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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Reihe abgebrochener Zähne.
    »Was war das für eine Stadt?«, fragte Luthar.
    »Es war keine Stadt«, antwortete Bayaz. »Während der Blüte der Alten Zeit, als die Kaiser ihre größte Macht besaßen, war dies hier der Winterpalast.«
    »Das alles?« Logen betrachtete das ausgedehnte Wrack mit zusammengekniffenen Augen. »Das Haus eines einzigen Mannes?«
    »Das er noch nicht einmal das ganze Jahr über bewohnte. Die meiste Zeit residierte der Hof in Aulcus. Im Winter, wenn der kalte Schnee von den Bergen herunterkam, brachte der Kaiser sein Gefolge hierher. Ein Heer aus Wachleuten, Dienern, Köchen, Beamten, Fürsten, Kindern und Frauen machte sich, bevor die kalten Wind kamen, auf den Weg über die Ebene und lebte für drei kurze Monate hier in den widerhallenden Sälen, den wunderschönen Gärten und den goldverzierten Kammern.« Bayaz schüttelte den kahlen Kopf. »In lange vergangener Zeit, vor dem Krieg, glitzerte dieser Ort wie das Meer im Sonnenuntergang.«
    Luthar schniefte. »Dann hat wohl Glustrod diesen Palast zerstört, nehme ich an?«
    »Nein. Das geschah nicht in diesem ersten Krieg, sondern in einem anderen, viele Jahre später. Ein Krieg, den mein Orden nach Juvens’ Tod gegen seinen ältesten Bruder führte.«
    »Gegen Kanedias«, murmelte Quai, »den Meisterschöpfer.«
    »Ein Krieg, der ebenso bitter, ebenso brutal und gnadenlos geführt wurde wie der vorige. Und die Verluste waren noch größer. Juvens und Kanedias fielen schließlich beide.«
    »Das war keine glückliche Familie«, brummte Logen.
    »Nein.« Bayaz sah auf die mächtige Trümmerlandschaft. »Mit dem Tod des Schöpfers, dem letzten der vier Söhne des Euz, endete die Alte Zeit. Uns bleiben nur noch die Ruinen, die Grüfte, die Mythen. Kleine Männer knien in den langen Schatten der Vergangenheit.«
    Ferro erhob sich in den Steigbügeln. »Da sind Reiter«, bellte sie und sah zum Horizont. »Vierzig oder vielleicht mehr.«
    »Wo?«, fragte Bayaz kurz und beschattete die Augen. »Ich sehe nichts.« Logen ging es ebenso. Nur das wogende Gras und die sich auftürmenden Wolken.
    Langfuß runzelte die Stirn. »Ich sehe keine Reiter, und ich bin mit äußerstem Scharfblick gesegnet. Man hat mir sogar oft gesagt, dass …«
    »Willst du jetzt warten, bis du sie auch siehst«, zischte Ferro, »oder willst du runter von der Straße, bevor sie uns entdecken?«
    »Wir verstecken uns in den Ruinen«, befahl Bayaz kurz angebunden. »Und dann warten wir, bis sie vorbeiziehen. Malacus! Wendet den Wagen!«
    Der zerstörte Winterpalast war voller Schatten, voller Stille und Verfall. Die übergroßen Ruinen ragten überall um sie herum empor, mit altem Efeu und nassem Moos überwachsen, streifig und von Vogel- und Fledermausdreck überzogen. Die Tiere hatten diesen Palast erobert. Vögel sangen von vielen Tausend Nestern hoch oben im uralten Mauerwerk. Spinnen hatten große, glitzernde Netze in schiefen Türen gewebt, in denen schwer die Tautropfen hingen. Winzige Eidechsen sonnten sich in den Lichtflecken auf den herabgefallenen Steinblöcken und huschten schnell davon, als sich die Reisenden näherten. Das Rattern des Karrens auf dem unebenen Boden, die Schritte und der Hufschlag hallten von den glitschigen Steinen wider. Überall tropfte Wasser, plätscherte dahin und sickerte in verborgene Becken.
    »Halt das mal, Rosig.« Ferro drückte Logen ihr Schwert in die Hände.
    »Wo gehst du hin?«
    »Ihr wartet hier unten und lasst euch nicht blicken.« Sie deutete mit dem Kopf nach oben. »Ich halte von dort nach ihnen Ausschau.«
    Als Junge war Logen aus den Bäumen seines Dorfes gar nicht herauszubekommen gewesen. Als junger Mann hatte er viele Tage auf den Hohen Höhen verbracht und die Berge zu besiegen versucht. Zu Heonan im Winter hatten die Bergmenschen den hohen Pass gehalten. Selbst Bethod war überzeugt gewesen, dass es keine andere Strecke gab, aber Logen hatte einen Weg über die vereisten Felsen gefunden und diese Rechnung beglichen. Aber hier sah er keine Möglichkeit zum Emporklettern. Steile Wände schiefer Steinquader, dick mit toten Ranken überwachsen, zackige, bröckelnde Wände, glitschig vor Moos, schienen sich einander zuzuneigen und umzustürzen, während über ihnen die Wolken dahinstoben.
    »Wie, zur Hölle, willst du da oben hochkommen, du …«
    Doch schon hatte sie eine Säule zur Hälfte erklommen. Eigentlich kletterte sie gar nicht, sondern bewegte sich wie ein Insekt und setzte eine Hand über die andere. Oben

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