Feuergipfel

»Oder in einen Hinterhalt geraten.«
    Morgan stieß zischend den Atem aus und rückte seinen Hut auf dem Kopf zurecht.
    »Richtig, Ma’am. Der Gedanke ist dem Cowboy in mir gleich in dem Moment gekommen, als ich vorhin erkannte, daß die Spuren direkt in den heißesten Teil der Hölle führen.«
    Je länger Elyssa die Fährte betrachtete, desto sicherer war sie, daß die Spuren falsch, gefährlich oder auch beides waren.
    Nein, dies ist einfach nicht Bills Art, die Dinge zu handhaben.
    Bill hat mich geradeheraus gefragt, ob ich ihm die Ladder S verkaufen würde, und mir dann gesagt, wie kreuzdämlich es von mir sei, ein Angebot auszuschlagen.
    Mitten ins Gesicht.
    Brüllend vor Wut.
    Er ist vollkommen offen zu mir gewesen und nicht heimlich im Morgengrauen herumgeschlichen, um mir grausame Streiche zu spielen.
    Nach einem letzten Blick auf den Sumpf lehnte sich Elyssa im Sattel zurück und wandte sich zu Morgan um.
    »Wo ist Hunter?« fragte sie knapp.
    »Der reitet gerade Mustangs zu.«
    Elyssa zog Leopard herum und strebte im Galopp zu dem Busch-Korral.
    Morgan folgte ihr. Sein Blick schweifte immer wieder wachsam über das Gelände, bis sie ein gutes Stück außer Schußweite waren.
    Als Elyssa und Morgan zu dem Korral kamen, hatte Reed gerade einen Mustang an den Ohren gepackt und klammerte sich mit aller Kraft dran fest. Hunter ergriff die Zügel direkt an der Trense, zog den Kopf des Pferdes bis fast zum linken Steigbügel herum und schwang sich in den Sattel.
    »Okay, du kannst jetzt loslassen«, sagte er, während er seinen Griff um die Trense löste.
    Reed ließ die Ohren des Mustangs los und rettete sich mit einem Riesensatz auf die andere Seite des Korrals.
    Lächelnd setzte Morgan sich im Sattel auf, um das Schauspiel zu genießen.
    Der Mustang war ein drahtiger kleiner Hengst mit Sprungfedern in den Füßen. Er sprang mit allen vieren gleichzeitig in die Luft, brach wild nach rechts und nach links aus, machte einen Buckel und wand und drehte sein Hinterteil wie ein Fisch in dem Versuch, seinen Reiter abzuwerfen.
    Hunter ritt ihn wie eine Katze, ohne sich mehr als unbedingt nötig zu bewegen und ohne jemals Luft zwischen sich und den Sattel kommen zu lassen. Er benutzte die Sporen nicht als Mittel der Bestrafung, sondern um das Beste aus dem Tier herauszuholen.
    Nach ein paar Minuten hörte der Mustang zu bocken auf, schnaubte hart und drehte den Kopf herum, um den seltsamen Auswuchs auf seinem Rücken zu betrachten.
    Hunter sprach mit leiser, beruhigender Stimme auf das Pferd ein, während er seinen Hals streichelte. Dann stieg er mit einem geschmeidigen Schwung ab, wobei er sorgsam darauf achtete, niemals die Balance in den Steigbügeln zu verlieren.
    Seine Stiefel hatten noch kaum den Boden berührt, als er auch schon nach dem Zaumzeug griff, den Kopf des Pferdes hochzog und sich erneut in den Sattel schwang.
    Der Hengst schnaubte, tänzelte seitwärts, bockte halbherzig und blieb dann still stehen.
    Zum ersten Mal fiel Elyssa auf, daß auf der Flanke des Mustangs ein neues Ladder-S-Brandzeichen prangte. Das gleiche galt für jeden anderen Mustang im Korral.
    Hunter saß ab.
    »In Ordnung, hol den nächsten«, rief er Reed zu.
    Das Pferd war offiziell »green-broke«, was bedeutete, daß ein erfahrener Reiter einigermaßen sicher aufsteigen konnte, ohne die Hilfe eines anderen Mannes zu benötigen.
    »Verdammt, aber wie der Boß mit einem wilden Mustang umgeht, das ist wirklich ein Anblick, den man nicht so schnell ver-gißt«, sagte Morgan grinsend. »Hab’ bisher nur einen gesehen, der besser war.«
    »Besser als Hunter?« fragte Elyssa. »Das bezweifle ich.«
    »Fragen Sie Hunter. Er wird Ihnen bestätigen, daß sein Bruder eine noch geschicktere Hand mit wilden Pferden hat.«
    Sein Lasso wurfbereit in der Hand, ritt Reed langsam auf die Mustangs zu, die am anderen Ende des Korrals durcheinanderliefen. Es gab einen kleinen Aufruhr, ein aufgeregtes Schnauben und Scheuen und Zur-Seite-Ausbrechen, aber es nützte nichts. Schon wirbelte die Lassoschlinge durch die Luft und legte sich um den Hals des nächsten Kandidaten.
    Reed schlang sein Ende des Lassos um das Sattelhorn und zog das widerstrebende Roß zum Sattelplatz.
    Ohne Elyssa anzusehen oder ihre Anwesenheit auch nur zur Kenntnis zu nehmen, nahm Hunter dem ersten Mustang Sattel und Zaumzeug ab und eilte zum Sattelplatz hinüber.
    »Hunter«, rief Elyssa. »Ich muß dich dringend sprechen.«
    »Später«, winkte er ab. »Im Moment bin ich