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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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jemals ein Pferd, das nicht Plötze hieß?«
    »Nein«, antwortete der Hexer nach kurzem Überlegen. »Hatte ich nicht. Treib deinen Pegasus an, Rittersporn. Wir haben einen weiten Weg vor uns.«
    »Und überhaupt...«, knurrte der Dichter. »Nilfgaard ... Wie viele Meilen sind das, was meinst du?«
    »Viele.«
    »Kommen wir vor dem Winter hin?«
    »Lass uns erst einmal nach Verden kommen. Dort erörtern wir... gewisse Fragen.«
    »Was für welche? Du kannst es mir nicht ausreden und wirst mich auch nicht los! Ich werde dich begleiten! So habe ich es beschlossen.«
    »Wir werden sehen. Ich sagte, lass uns erst einmal nach Verden kommen.«
    »Und ist es noch weit? Kennst du diese Gegend?«
    »Ja. Wir sind am Wasserfall Ceann Treise, vor uns liegt ein Ort namens Siebte Meile. Diese kleinen Berge hinter dem Fluss sind die Eulenhöhen.«
    »Und wir reiten nach Süden, flussab? Das Bandwasser mündet irgendwo bei der Festung Bodrog in die Jaruga ...«
    »Wir reiten nach Süden, aber auf dem anderen Ufer. Das Bandwasser macht einen Bogen nach Westen, wir reiten durch die Wälder. Ich will zu einer Stadt, die Drieschot heißt, das Dreieck. Dort treffen die Grenzen von Verden, Brugge und dem Brokilon aufeinander.« »Und von dort aus?«
    »An die Jaruga. Und zur Mündung. Nach Cintra.« »Und dann?«
    »Und dann werden wir sehen. Wenn es überhaupt möglich ist, zwing deinen faulen Pegasus zu einer schnelleren Gangart.«
     
    Der Platzregen erwischte sie beim Übergang, genau in der Mitte des Flusses. Zuerst kam ein gewaltiger Windstoß, der mit Sturmböen an Haaren und Umhängen riss, die Gesichter mit Laub und mit von den Uferbäumen losgerissenen Zweigen peitschte. Mit Rufen und Fersenstößen trieben sie die Pferde an, eilten dem Ufer zu, dass das Wasser schäumte. Da erstarb der Wind plötzlich, und sie erblickten die auf sie zukommende Regenwand. Die Oberfläche des Bandwassers wurde weiß und begann zu brodeln, als werfe jemand vom Himmel Milliarden von Bleikugeln herab.
    Ehe sie das Ufer erreichten, waren sie gründlich durchnässt. Eilig suchten sie im Walde Schutz. Die Baumkronen bildeten über ihren Köpfen ein dichtes grünes Dach, doch vor einem solchen Wolkenbruch konnte sie dieses Dach nicht bewahren. Der Regen riss Blätter ab oder bog sie nach unten, binnen kurzem goss es im Wald fast ebenso wie auf freiem Felde.
    Sie wickelten sich in ihre Umhänge, streiften die Kapuzen über. Zwischen den Bäumen herrschte nun Dunkelheit, nur von den immer häufigeren Blitzen durchbrochen. Alle naselang donnerte es, anhaltend und mit ohrenbetäubendem Dröhnen. Plötze scheute, stampfte und tänzelte. Pegasus wahrte unerschütterliche Ruhe.
    »Geralt!«, schrie Rittersporn und versuchte, den nächsten Donner zu übertönen, der wie ein riesiger Wagen durch den Wald rollte. »Lass uns anhalten! Uns irgendwo unterstellen!«
    »Wo?«, schrie Geralt zurück. »Reit weiter!« Und sie ritten weiter.
    Nach einer gewissen Zeit ließ der Regen merklich nach, wieder rauschte der Wind in den Baumkronen, die Donnerschläge hämmerten nicht mehr auf die Ohren ein. Sie kamen auf einen Pfad inmitten von Erlendickicht. Dann auf eine Lichtung. Auf der Lichtung wuchs eine mächtige Buche, unter ihren Ästen, auf dem dicken und ausgedehnten Teppich aus vergilbten Blättern und Bucheckern stand ein mit zwei Maultieren bespannter Wagen. Auf dem Bock saß der Kutscher und zielte mit einer Armbrust auf sie. Geralt fluchte. Der Donner übertönte den Fluch.
    »Nimm die Armbrust herunter, Kolda«, sagte ein untersetzter Mann mit einem Strohhut, während er sich von dem Buchenstamm abwandte, auf einem Bein hüpfte und sich die Hose zuknöpfte. »Das sind nicht die, auf die wir warten. Aber es sind Kunden. Mach den Kunden keine Angst. Wir haben wenig Zeit, aber für ein bisschen Handel reicht es allemal!«
    »Ki d'yeabl...?«, murmelte Rittersporn hinter Geralts Rücken.
    »Kommt näher, ihr Herren Elfen«, rief der Mann mit dem Hut. »Keine Angst, ich bin ein Freund. N'ess a teardh! Va, Seidhe. Ceadmil! Ich bin ein Freund, verstehen der Elf? Wollen wir Handel treiben? Na, kommt hierher, unter die Buche, hier gießt es nicht so auf den Kopf!«
    Geralt wunderte sich nicht über die Verwechslung. Sie waren beide, er und Rittersporn, in graue Elfenumhänge gehüllt. Er selbst trug ein von den Dryaden erhaltenes Wams mit dem bei den Elfen beliebten Blattmotiv, saß auf einem Pferd mit typischer Elfenzäumung und charakteristisch verziertem Halfter.

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