Feuerprinz
geschmückten Tempel Salas blieb Lin wie angewurzelt stehen und konnte keinen Schritt weitergehen. Ihr wurde schwindelig, das Blut begann in ihren Ohren zu rauschen, und sie meinte, rot anzulaufen. Die Tempelstufen waren mit Blütenblättern bestreut worden und die Feuerbecken entzündet. Ilana und Tojar saßen auf zwei bereitgestellten Thronen, umgeben von ihren engsten Vertrauten. Natürlich waren sie nicht alleine an so einem Tag, doch die beiden, die bei ihnen standen, ließen Lins größte Alpträume wahr werden. Braam … und der Fremde – Elven! Sie atmete tief durch und zuckte vor dem hysterischen Lachen einer beleibten Engilianerin zurück, die in ihr Ohr kreischte, während ihr Sonnenwendgefährte lachend Wein in ihren üppigen Ausschnitt goss. Lin fuhr herum und wollte hinter dem Rücken der dicken Frau in der Menge untertauchen. Doch da hatte ihr Vater sie schon entdeckt. »Lin … da bist du ja. Ich möchte dir jemanden vorstellen.«
Feine Schweißperlen liefen ihr den Nacken hinunter. Zu spät!Nun würde alles herauskommen. Langsam wandte sie sich um und ging wie eine Verurteilte auf die Stufen des Tempels zu. Von oberhalb der Treppe blickte das Tribunal ihrer Schuld auf sie herunter; ihr Vater, ihre Mutter und Elven. Braam stand mit Bittermiene im Hintergrund. Gleich würde Elven sie erkennen, und dann würde er rufen: »Du bist die Hohepriesterin von Engil und Tochter des Königspaars? Du hast mich angelogen!«
O Sala
– Lin wollte im Boden versinken. Das alles war ihr furchtbar peinlich.
Doch zu ihrer Überraschung lächelte Elven, als sie die Stufen zum Tempel hinaufging und vor der Gruppe stehen blieb. Braam würdigte sie wie erwartet keines Blickes.
Ihr Vater erhob sich von seinem Thron und küsste Lin auf die Stirn. »Das ist Elven … er möchte sich in Engil niederlassen und uns begrüßen.«
Noch immer gab Elven keinen Anschein, dass er sie verraten wollte. »
Belis nani
, Lin, Tochter von Engil«, sagte er stattdessen den förmlichen Gruß auf, den Lin erwidern musste.
»
Belis nani
, Elven, Sohn von …«, sie stockte, und er lächelte entschuldigend. » … Sohn der Wälder wäre wohl treffend. Ich bin viel gereist, habe als Wanderschmied und Waffenschmied gearbeitet. Doch wer braucht in diesen friedlichen Zeiten noch einen Waffenschmied?«
Tojar und Ilana sahen sich glücklich an. Ilanas Augenfalten waren etwas tiefer geworden in den letzten Jahresumläufen, und Tojars Haar war fast weiß. Er war viele Jahresumläufe älter als Ilana, und Lin wusste, dass er sich insgeheim fragte, wie lange er noch die Kraft zum regieren hätte. »Nun, Elven …«, antwortete er gut gelaunt, » … einen Schmied kann man immer brauchen in Engil … wenn auch nicht für Waffen, dann für die Pflüge und Sicheln der Bauern.«
Braam stand deutlich außerhalb dieses Gesprächs, noch immernicht erwünscht, obwohl er es gewesen sein musste, der Elven ihren Eltern vorgestellt hatte. Aber warum musste Elven von allen Menschen in Engil ausgerechnet auf Braam treffen? Eine unangenehme Stille stellte sich zwischen ihnen ein, und Lin sah zu Boden. Ihr Vater war es, der das Schweigen brach. »Lin, warum führst du Elven nicht etwas herum und erklärst ihm unsere Bräuche?«
»Ich … nun …« Sie erkannte Hoffnung in den Augen ihres Vaters, die ihr sofort wie ein Stein im Magen lag. Ein Verkupplungsversuch an Salas Fest der Liebe – offensichtlich hoffte auch er auf ein Wunder zu Salas Sonnenwendfeier. Ihre Mutter stimmte ihm begeistert zu. »Das wäre wirklich schön, Lin.«
Was sollte sie tun? Ihr wurde klar, dass sie sich einem Gespräch stellen musste, und nickte schließlich, während Tojar Braam mit einer Handbewegung zu verstehen gab, dass er sich entfernen durfte. Obwohl sie sein Gesicht nicht sah, als er davonstampfte, war ihr klar, dass er innerlich brodeln musste vor Zorn. Lin wäre am liebsten davongelaufen und hätte sich versteckt.
Elven ließ ihr jedoch keine Zeit zum Nachdenken und schob sie die Stufen des Tempels hinunter – hinein in die taumelnde Menge schwitzender Leiber. Seine Hand lag auf ihrem Rücken – sie war warm … nein, sie glühte fast auf ihrer Haut. Es war ein unangenehmes Gefühl. Lin war davon überzeugt, dass ein flammend roter Abdruck auf ihrem Rücken zurückbleiben würde, wenn Elven seine Hand fortnahm.
Eine Weile schoben sie sich schweigend durch den Tumult, bis sie den Tempelvorhof überquert hatten und die Menge der Feiernden überschaubar wurde. Lin ging
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