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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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bücken versuchte. Zum Glück verlor er den martialischen Dolch bald irgendwo, und einen neuen bekam er nicht.
    Sie zogen durch die dichten Wälder, die an den Flanken des Turlough wuchsen. Die Wälder wirkten wie ausgestorben, es gab keine Spur von Wild, das offensichtlich von den Truppen und den Flüchtlingen vergrämt worden war. Es gab nichts, worauf man hätte Jagd machen können, doch Hunger drohte ihnen vorerst nicht. Die Zwerge hatten eine Menge Proviant dabei. Als der aber zu Ende ging - und das geschah bald, denn es waren viele Mäuler zu stopfen -, verschwanden Yazon Varda und Munro Bruys, kaum dass es dunkel wurde, und nahmen einen leeren Sack mit. Als sie gegen Morgen zurückkehrten, hatten sie zwei Säcke, beide voll. In einem war Pferdefutter, im anderen fanden sich Graupen, Mehl, getrocknetes Rindfleisch, ein kaum angebrochener Laib Käse und sogar ein riesiger Kindziuk - eine Spezialität in Gestalt eines mit Innereien gefüllten Schweinemagens, der zwischen zwei Brettern in Form eines Blasebalgs gepresst worden war.
    Geralt konnte sich denken, woher die Beute stammte. Er sagte zunächst nichts dazu, sondern wartete auf einen passenden Moment. Als er mit Zoltan allein war, erkundigte er sich höflich, ob er nichts Verwerfliches darin sehe, andere Flüchtlinge zu bestehlen, die doch nicht weniger hungrig als sie selbst seien und ebenso ums Überleben kämpften. Der Zwerg erwiderte mit ernster Miene, ihm sei das eigentlich sehr peinlich, aber so sei nun mal sein Charakter.
    »Mein riesiger Fehler«, erklärte er, »ist meine uneingeschränkte Gutherzigkeit. Ich muss einfach Gutes tun. Ich bin jedoch ein vernünftiger Zwerg und weiß, dass ich außerstande bin, allen Gutes zu erweisen. Wenn ich versuchen würde, gut zu allen zu sein, zu der ganzen Welt und allen darauf lebenden Wesen, wäre das ein Tropfen auf den heißen Stein, mit anderen Worten, vergebliche Mühe. Daher habe ich beschlossen, etwas konkret Gutes zu tun, etwas, das nicht vertan ist. Ich bin gut zu mir selbst und zu meiner unmittelbaren Umgebung.« Geralt stellte weiter keine Fragen.
     
    Bei einem der Biwaks plauderten Geralt und Milva länger mit Zoltan Chivay, dem unverbesserlichen und zwanghaften Altruisten. Was den Verlauf der Kriegshandlungen anging, zeigte sich der Zwerg wohlinformiert. Zumindest machte er den Eindruck.
    »Der Angriff«, erzählte er, während er alle naselang den fluchenden Feldmarschall Duda zum Schweigen brachte, »ging von Drieschot aus, bei Anbruch des siebten Tages nach Lammas. Zusammen mit Nilfgaard marschierte die verbündete Verdener Armee, denn Verden ist, wie ihr wisst, jetzt ein kaiserliches Protektorat. Sie rückten rasch vor, ließen alle Dörfer hinter Drieschot in Flammen aufgehen und fegten die Truppen von Brugge hinweg, die dort in den Vorposten stationiert waren. Gegen die Festung Dillingen aber warf sich über die Jaruga hinweg die Nilfgaarder Schwarze Infanterie. Sie überquerten den Fluss an der Stelle, wo man es am wenigsten erwartet hatte. Sie haben eine Schiffsbrücke gebaut, in einem halben Tag, könnt ihr das glauben?«
    »Wir werden an alles glauben müssen«, murmelte Milva. »Wart ihr in Dillingen, als es losging?«
    »In der Umgebung«, antwortete der Zwerg ausweichend. »Als uns die Nachricht von dem Angriff erreichte, waren wir schon zur Stadt Brugge unterwegs. Auf der Landstraße brach ein schreckliches Tohuwabohu aus, die Straße war schwarz von Flüchtlingen, die einen strömten von Süden nach Norden, die anderen in die Gegenrichtung. Sie verstopften die Straße, und so sind wir entkommen. Aber Nilfgaard war, wie sich zeigte, praktisch sowohl hinter als auch vor uns. Die Truppen, die von Drieschot her gekommen waren, müssen sich geteilt haben. Ich denke, ein großes Reitergeschwader ist in den Nordosten gegangen, zur Stadt Brügge.«
    »Dann sind die Schwarzen schon nördlich vom Turlough. Das heißt, wir sind in der Mitte, zwischen zwei Geschwadern. Im Leeren.«
    »In der Mitte«, gab der Zwerg zu. »Aber nicht im Leeren. Den kaiserlichen Haufen decken Eichhörnchen die Flanken, Freiwillige aus Verden und alle möglichen Freischaren, und die sind noch schlimmer als die Nilfgaarder. Solche waren es, die Kernow niedergebrannt haben und danach um ein Haar uns erwischt hätten, wir haben gerade noch in die Wälder verschwinden können. Jetzt dürfen wir die Nase nicht aus dem Walde herausstecken. Und müssen aufpassen. Wir gehen zur Alten Straße und dann an der Chotla entlang

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