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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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haßte es.

    Ich habe ein Foto von dem Spiel, das am Samstag nach der Swindon-Tragödie stattfand, auswärts bei QPR. George Armstrong rappelt sich gerade hoch, nachdem er das Siegtor zu einem 1:0-Erfolg erzielt hat, und David Court rennt auf ihn zu, seine Arme im Triumph erhoben. Im Hintergrund sieht man Arsenalfans auf der Tribüne, die sich als Silhouette gegen einen Apartmentblock hinter dem Stadion abzeichnen, und sie recken die Fäuste in den Himmel. Ich konnte nichts von dem, was ich auf dem Bild sah, verstehen. Wie konnten sich die Spieler derartig freuen, obwohl sie sich selbst (und natürlich mich) sieben Tage – si eben Tage – vorher dermaßen gedemütigt hatten? Warum sollte ein Fan, der in Wembley so gelitten hatte wie ich gelitten hatte, aufspringen, um ein bedeutungsloses Tor in einem bedeutungslosen Spiel zu bejubeln. Ich starrte oft minutenlang auf das Foto und versuchte irgendwo darin einen Beweis für das Trauma der vorangegangenen Woche zu entdecken, irgendeine Andeutung von Kummer oder von Trauer, doch da war keine. Offenkundig hatte es jeder außer mir vergessen. In meiner ersten Saison als Arsenalfan war ich von meiner Mutter, von meinem Vater, den Spielern und den anderen Anhängern verraten worden.

England!

    England gegen Schottland – Mai 1969

    Obwohl ich immer die Versuchung verspüre, in ein warmes Bad zu springen, das die gelöste Essenz von Kenneth Wolstenholme enthält, weiß ich im Inneren meines Herzens, daß in den späten Sechzigern und den frühen Siebzigern manche Dinge besser und manche Dinge schlechter waren. Die Mannschaft Englands war damals, natürlich, besser: noch immer Weltmeister, vollgepackt mit großen Spielern, und dem Anschein nach imstande, den Weltmeistertitel im folgenden Jahr in Mexico vielleicht verteidigen zu können.
      Ich war stolz auf England, entzückt, daß mein Vater mich mitnahm, um das Team ein wichtiges Spiel im Flutlicht von Wembley bestreiten zu sehen (und so bald nach dem Ligapokalfinale dorthin zurückzukehren war therapeutisch, ein erfolgreicher Exorzismus der Dämonen, die mich sonst jahrelang gequält hätten). Und obwohl es keinen Zweifel gibt, daß Colin Bell, Francis Lee und Bobby Moore besser waren als Geoff Thomas, Dennis Wise und Terry Butcher, war es nicht nur die vergleichsweise hohe Qualität, die es mir ermöglichte, eindeutige Gefühle für jene Englandtruppe zu hegen. Die Zweifel kamen nämlich erst mit zunehmendem Alter, das heißt, daß ich mit sechzehn oder siebzehn alles besser wußte als Englands Trainer.
    Die Fähigkeit zur Kritik ist eine furchtbare Geschichte. Als ich elf war, gab es keine schlechten Filme, nur Filme, die ich nicht sehen wollte, es gab kein schlechtes Essen, nur Rosenkohl und andere Kohlköpfe, und es gab keine schlechten Bücher- alles, was ich las, war toll. Dann wachte ich eines Morgens auf, und alles war anders. Wie konnte meine Schwester überhören, daß David Cassidy nicht die Klasse von Black Sabbath hatte? Warum, um alles in der Welt, dachte mein Englischlehrer, daß THE HISTORY OF MR. POLLY besser sei als Agatha Christies TEN LITTLE INDIANS. Seit diesem Tag ist Genuß ein sehr viel schwerer erreichbarer Zustand geworden.
      Doch 1969 existierte, was mich anbetraf, so etwas wie ein schlechter englischer Nationalspieler nicht. Warum sollte Sir Alf Ramsey jemand aufstellen, der dem Job nicht gewachsen war? Welchen Sinn hätte das? Ich glaubte unbesehen, daß die elf Spieler, die Schottland an jenem Abend zerstörten – je zwei Tore von Hurst und Peters, Colin Stein traf für die Schotten –, die besten im Lande waren. (Sir Alf hatte alle Spieler von Arsenal ignoriert, was einfach nur bestätigte, daß er wußte, was er tat.) Und überhaupt bedeutete das Fehlen von Liveübertragungen im Fernsehen, daß wir oft gar nicht wußten, wer etwas taugte und wer nicht, denn in den Ausschnitten sah man allenfalls, wie gute Spieler Tore erzielten und eben nicht, wie schlechte Spieler die Tore verfehlten.
      Anfang der siebziger Jahre war ich ein echter Engländer geworden – sprich, ich haßte das englische Team genauso sehr wie anscheinend die Hälfte meiner Landsleute. Ich war durch die Ignoranz, die Furcht und die Vorurteile des Trainers entfremdet und überzeugt, daß meine eigene Auswahl jedes Team der Welt vernichten würde – und ich hatte eine tiefe Abneigung gegen Spieler von Tottenham, Leeds, Liverpool und Manchester United. Ich fing an, mich zu winden, wenn ich Englandspiele im

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