Feuertaufe
allerlei Banalitäten und verschießen ab und zu Pfeile.«
»Zweifellos« - Yennefer nickte - »denken alle so. Und sie haben recht.«
Fringilla hatte es nicht eilig. »Umso günstiger wird es für uns unter solchen Bedingungen sein, eine gewisse Frage anzuschneiden, die wichtig und nicht banal ist.«
»An welche Frage denkst du?«
»Die Frage der Flucht, die du planst.«
Yennefer, die gerade die zweite Auster öffnete, hätte sich um ein Haar in den Finger geschnitten. Sie blickte sich verstohlen um, dann betrachtete sie die Nilfgaarderin unter gesenkten Lidern hervor. Fringilla Vigo deutete ein Lächeln an.
»Sei so nett und leih mir das Messer. Für die Auster. Eure Austern sind hervorragend. Bei uns im Süden ist es schwer, solche zu bekommen. Vor allem jetzt, unter den Bedingungen der Kriegsblockade ... Eine Blockade ist etwas sehr Schlechtes. Nicht wahr?«
Yennefer räusperte sich leise.
»Ich habe es bemerkt.« Fringilla schlürfte die Auster aus, griff nach einer zweiten. »Ja, Philippa schaut zu uns herüber. Assire auch. Assire fürchtet sicherlich um meine Loyalität gegenüber der Loge. Eine bedrohte Loyalität. Sie ist bereit zu glauben, ich könnte dem Mitleid erliegen. Hmmm ... Der geliebte Mann massakriert. Das Mädchen, das wie eine Tochter war, entführt, vielleicht gefangen ... Vielleicht droht ihr der Tod? Oder vielleicht nur, dass sie als Karte in einem Falschspiel benutzt wird? Ich gebe dir mein Wort, ich würde das nicht aushalten. Ich würde auf der Stelle fliehen. Bitte, nimm das Messer. Genug von diesen Austern, ich muss auf die Linie achten.«
»Eine Blockade, wie du eben zu bemerken geruhtest«, flüsterte Yennefer und schaute der Nilfgaarder Zauberin in die Augen, »ist etwas sehr Schlechtes. Geradezu Schädliches. Sie erlaubt nicht, zu tun, wozu man Lust hat. Eine Blockade kann man überwinden, wenn man die... Mittel hat. Ich habe sie nicht.«
»Rechnest du damit, dass ich sie dir gebe?« Die Nilfgaarderin betrachtete die raue Schale der Auster, die sie immer noch in der Hand hielt. »Oh, das kommt nicht in Frage. Ich bin der Loge gegenüber loyal, und die Loge möchte natürlich nicht, dass du den geliebten Personen zu Hilfe eilst. Außerdem bin ich deine Feindin, wie konntest du das vergessen, Yennefer?«
»In der Tat. Wie konnte ich?«
»Eine Freundin«, sagte Fringilla leise, »würde ich warnen, dass sie selbst im Besitz der Komponenten für eine Teleportation nicht imstande sein würde, die Blockade unbemerkt zu durchbrechen. Solch eine Operation braucht Zeit und fällt zu sehr ins Auge. Etwas besser ist ein unauffälliger, natürlicher Attraktor. Ich wiederhole: etwas. Eine Teleportation zu einem improvisierten Attraktor ist, wie du sicherlich weißt, sehr riskant. Wenn sich eine Freundin zu solch einem Risiko entschlösse, dann würde ich ihr abraten. Aber du bist ja keine.«
Fringilla neigte die Schale in ihrer Hand und ließ ein wenig Meerwasser auf die Tischplatte fließen.
»Und damit beenden wir dieses banale Gespräch«, sagte sie. »Die Loge verlangt von uns nur wechselseitige Loyalität. Freundschaft ist zum Glück nicht obligatorisch.«
»Sie hat sich teleportiert«, stellte Francesca Findabair kalt und emotionslos fest, sobald sich die von Yennefers Verschwinden ausgelöste Verwirrung gelegt hatte. »Es lohnt sich nicht, sich zu ereifern, meine Damen, wir können nichts machen. Sie ist zu weit weg. Es war mein Fehler. Ich habe den Verdacht, dass ihr Obsidianstern das Echo der Sprüche überdeckt...«
»Wie hat sie das gemacht, verdammt?«, schrie Philippa. »Das Echo konnte sie unterdrücken, das ist nicht schwer. Aber durch welches Wunder hat sie sich ein Portal geöffnet? Montecalvo hat eine Blockade!«
»Ich habe sie nie leiden können.« Sheala de Tancarville zuckte mit den Schultern. »Ich habe ihre Lebensweise nie gebilligt. Aber ihre Fähigkeiten habe ich nie in Zweifel gezogen.«
»Sie wird alles ausplaudern!«, ereiferte sich Sabrina Glevissig. »Alles über die Loge! Sie fliegt geradewegs zu ...«
»Unsinn«, fiel ihr Triss Merigold energisch ins Wort, den Blick auf Francesca Findabair und Ida Emean gerichtet. »Yennefer wird uns nicht verraten. Sie ist nicht geflohen, um uns zu verraten.«
»Triss hat recht«, pflichtete ihr Margarita Laux-Antille bei. »Ich weiß, warum sie geflohen ist, wen sie retten will. Ich habe die beiden, sie und Ciri, zusammen gesehen. Und ich verstehe alles.«
»Aber ich verstehe gar nichts!«, schrie
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