdient hat.
    Er war so gut zu mir in all jenen Jahren, bevor ich nach England gegangen bin.
    Mit Entschlossenheit in jeder Faser ihres Körpers trieb Elyssa Leopard durch die verblassende Dunkelheit. Falls irgendwelche Culpeppers die Auffahrt zu Bills Blockhaus bewachten, so schlugen sie jedenfalls keinen Alarm, als Leopard wie eine Erscheinung vorbeigaloppierte.
    Aufmerksam starrte Elyssa nach vorn und hielt nach einem Lichtschimmer Ausschau. Nichts. Sämtliche Fenster waren dunkel. Sie saß ab und band Leopard an einem Busch fest. Mit großer Vorsicht schlich sie so nahe an den Abort des Blockhauses heran, wie sie es irgend wagen konnte.
    Ungefähr zehn Meter von dessen Rückseite entfernt befand sich ein Dickicht. Gebückt kroch Elyssa näher und verschmolz mit den Büschen, wie Bill es ihr beigebracht hatte bei ihren gemeinsamen Jagdausflügen.
    Sie befeuchtete ihre Lippen mit der Zunge, spitzte sie und stieß einen leisen Pfiff aus. Der klare, trällernde Ruf einer Nachtigall stieg in die Stille auf. Bill hatte sie Vorjahren gelehrt, diesen Vogelruf nachzuahmen, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war und das perlende Lachen ihrer Mutter durch das Haus hallte.
    Es ging kein Licht im Blockhaus an zur Antwort auf Elyssas Signal.
    Und niemand rief durch die Dämmerung nach ihr.
    Nervös warf Elyssa einen Blick zum Himmel. Die Sterne schwanden bereits, und am östlichen Horizont schimmerte ein schwach pfirsichfarbener Schein.
    Wieder schickte sie den melodiösen Vogelruf durch die Lüfte.
    Nichts geschah.
    Vielleicht hat Bill wieder mal zuviel getrunken und schläft zu tief um mich zu hören, dachte sie ängstlich. Sie befeuchtete erneut ihre Lippen, die sich so trocken wie Papier anfühlten, und versuchte es noch einmal. Eine falsche Nachtigall sang zum dritten Mal vor dem schlafend daliegenden Blockhaus.
    Nichts rührte sich.
    Keine Laterne erwachte flackernd zum Leben.
    Ein Schimmer von Rosa verdrängte nun deutlich die Dunkelheit am Morgenhimmel.
    Elyssa wartete.
    Und wartete.
    Gerade als sie aufgeben wollte, öffnete sich die Vordertür des Blockhauses mit einem leisen Ächzen. Ein Mann kam heraus und strebte zum Abort.
    Bill.
    Erleichterung durchflutete Elyssa.
    Bill ging zu dem Häuschen mit dem zögernden, unsicheren Schritt eines Mannes, der entweder einen Kater hatte oder halb blind in dem trüben Licht der frühen Dämmerung war. Irgendwie führten ihn seine schwankenden Schritte an dem Abort vorbei zu dem Dickicht.
    »Hier drüben!« flüsterte Elyssa. »Ich bin’s.«
    »Großer Gott, Frechdachs«, zischte Bill. »Als du aus England zurückgekehrt bist, habe ich dir verboten, jemals hierherzukommen! Geh nach Hause!«
    Elyssa versuchte, Bills Gesichtsausdruck zu erkennen. Was sie in dem trüben Licht von seinen Augen sehen konnte, alarmierte sie aufs höchste.
    Seine grauen Augen waren blutunterlaufen.
    Wütend.
    Und vor allem von Angst erfüllt.
    »Genau wie deine Mutter«, flüsterte Bill zornig. »Rücksichtslos und leichtsinnig bis in die Knochen! Verschwinde von hier!«
    »Komm mit mir zur Ladder S zurück«, wisperte sie flehend. »Bitte. Ich brauche dich.«
    »Geh nach Hause.«
    Bills sanfte Stimme paßte keineswegs zu seinem Gesichtsausdruck.
    »Bill ...«
    »Geh, verdammt noch mal!«
    »Nein«, erwiderte Elyssa mit gedämpfter, harter Stimme. Sie erhob sich mit einem Ruck aus dem Gebüsch. »Es sind zu viele Ladder-S-Kühe gestohlen worden. Zu viele Pferde sind verschwunden. Und die Spuren führen alle zur...«
    »Na sieh mal einer an«, sagte plötzlich eine fremde männliche Stimme hinter Elyssa. »Wenn das keine angenehme Überraschung ist! Jemand hat für Ab Culpepper ein erstklassiges Stück Frauenfleisch parat.«
    Bill stolperte und fiel gegen Elyssa, und sie fühlte, wie sie von dem Fremden weggestoßen wurde.
    »Lauf!« zischte Bill grimmig.
    Diesmal widersprach sie nicht. Blitzschnell wirbelte sie herum und rannte los.
    Doch sie kam nicht weit. Nach drei Schritten zwang sie der eisenharte Griff einer Männerhand um ihren Oberarm abrupt zum Stehenbleiben. Sie keuchte vor Schmerz, als sie brutal zu Ab Culpepper herumgerissen wurde. Er war groß, grobknochig und hatte blasse Augen, die in dem dämmrigen Licht gefährlich glitzerten. Der Ausdruck in jenen Augen bewirkte, daß sich Elyssa

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