Feuersteine
ein Kampf, mit ihm zusammen zu sein und ich war unendlich froh, dass es vorüber war, als ich endlich schwanger wurde.“
Aischa verstand und ihr Griff wurde fester. Sie kam sich schäbig vor, doch sie spürte Lilys Erleichterung gleich ihrer eigenen. Was für ein Leben: eingepfercht, gefangen, sich selbst verleugnend. Sie konnte Lily verstehen, oh, sie begriff so gut, sie empfand mit ihr. Zärtlich küsste sie ihre Handfläche. Lily sog leise die Luft ein, ihre Hand legte sich weich, zaghaft an Aischas Wange. Der Hauch einer Berührung.
„Alles im Leben erfüllt seinen Zweck“, flüsterte Lily. „Wir erkennen ihn nicht sofort, aber ich weiß es. Ich habe viel darüber gelesen, die Verbundenheit mit der Erde, die Melodie der Steine. Spinnereien, Exzentrik; sie haben es abgetan und mich damit gewähren lassen. Ich habe alles hier gefunden. Jeder Stein, der zu mir findet, ist etwas Besonderes, hat eine Bestimmung. Ich forme sie, gebe ihnen ihre Gestalt und schicke sie auf die Reise. Ich lebe hier, jetzt und ich bin … glücklich. Ich möchte niemals in dieses Leben zurück. Nie wieder etwas sein, was ich nicht bin.“
Ihre Finger tasteten sich in Aischas Haare vor, berührten die schwarzen Locken nahezu ehrfürchtig. „Du bist so wunderschön. Ich hatte immer gehofft, dich wiederzusehen“, raunte sie mit erstickter Stimme. „Ich habe der Kraft des Steins vertraut und doch waren da immer diese Zweifel. Ich will nicht länger zweifeln müssen.“
Aischa schluckte hart. Die Finger strichen über ihre Kopfhaut, sandten ein Gefühl von Wärme durch jede Haarwurzel über ihr Rückgrat.
Zweifel? Sie hatte davon genug, spürte sie auch jetzt in ihr nagen. Dies war mehr, als die Frauen in den Clubs. Es konnte mehr werden. Sie waren so verschieden, ihre Welten so weit voneinander entfernt. Und diese Welt war verlockend, dieses Leben war verführerisch, fernab ihrer Welt. Die schlafende Sehnsucht wurde genährt, erstarkte und weckte unmögliche Wünsche nach dieser Ruhe. Lilys Welt, dieser beschauliche Ort waren etwas, das sie jetzt schon nicht mehr missen mochte.
Hatte der Stein mit seinem inneren Feuer etwas damit zu tun? Aischa verstand nicht genug davon, wagte hingegen nicht, Lilys Glauben an die Kraft der Steine abzutun. Sie hatte es ja ebenfalls gefühlt. Es mochte Dinge geben, die sich dem rationalen Verstand entzogen. An diesem Ort erschien es ihr zumindest möglich.
Aischa drückte sich gegen Lilys Hand, schloss die Augen und überließ sich den vorsichtig forschenden Fingern, die sich über ihre Stirn zu ihrem Gesicht vortasteten. Fingerkuppen wanderten über ihre Lider, strichen über den Nasenrücken und verharrten auf ihren Lippen.
Aischas Atem ging flach, sie wagte kaum, sich zu bewegen, wollte Lily nicht verunsichern. Ein vorsichtiges Erkunden, welches vermuten ließ, dass dies das erste Mal war, dass Lily eine Frau auf diese Weise berührte. Aischa öffnete die Lippen, als der Finger hauchzart darüber fuhr und öffnete die Augen. Der Stein auf ihrer Brust schien sich zu erwärmen, pulsierte mit ihrem Herzschlag. Braun leuchteten Lilys Augen, Unsicherheit und ein verstecktes Verlangen darin.
„Wir sollten ...“, begann sie, sog die Lippen ein. „Ich hatte dir doch versprochen, dass du dich entspannen könntest. Ich habe … ich dachte, ich verwöhne dich ein wenig.“ Ihre Stimme wurde immer leiser. Aischa lächelte, erhob sich und beugte sich zu Lily hinab.
„Das würde ich gerne annehmen. Was hast du geplant?“ Sie legte ihre Hand unter Lilys Kinn, hob es ein wenig an und küsste sie. Lily schloss die Augen, erwiderte den Kuss zaghaft.
„Wollen wir probieren, ob mein Kuchen genießbar ist?“, bot Aischa an. Lily nickte und führte Aischa in eine gemütliche Küche mit einem Fußboden aus Ziegelsteinen. Ein großer Herd dominierte den Raum, unter der Decke trockneten Kräuter. Es duftete nach Thymian und dem fruchtigen Tee, der auf dem kleinen Küchentisch stand.
„Möchtest du?“ Lily holte zwei Tassen aus einer alten Vitrine und Aischa setzte sich und schnitt ihren Kuchen an. Sie war sich nicht sicher, ob er gut gelungen war, doch Lily behauptete es zumindest. Sie sprachen nicht viel, es waren kleine Gesten, flüchtige Berührungen, die mehr aussagten. Aischa erzählte von ihrem Job, von ihrem derzeitigen Projekt. Lily hörte zu, bemerkte jedoch: „Ist es das, was du tun möchtest?“
Aischa sah sie überrascht an und nickte automatisch.
„Es ist ein toller Job. Ich habe gute
Weitere Kostenlose Bücher