Feuerscherben
wäre es mit folgender Version: Jon und ich fuhren hinauf zum Blockhaus, um es miteinander zu treiben. Aber wir kamen nicht mehr dazu, weil jemand Benzin rund um den Sockel schüttete und das Holzhaus anzündete.«
»Und wie bist du dem Feuer entkommen, Claire?«
»Darüber haben wir schon tausendmal geredet, Hal.«
»Bitte noch einmal. Es ist wichtig.«
Dianna seufzte ergeben. »Ich war im Badezimmer. Plötzlich roch ich den Rauch, sah aus dem Fenster und stellte fest, dass das Haus brannte. Ich kletterte auf die Badewanne, sprang aus dem Fenster und lief nach vorn, um Jon zu retten.«
»Aber du hast ihn nicht gerettet, nicht wahr?«
»Nein«, antwortete sie ausdruckslos. »Die Haustür brannte schon, und ich konnte nicht hinein.«
»Wo wurde Jons Körper gefunden?«
»Das weiß ich nicht. Ich habe keinen Bericht über den Brand gelesen.«
»Du könntest ruhig etwas mehr Gefühl in diese Feststellung legen«, schlug Hal vor. »Im Moment klingt es, als gingen wir die Einkaufsliste für einen Supermarkt durch.«
Ein Schatten glitt über Diannas Gesicht. »Ich ertrage es nicht, etwas über den Brand zu lesen, und ich kann nicht darüber reden, was in jener Nacht geschehen ist.« Ihre Stimme zitterte, und sie wandte sich ab, als wollte sie die Tränen wegblinzeln. »Die Erinnerung an Jon und der Gedanke, dass er nur deshalb sterben musste, weil mich jemand umbringen wollte, tut entsetzlich weh.«
Ihre Gefühle klangen so echt, dass Hal bestürzt aufsah. »He, Dianna, was ist los? Alles in Ordnung?«
Sie sah ihn wieder an, und ihre Augen blitzten vor Spott. »Es war nur gespielt, Hal. War das eher nach deinem Geschmack?« Sie streifte ihre Schuhe ab und setzte sich mit gekreuzten Beinen auf das Bett.
»Das war viel besser«, sagte er und ärgerte sich heimlich darüber, wie mühelos Dianna von einer Stimmung in eine andere wechseln konnte.
Sie gähnte herzhaft. »Gut. Dann lass uns jetzt eine Pizza bestellen. Ich bin halb verhungert.«
»Warte! Wir dürfen noch nicht aufhören. Du musst erklären können, weshalb du weggelaufen bist und was du die letzten sieben Jahre gemacht hast.«
»Ich werde die Wahrheit sagen. Die Wahrheit und nichts als die reine Wahrheit. Falls Andrew Campbell eine ganze Armee von Detektiven beauftragt, um meine Angaben zu überprüfen, wird er alles bestätigt bekommen.«
Die meisten Hochstaplerinnen, die bisher versucht hatten, an Claires Millionen zu kommen, hatten sich selbst eine Falle gestellt und ihre Geschichte an Stellen verschönert, wo es gar nicht nötig gewesen wäre. Hal wusste, dass Dianna so nahe wie möglich bei ihrem eigenen Lebenslauf bleiben musste. Trotzdem brach ihm der kalte Schweiß aus bei der Vorstellung, dass ihre sämtlichen Daten der letzten sieben Jahre nachgeprüft werden könnten.
»Meine Güte, wir kommen niemals damit durch«, murmelte er. »Ich muss verrückt gewesen sein, dass ich so etwas annehmen konnte. Die Familie wird einen DNA-Test verlangen.«
»Und wenn ich es ablehne, mich einem solchen Test zu unterziehen«, warf Dianna ein.
»Dann werden sie den Nachlassrichter auffordern, dich zu solch einem Test zu zwingen, und wir landen beide im Gefängnis.«
»Vielleicht auch nicht. Wie viele so genannte Claire Campbells haben Anspruch auf das Treuhandvermögen erhoben, während du Anwalt bei Campbell Industries warst?«
»Sechs.«
»Und keine von ihnen wurde zu solch einem Bluttest geschickt, nicht wahr?«
Hal schüttelte den Kopf. »Es war offensichtlich, dass es sich um Betrügerinnen handelte. Wir brauchten diese Tests nicht, um sie loszuwerden.«
»Betrachte es einmal von der positiven Seite«, schlug Dianna vor. »Sollten wir tatsächlich gefasst werden, komme ich garantiert länger ins Gefängnis als du.«
Hals Wangen wurden von einer Mischung aus Besorgnis und Wut blass. »Das ist doch wohl ein Scherz, nicht wahr? Meine Güte, es stehen zwanzig Millionen Dollar auf dem Spiel. Trotzdem ist dir der Ausgang im Grunde egal.«
»Im Gegenteil. Die Sache ist mir sehr wichtig«, antwortete Dianna. »Wichtiger, als du ahnst.«
Dianna war nervöser, als sie zugeben mochte. Die Luftfeuchtigkeit war trotz der frühen Morgenstunde schon ziemlich hoch, und der Kragen ihres hellen Leinenkostüms wurde langsam feucht. Bis sie Hal auf einer Party kennengelernt hatte, hatte sie den ganzen Tag in ihrem Atelier in Boston gearbeitet und meistens weite lange Hosen und Baumwollblusen getragen. Doch Hal hatte darauf bestanden, dass sie ein
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