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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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willen.«
    »Ich nehme an, was ich wirklich fürchte, ist gar nicht so sehr, daß die Leute über Jillians Tod alles wissen, sondern ihre Begierde, ihr Leben auseinanderzunehmen. Und meines – das gebe ich zu.«
    Quinn rutschte auf seinem Stuhl nach vorn, verschränkte lässig die Beine und bot ihm die Andeutung eines mitfühlenden Lächelns. Sich einnisten. Die Ich-könnte-Ihr-Freund-sein-Masche. »Das ist verständlich. Hat die Presse Sie verfolgt? So wie’s aussieht, kampieren sie vor Ihrer Tür.«
    »Ich verweigere den Umgang mit ihnen. Ich hab meinen Pressesprecher aus Paragon abgezogen, um das in die Hand zu nehmen. Was mich am meisten in Rage versetzt, ist ihre Attitüde, dazu berechtigt zu sein. Weil ich reich bin, weil ich prominent bin, denken sie, sie haben das Recht, in meinen Kummer einzudringen. Aber haben sie ihre Vans vor den Häusern der Eltern der beiden Prostituierten geparkt, die dieser Irre umgebracht hat? Ich kann Ihnen versichern, das haben sie nicht.«
    »Wir leben in einer Gesellschaft, die süchtig nach Sensationen ist«, sagte Quinn. »Manche Personen werden als nachrichtenwürdig eingeschätzt und manche als entbehrlich. Ich bin mir nicht sicher, was schlimmer ist. Ich kann praktisch garantieren, daß die Eltern dieser beiden ersten Opfer zu Hause sitzen und sich fragen, warum die Fernsehvans nicht vor ihren Häusern parken.«
    »Glauben Sie denn, die möchten, daß die Leute erfahren, wie sie als Eltern versagt haben?« fragte Bondurant. Ein schlanker Schatten von Wut verdüsterte seinen Tonfall.
    »Glauben Sie, die möchten, daß die Öffentlichkeit weiß, wie ihre Töchter Huren und Drogensüchtige wurden?«
    Schuld und Schuldzuweisung. Wieviel davon machte seinen eigenen Schmerz aus? fragte sich Quinn.
    »Was diese Zeugin angeht«, sagte er, scheinbar ein bißchen erschüttert von seiner letzten Beinah-Enthüllung.
    »Glauben Sie, sie kann den Killer identifizieren? Sie klingt nicht zuverlässig.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Quinn. Er wußte genau, woher Bondurant diese Information hatte. Kovác würde sein Bestes tun müssen, um dieses Leck zu stopfen, was bedeutete, daß er auf einige sehr empfindliche, einflußreiche Zehen steigen mußte. Die Familie des Opfers hatte das Recht auf gewisse Höflichkeiten, aber diese Ermittlung brauchte ein so eng abgegrenztes Umfeld wie möglich.
    Peter Bondurant durfte kein totaler Zugang gestattet werden. Er war in der Tat noch nicht als möglicher Verdächtiger ausgeschlossen.
    »Also… können wir nur hoffen…« murmelte Bondurant.
    Sein Blick wanderte zu einer Wand mit einer Ansammlung gerahmter Fotografien, viele von ihm selbst mit, wie Quinn annahm, Geschäftsfreunden oder Rivalen oder Würdenträgern. Er entdeckte Bob Brewster in der Menge, dann fand er das, dem sich Bondurant zugewandt hatte; eine kleine Gruppe von Fotos in der linken, unteren Ecke.
    Quinn erhob sich aus dem Stuhl und ging zur Wand, um sie sich genauer anzusehen. Jillian in verschiedenen Stadien ihres Lebens. Er erkannte sie von einem Schnappschuß in der Fallakte. Ein Foto stach ihm besonders ins Auge: eine junge Frau, völlig fehl am Platz in einem spießigen schwarzen Kleid mit einem weißen Peter Pan Kragen und Manschetten. Ihr Haar war knabenhaft geschnitten und fast weiß gebleicht. Ein schockierender Kontrast zum dunklen Haaransatz und den dunklen Brauen. Ein halbes Dutzend Ohrringe verzierte ein Ohr.
    Ein winziger Rubin piercte einen Nasenflügel. Sie sah ihrem Vater überhaupt nicht ähnlich. Ihr Körper, ihr Gesicht, waren weicher, runder. Ihre Augen blickten riesig und traurig, die Kamera hatte die Verletzlichkeit eingefangen, die sie empfand, weil sie nicht der höflichfemininen Kreatur aus jemand anderes Vorstellung entsprach.
    »Ein hübsches Mädchen«, murmelte Quinn automatisch.
    Es spielte keine Rolle, daß es nicht direkt stimmte. Diese Feststellung diente einem anderen Zweck als Schmeichelei. »Sie muß sich Ihnen sehr nahe gefühlt haben, wenn sie aus Europa zurückkam, um hier aufs College zu gehen.«
    »Unsere Beziehung war kompliziert.«
    Bondurant erhob sich aus seinem Stuhl und trat unschlüssig von einem Fuß auf den anderen, als wolle ein Teil von ihm zu den Fotos gehen, aber ein stärkerer Teil ihn zurückhalten. »Wir standen uns sehr nahe, als sie jung war. Dann ließen ihre Mutter und ich uns scheiden; Jillie war damals in einem sehr verletzlichen Alter. Eine schwierige Situation für sie – die Feindseligkeit zwischen Sophie und mir.

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