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Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Feuerregen (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Bus stehen. Der Wachmann vorne an der Tür stand auf, nahm seinen Revolver aus dem Holster und legte ihn aufs Armaturenbrett. Er schloss die Maschendrahttür auf, die zum Gang nach hinten führte.
    Der Wachmann stand kurz vor der Pensionierung, war kurzatmig, hatte ein hochrotes Gesicht und einen Bauch, der wie ein Sack Körner über seinen Gürtel hing. Er legte Stump die Hand auf die Schulter.
    »Halt durch, mein Junge. Wir holen die Sanitäter her. Die pumpen dir den Magen aus«, sagte er.
    Dann war Jessie mit einem Mal auf den Beinen, drückte dem Wachmann die mit Klebeband umwickelte Klinge an die Kehle.
    »Wenn du ans Funkgerät gehst, schlitz ich ihm die Schlagader auf«, sagte er zu dem Fahrer, der noch jung war, erst seit zwei Jahren im Dienst, und dem mit einem Mal klar wurde, wie hoch der Preis war, wenn man die Männer unterschätzte, die er Tag für Tag von einer Anstalt zu anderen beförderte.
    Jessie stieß den älteren Wachmann den Gang entlang, durch die Maschendrahttür und schnappte sich den Revolver, der auf dem Armaturenbrett lag. Er richtete ihn auf den Kopf des Fahrers und zog dessen Waffe aus dem Holster.
    »Fahr die Seitenstraße zu den Kiefern da runter«, sagte er.
    Der Bus holperte einen Feldweg entlang, in den Schatten der Bäume und an einem Teich vorbei, der grün vor Algen war und von Wasserinsekten und Libellen wimmelte. Jessie griff am Lenkrad vorbei und drehte den Zündschlüssel um.
    »Ihr zwei steigt aus«, sagte er.
    »Was hast du vor, Jessie?«, sagte der Fahrer.
    »Manchmal hat man die Schnauze einfach gestrichen voll«, erwiderte er.
    »Die Leute in der staatlichen Klinik stellen dir bestimmt einen Jagdschein aus. Du wirst nicht mehr eingesperrt«, sagte der ältere Wachmann.
    »Die verpassen mir Elektroschocks. Ich hab den Gummischlauch durchgebissen, den sie mir in den Mund gestopft haben. Heiland, das mach ich nicht mehr mit«, sagte Jessie.
    Er trieb die beiden Wachmänner hinaus, schubste sie zu dem Teich, der grünlich gelb in der Sonne schillerte. Die anderen Häftlinge starrten aus den Busfenstern, aber manch einer wandte sich bereits ab, als würde er gezwungen, einen Film anzuschauen, den er nicht sehen wollte.
    »Schaut einfach in die andere Richtung und kniet euch hin. Schaut aufs Wasser. Dort wimmelt’s von Fröschen. Die hüpfen überall rum. Seht ihr?«, sagte Jessie zu den Wachmännern.
    »Mein Gehalt ist alles, was meine alte Frau hat. Du bist doch bestimmt auch mal zur Kirche gegangen, mein Junge. Ihr Burschen seid doch nicht durch und durch schlecht«, sagte der ältere Wachmann. Dann verschlug es ihm die Sprache, und er rang keuchend um Luft.
    »Ich bin nicht bloß zur Kirche gegangen. Mein Daddy war sogar Prediger. Er hat mich mit Zigaretten verbrannt und ist in ’nem Motelzimmer am Glasauge von ’ner Frau erstickt. Schau dir die Frösche an. Der da drüben ist fett wie ein Football«, sagte Jessie. Er trat von den beiden Wachmännern zurück, öffnete und schloss ein ums andere Mal die Hand, die um die Griffschalen des Revolvers lag, dass die Haut schmatzte, als wäre sie mit Leim bestrichen.
    Dann stand Skyler Doolittle hinter ihm, hatte die Kette mit den herunterhängenden Schellen in einer Hand zusammengerafft.
    »Haben sie dir irgendwas Schlimmes getan?«, fragte Skyler.
    » Die nicht. Aber im Knast haben mich zwei andere mitten in der Nacht zur Bibelstunde nach unten geschafft. Elstern hocken alle im selben Busch«, sagte Jessie.
    »Hast du vor, in dem Sträflingsanzug durch den Wald zu marschieren?«, fragte Skyler.
    »Was?«, sagte Jessie.
    »Zieh ihnen die Uniform aus, und fessle sie. Und tu ihnen ja nichts zuleide«, sagte Skyler.
    »Was hast du denn zu sagen? Hau nicht einfach ab. Hast du mich gehört?« Dann starrte Jessie auf Skylers nackte Haut. »Mann, mit dir haben sie ja das Gleiche gemacht, was?«
    Skyler hatte seinen Overall ausgezogen und war aufs Trittbrett des Busses gestiegen. Sein Körper war voller Striemen, die sich verfärbt hatten wie fauliges Obst. Er griff mit beiden Händen unter das Armaturenbrett, riss das Funkgerät aus der Halterung und warf es draußen auf den Boden wie ein totes Tier.
    »Wie heißen denn die zwei, die dir mitten in der Nacht Bibelstunden gegeben haben?«, sagte er.
    Am nächsten Tag fuhr ich im ersten Morgengrauen hinaus zu Wilbur Picketts Haus. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, und im dunkelblauen Zwielicht verschwammen sämtliche Konturen. Als ich aus dem Auto stieg, nahm ich den schweren,

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