Feuerwasser
gezeigt. Ich war dort im Urlaub, in Österreich, Nähe Salzburg. Pension Haberl in Altenberg. Schöne Lage, ähnlich wie hier, nur etwas flacher. Die bauen grad einen Golfplatz, da wollt ich mir mal ansehen, wie sie die Bevölkerung von ihrem Projekt überzeugt haben. Wunderbare Felchen übrigens, die sie dort Reinanken nennen, größer als aus dem Thunersee, viel billiger, und keine Veränderungen der inneren Organe. Dazu kredenzen sie einen Grünen Veltiner mit kräftiger Säurebasis, von Bernhard Ott, Fass Nr. 4 . Wir planen eine Zusammenarbeit.«
»Wir kennen allerdings den genauen Todeszeitpunkt in diesem Fall nicht. Aber am Tag, als Sara Reber starb?«, fragte Spring der Vollständigkeit halber. »Am 11. September?«
»Wahlkampf«, brummte Abderhalden, »permanenter Wahlkampf. Die Parteileitung macht mächtig Druck. Ich musste ins Zürcher Unterland reisen und habe bis Samstag dort übernachtet.«
»Schön, wenn man hieb- und stichfeste Alibis hat«, sagte Nicole Himmel.
»Den einen oder anderen Vorteil muss man als Politiker ja auch haben. Und jetzt entschuldigen Sie mich.«
»Eine Frage noch«, sagte Müller. »Sie haben gewusst«, er stellte es als Tatsache hin, »dass Andreas Kohler prähistorische Felszeichnungen gefunden hat?«
Simon Abderhalden stutzte.
»Womöglich das Ende für die Stauseepläne«, fuhr der Detektiv fort. »Wasser auf Ihre Mühlen sozusagen.«
»Wo denn?«, fragte Abderhalden und leckte sich die Lippen.
»Wäre das Wissen darum einen Mord wert?«, fragte Heinrich Müller.
Freitag, 19. September 2008
Am nächsten Morgen traf Heinrich Müller den Störfahnder vor dem alten Waisenhaus, wo bereits ein Polizeiwagen bereit stand. Es führte die beiden wieder in die Berner Voralpen. Ortstermin.
»Für unnütze Helikopterflüge haben wir kein Geld«, hatte der Polizeikommandant gesagt. »Ihr habt zwei gesunde Füße.«
Also fuhr man sie zur Oberen Zettenalp. »Die Alp als Ganzes ist zwar groß, aber steinig und nass und daher wenig milchig«, stellt das Alporama fest.
Ab 1.500 Metern bedeutete dies einen für Müller und Spring beschwerlichen Aufstieg zum Sigriswilgrat. Anderthalb Stunden steil nach oben bis zur Abzweigung Stäpfli/Schafläger 400 Meter höher, wo sie sich erstmal eine Pause gönnten.
»Aussicht gegen Süden suboptimal«, meldete Heinrich, »man erkennt gerade noch den Güggisgrat auf der anderen Talseite.«
»Blick über Emmental und Mittelland hervorragend, allerdings getrübt vom Dunst in der Ferne, sodass der Jura nur noch als Silhouette auftaucht.«
Der Sigriswilgrat selber erschien den nicht sehr geübten Berggängern als extrem schmaler Pfad. Man konnte zwar beide Füße nebeneinander stellen, meist blieb auch ein Meter oder mehr bis zum Abgrund, aber es gab Strecken, da sackte der Weg linkerhand in einer Felsspalte ab, während er sich rechts zum Gipfel hoch türmte. Sie gingen dieselbe Route wie gestern Andreas Kohler, nur in umgekehrter Richtung. Unten verfolgte der Fahrer des Polizeiwagens ihre Besichtigung und gab ein Zeichen, das heißt er winkte wild und unkoordiniert, als Spring und Müller dort angekommen waren, wo die vermutete Absturzstelle lag.
Man erkannte kaum etwas. Es gab zwar Spuren von Wanderschuhen, die aber von einem Tag herrühren mussten, als der Boden feucht gewesen war, also nicht von gestern. Wenn man genau hinschaute, stellte man einen Abdruck in der Erde fest, der auf ein Ausrutschen hindeutete. Auch schienen ein paar Pflanzenstängel geknickt. Das zeigte, dass sich die beiden wohl am richtigen Ort befanden. Eigentliche Kampfspuren fanden sich jedoch keine. Ein paar Meter weiter gab es den Abdruck eines Hufs.
»Schaf, Ziege, Gämse, Steinbock?«, fragte der Störfahnder. »Jedenfalls keine Kuh.«
»Ist mir neu, dass du Spurenleser bist«, flachste Müller. »Aber letztlich nichts Verwertbares.«
Plötzlich hörten sie einen Knall. Zwei von Panik Gejagte rannten den Weg zurück, den sie hergekommen waren, ohne einen Blick auf allfällige Verfolger zu werfen: Der eine ein erfahrener Polizist, der sich für seine haltlose Flucht schämen würde, wenn er noch klar denken könnte. Der andere ein gut erhaltener Detektiv knapp über 50, dem es den Schweiß aus den Schläfen presste.
Nach 300 Metern sprangen sie vom Wanderweg ab und duckten sich hinter einen Felsblock, der auf beiden Seiten noch genügend Fleisch vorstehen ließ für einen gezielten Schuss.
Dann dröhnte ein 30-jähriger Tiger-Kampfjet der Schweizer Armee über
Weitere Kostenlose Bücher