Feuertaufe
Bemerkung abrang, dann höchstens, dass den Pferden jeden Moment das aufgeweichte Horn an den Hufen aufspringen könnte. Daraufhin leckte sich Zoltan Chivay die Lippen, sah sich die Hufe an und erklärte sich zu einem großen Meister in der Zubereitung von Pferdefleisch, womit er Milva zur Weißglut brachte.
Es hatte sich eine ständige Marschordnung eingespielt, deren Zentrum der abwechselnd gezogene Wagen bildete. Vor dem Wagen marschierte Zoltan, neben ihm ritt auf Pegasus Rittersporn, der sich mit dem Papagei zankte. Hinter dem Wagen ritten Geralt und Milva, am Ende trotteten die sechs Frauen aus Kernow.
Pfadfinder war meistens Percival Schuttenbach, der langnasige Gnom. Er stand zwar an Größe und Kraft hinter den Zwergen zurück, war ihnen aber an Ausdauer ebenbürtig und an Wendigkeit weit überlegen. Beim Marsch schlug er immerzu Haken, durchstöberte das Gebüsch, preschte vor und verschwand, worauf er plötzlich wieder auftauchte und mit nervösen, affenartigen Gesten von weitem zu verstehen gab, dass alles in Ordnung und der Weg frei war. Manchmal kam er zurück und erstattete rasch Bericht über Hindernisse auf dem Weg. Jedesmal, wenn er zurückkam, hatte er für die vier auf dem Wagen sitzenden Kinder eine Handvoll Beeren, Nüsse oder irgendwelche sonderbaren, aber offensichtlich schmackhaften Stengel.
Sie kamen schrecklich langsam voran und marschierten drei Tage lang über Waldwege. Sie trafen auch keine Truppen, sahen weder Rauch noch Feuerschein. Dennoch waren sie nicht allein. Der Kundschafter Percival meldete ihnen mehrmals Gruppen von Flüchtlingen, die sich im Walde verborgen hielten. An etlichen solchen Gruppen zogen sie vorbei, und zwar schnell, denn die Mienen der mit Mistgabeln und Wagenrungen bewaffneten Bauern luden nicht zur Kontaktaufnahme ein. Es kam der Vorschlag auf, trotzdem zu versuchen, Verhandlungen aufzunehmen und die Frauen aus Kernow bei einer der Flüchtlingsgruppen zu lassen, aber Zoltan war dagegen, und Milva unterstützte ihn. Die Frauen drängten sich auch keineswegs danach, die Gesellschaft zu verlassen. Das war insofern merkwürdig, als sie sich den Zwergen gegenüber auffällig reserviert verhielten, mit einer furchtsamen Abneigung, kaum mit ihnen sprachen und sich bei jedem Halt abseits hielten.
Geralt schrieb das Verhalten der Frauen der Tragödie zu, die sie vor kurzem durchgemacht hatten, argwöhnte jedoch, dass auch die recht ungezwungenen Manieren der Zwerge zu dem Widerwillen beitrugen. Zoltan und seine Begleiter fluchten ebenso schmutzig und oft wie der Papagei namens Feldmarschall Duda, hatten aber ein reichhaltigeres Repertoire. Sie sangen schweinische Lieder, wobei sie übrigens Rittersporn tatkräftig unterstützte. Sie spuckten, rotzten in die Finger und furzten laut, was für gewöhnlich Anlass zu Gelächter, Witzen und Nachahmung gab. Ins Gebüsch gingen sie nur, wenn sie ein wirklich großes Geschäft zu erledigen hatten, bei kleineren machten sie sich nicht die Mühe, weit zu gehen. Das Letztere brachte schließlich Milva so auf, dass sie Zoltan ordentlich beschimpfte, als der am Morgen auf die noch warme Asche des Lagerfeuers pisste, ohne sich im mindesten um seine Umgebung zu kümmern. Der gescholtene Zoltan blieb ihr nichts schuldig und erklärte, dass sich nur solche Individuen bei derlei Tätigkeiten schamhaft versteckten, die heuchlerisch und perfide seien und zur Denunziation neigten, woran man sie für gewöhnlich auch erkenne. Auf die Bogenschützin machte die wortgewandte Entgegnung jedoch keinerlei Eindruck. Die Zwerge wurden mit einem reichen Bukett von Schimpfworten sowie mit sehr konkreten Drohungen bedacht, die dazu führten, dass alle anfingen, brav ins Gebüsch zu gehen. Um sich jedoch nicht in den Ruf perfider Denunzianten zu bringen, gingen sie in der Gruppe.
Rittersporn hingegen war in der neuen Gesellschaft sofort wie ausgewechselt. Der Dichter war mit den Zwergen ein Herz und eine Seele, zumal als sich erwies, dass einige von ihm gehört hatten und sogar seine Balladen und Couplets kannten. Rittersporn stand hinter Zoltans Gesellschaft in nichts zurück. Er trug eine den Zwergen abgeluchste Steppjacke, das ramponierte Hütchen mit der Feder ersetzte er durch eine kecke Mardermütze. Er hatte einen breiten, messingbeschlagenen Gürtel umgelegt, hinter den er ein als Geschenk erhalte nes Messer von mörderischem Aussehen steckte. Mit diesem Messer stach er sich für gewöhnlich jedesmal in die Leistengegend, wenn er sich zu
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