Feuerprinz
dich«, stellte Elven klar, ohne auch nur eine Spur Unsicherheit erkennen zu lassen. »Du wirst mich am Sonnenwendfest dem König und der Königin von Engil vorstellen.«
Das sollte doch wohl ein schlechter Scherz sein! Unwillkürlich musste Braam laut lachen. Wer wäre ungeeigneter gewesen als er, der bei Tojar und Ilana in Ungnade gefallen war. Er musterte das Gesicht des Fremden und schob sich die fettigen Haarsträhnen aus dem verschwitzten Nacken. Von Bädern und Waschen hielt er nicht mehr viel, seitdem er inmitten des Gestankes der Falbrinder leben musste. Was hätte es genutzt – den Gestank von Falbrindern wurde man durch Waschen nicht los, wenn man so nah mit ihnen zusammenlebte. Die grünen Augen des Fremden wandten nicht ein einziges Mal den Blick von ihm. Das war ungewöhnlich. Braam war es gewohnt, dass die Menschen den Blickkontakt mit ihm mieden, um sich keinen Ärger einzuhandeln. Dieser Elven war anders; er war selbstbewusst und überzeugt von seinen Worten. Braam spürte, wie sich sein Widerstand langsam, aber sicher in Neugierde verwandelte.
Elven ließ nicht locker. »Vielleicht könnte ich auch etwas für dich tun, wenn du mir diesen Dienst erweist.«
»Was sollte jemand wie du schon für mich tun können?«, zischte Braam. »Ich bin in Ungnade gefallen beim Königspaar. Du suchst dir lieber einen anderen … versuch es bei ihrer hübschen, aberglücklosen Tochter, der Hohepriesterin Salas. Gewinnst du ihr Herz, gewinnst du den Thron von Engil.« Braam grinste und entblößte gelbliche Zähne. »Aber Lin lässt keine Kerle zwischen ihre hochwohlgeborenen Schenkel. Sie trauert ihrem Halbgreifen nach.« Braam hatte gehofft, den Fremden aus der Reserve zu locken, doch er hatte sich getäuscht.
Elven sah ihn nur umso entschlossener an. »Das Königspaar, Braam! Stell mich ihnen vor, und ich werde dir im Gegenzug helfen, deinem Leben wieder Sinn zu geben.«
»Was glaubst du eigentlich, wer du bist?«, knurrte Braam drohend.
Elven antwortete ruhig: »Nur ein Fremder, der nach Engil gekommen ist, um auch seinem Leben wieder einen Sinn zu geben.«
Braam wusste kaum, wie ihm geschah, als er schließlich nickte und sagte: »Also gut, Fremder.«
Der Blutkreis
Obwohl Lin nicht mehr daran geglaubt hatte, war alles hervorragend gelungen. Salas Tempel war mit neuen Webmatten in leuchtend bunten Farben ausgestattet worden, die Statue der Göttin gewaschen und gesalbt und dann mit duftenden Blütenkränzen geschmückt worden – leuchtendes Gelb von den herzförmigen Blüten des Sonnenstrauches verband sich mit dem Violett der Seetulpe. Sogar die mittlerweile selten gewordene grüne Orchidee war in Salas Blütenschmuck eingeflochten worden. Alles war bereit für das Sonnenwendfest. Lin klatschte in die Hände und lobte Jevana und die Priesterinnen. »Ich glaube, das ist der schönste Tempelschmuck, den wir je bei einem Sonnenwendfest hatten.«
»Es ist auch ein besonderes Sonnenwendfest«, antwortete Jevana schmunzelnd.
Lins gelöste Stimmung fror fast augenblicklich ein, und sie hatte Mühe, dies vor den anderen zu verbergen. Schnell wandte sie sich ab und tat so, als zupfe sie eine welke Blüte aus dem Blumengebinde der Göttin. Es bereitete ihr mehr Gewissensbisse, als sie geglaubt hatte, mit der Lüge ihrer Schreckensvision zu leben. Lin wusste, dass sie Jevana und den Mädchen die Wahrheit sagen musste – irgendwann. Doch dieser Tag war denkbar schlecht für eine solche Offenbarung.
»Hast du noch Aufgaben für uns?« Jevanas Stimme riss sie aus ihren Grübeleien, und Lin schüttelte schnell den Kopf und rangsich ein fröhliches Lachen ab. »Nur, Sala ein Liebesopfer darzubringen.«
Die Priesterinnen kicherten über den anzüglichen Scherz, mit dem Lin sie ermutigte, sich unter die Feiernden zu mischen und einen Gefährten für die Nacht zu finden. Jevana und sie selber beschlossen, eine Runde über den Festplatz zu schlendern, wo die Musikanten ihre Trommeln und Flöten spielten, Wirte den freien Wein des Palastes an jeden ausschenkten, der seinen Becher hob, und einige Schafe sowie im Isnalwald gefangenes Wild über großen Feuern schmorten. Noch war es hell, die Sonne stand orangerot am Himmel, umgeben von rosa gefärbten bauschigen Wolken – ein friedliches Bild.
Jevana zog Lin zu einem alten Mann, der Blumengebinde für das Haar der Frauen verteilte, und reichte Lin einen Kranz aus duftenden roten Waldblumen. »Die stehen dir wunderbar, und ihr Duft ist sinnlich.« Jevana wählte einen
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