Feuerklingen (First Law - Band 2)
geben kannst, weder ihm noch sonst jemandem. Es war eine Schlacht. Da sterben Menschen. Dreibaum wusste das, besser als alle anderen.«
»Wir hätten irgendwo anders sein können«, grollte Dow.
»Hätten wir«, sagte Hundsmann, »aber das waren wir nicht, das ist nun mal so. Man kann es nicht mehr ändern, oder? Dreibaum ist tot, das Mädchen ist tot, und das ist für alle schwer genug. Da musst du die Last nicht noch schwerer machen.«
Dow ballte die Fäuste und holte tief Luft, als ob er laut brüllen wollte. Dann stieß er die Luft wieder aus, ließ die Schultern hängen und senkte den Kopf. »Hast recht. Jetzt kann man nichts mehr ändern.«
Hundsmann berührte Pike am Arm. »Willst du für sie sprechen?« Der Brandnarbige sah ihn an und schüttelte dann den Kopf. Er war keiner, der viel redete, nahm der Hundsmann an, und das konnte er ihm nicht verübeln. Es sah auch nicht so aus, als ob West etwas sagen wollte, also räusperte sich der Hundsmann, spürte den scharfen Schmerz in seinen Rippen, und versuchte es selbst. Irgendjemand musste es ja tun.
»Die Frau, die wir hier begraben, hieß Cathil. Kann nicht behaupten, dass ich sie besonders lang gekannt hätte oder so, aber das, was ich von ihr kennen lernte, mochte ich … falls das eine Rolle spielt. Wahrscheinlich keine. Keine große. Aber sie hatte Mumm in den Knochen, das haben wir auf dem Weg nach Norden wohl alle gesehen. Hat die Kälte und den Hunger und alles andere ertragen und sich nie beklagt. Ich wünschte, ich hätte sie besser gekannt. Ich hätte es gehofft, aber, na ja, es ist ja oft so, dass man nicht das bekommt, worauf man hofft. Sie war eigentlich keine von uns, aber sie starb mit uns, und deswegen denke ich, können wir stolz sein, dass sie neben den unseren in der Erde liegt.«
»Joh«, sagte Dow. »Wir können stolz sein.«
»Das stimmt«, sagte Tul. »Die Erde nimmt sie alle gleichermaßen auf.«
Hundsmann nickte, atmete in zitternden Stößen ein und wieder aus. »Möchte jemand für Dreibaum sprechen?«
Dow sah schnell auf seine Stiefel und bewegte verlegen die Füße. Tul sah zum Himmel empor und machte den Eindruck, als hätte er ein bisschen Feuchtigkeit in den Augenwinkeln. Hundsmann selbst stand ebenfalls kurz davor, in Tränen auszubrechen. Wenn er auch nur noch ein Wort sprach, würde er losheulen wie ein Kind, das war ihm klar. Dreibaum hätte gewusst, was hier zu sagen war, aber das war ja das Problem, er war nicht mehr da. Dann trat Grimm einen Schritt vor.
»Rudd Dreibaum«, sagte er und sah in die Runde. »Den Fels von Uffrith nannten sie ihn. Keinen größeren Namen gab es im ganzen Norden. Ein großer Kämpfer. Ein großer Anführer. Ein großer Freund. Hat sein Leben lang Schlachten geschlagen. Stand dem Blutigen Neuner erst von Angesicht zu Angesicht gegenüber, später dann Schulter an Schulter neben ihm. Wählte nie den leichten Weg, wenn er glaubte, dass es der falsche war. Ging nie einem Kampf aus dem Weg, wenn er glaubte, dass er nötig war. Ich stand ihm bei, ich ging mit ihm, ich kämpfte mit ihm, zehn Jahre lang, überall im Norden.« Ein Lächeln zog über sein Gesicht. »Ich kann mich nicht beklagen.«
»Gute Worte, Grimm«, sagte Dow und sah auf die kalte Erde. »Gute Worte.«
»So einen wie Dreibaum gibt es nicht wieder«, murmelte Tul, der sich das Auge rieb, als hätte er etwas hineinbekommen.
»Joh«, sagte der Hundsmann. Mehr brachte er nicht heraus.
West wandte sich ab und ging durch die Bäume davon, die Schultern angespannt, ohne ein Wort zu sagen. Hundsmann sah, wie seine Kiefermuskeln arbeiteten. Er gab sich wahrscheinlich selbst die Schuld. Das machten viele Menschen, wenn jemand starb, jedenfalls nach Hundsmanns Erfahrung, und West schien einer von denen zu sein. Pike folgte ihm, und die beiden begegneten Espe, der ihnen gerade entgegenkam.
Espe blieb vor den Gräbern stehen, sah finster auf sie herab, und das Haar hing ihm ins Gesicht. Dann blickte er die Nordmänner an. »Ich will jetzt nicht den nötigen Respekt vermissen lassen. Überhaupt nicht. Aber wir brauchen einen neuen Häuptling.«
»Wir haben gerade erst die Erde über ihm geschlossen«, zischte Dow mit bösem Blick.
Espe hob die Hände. »Dann ist doch die beste Zeit, sich darüber zu unterhalten, würde ich sagen. Dann gibt es kein Durcheinander. Meine Jungs sind ein bisschen nervös, wenn ich ehrlich bin. Sie haben Freunde verloren, und sie haben Dreibaum verloren und brauchen jemanden, zu dem sie aufsehen können.
Weitere Kostenlose Bücher