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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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die ganze Zeit nervös, oft mit gutem Grund. Willkürlich brachen im Verlauf des Nachmittags Kämpfe aus, denen die gleiche Art von Gebrüll vorausging, das sich bei einem Torerfolg erhebt. Aber die Tatsache, daß das Gebrüll erklang, wenn das Spiel nicht mal in der Nähe eines der Tore ablief, war extrem irreführend. Ich habe Spieler sich umschauen sehen, verblüfft, daß ihre Bemühungen einzuwerfen mit einer derartigen stimmlichen Begeisterung aufgenommen wurden.
    Der Nachmittag in Derby war schlimmer als die meisten anderen. Es hatte vor dem Spiel Ärger gegeben und in sporadischen Intervallen in seinem Verlauf, und obwohl ich mich weit unten auf den Stehrängen befand, verborgen zwischen kleineren Kindern und ihren Vätern, hatte ich Angst – so starke Angst, daß ich in der Tat gemischte Gefühle hinsichtlich eines Arsenalsieges hatte. Ein Unentschieden wäre genau richtig gewesen, aber ich konnte auch mit einer Niederlage und einem Ausscheiden aus dem Pokal leben, wenn das bedeutete, daß ich zurück zum Bahnhof von Derby gelangen würde, ohne daß meinem Kopf irgendwelche Widrigkeiten zustießen. In solchen Momenten haben die Spieler mehr Verantwortung, als sie jemals erkennen oder verstehen können – und jemand wie Charlie George tat sich besonders schwer, etwas davon wahrzunehmen.
    Charlie George ist eines der wenigen Denkmäler der Siebziger, dem es bis heute gelungen ist, nicht demontiert zu werden, vielleicht, weil er auf den ersten Blick eines der Abziehbilder der langhaarigen, launischen George-Best-, Rodney-Marsh- oder Stan-Bowles-Tunichtgute zu sein scheint, die es vor zwanzig Jahren fast wie Sand am Meer gab. Es ist wahr, daß er ebenso unerhört begabt war wie die Besten dieses Schlages und daß diese Gaben seine Karriere hindurch auf erschreckende Weise nicht voll ausgeschöpft wurden (er spielte nur bei zwei oder drei Anlässen für England und konnte sich gegen Ende seiner Zeit bei Arsenal nicht mal einen Platz in der ersten Mannschaft erkämpfen). All das und mehr – sein Temperament, seine Probleme mit Trainern, die glühende Hingabe, die er bei jüngeren Fans und Frauen erregte – war ganz normal und alltäglich in einer Zeit, als der Fußball der Popmusik sowohl in seiner Darbietung als auch in der Form, wie er konsumiert wurde, zu ähneln begann.
    Charlie George wich von der Norm des Rebellen in zwei Beziehungen etwas ab. Erstens hatte er seine Teenagerjahre tatsächlich auf den Stehrängen des Clubs zugebracht, für den er später spielte, und obwohl das an sich nicht ungewöhnlich ist – ein Haufen Spieler von Liverpool und Newcastle waren Fans dieser Clubs, als sie jung waren –, ist George einer der wenigen genialen Außenseiter, die direkt über die Spielfeldrandumzäunung in Vereinstrikot und -hose gehüpft sind. Best war Ire, Bowles und Marsh waren Wandervögel … George war nicht nur Arsenals Eigengewächs, herangezogen auf der Nordtribüne und in der Jugendmannschaft, sondern sah aus und benahm sich, als ob der einfachste Weg, einem Rausschmiß aus dem Stadion zu entgehen, darin bestand, als Spieler auf dem Platz herumzurennen. Körperlich erfüllte er nicht das Klischee, er war kraftvoll gebaut, über einen Meter dreiundachtzig groß, zu groß, um George Best zu sein. An meinem Geburtstag 1971, kurz vor seinem Tor gegen Newcastle, plagte ihn einer seiner häufigen Wutausbrüche, und er packte einen ruppigen NewcastleVerteidiger am Hals und hob ihn hoch. Das war nicht die Gereiztheit eines Außenseiters, das war die Drohgebärde eines harten Hundes, und die Schlägertypen auf den Stehrängen hatten niemals einen überzeugenderen Vertreter.
      Tja, und zweitens war er kein Medienrebell. Er konnte keine Interviews geben (seine Unfähigkeit sich auszudrücken war legendär und ungekünstelt), und seine langen Schnittlauchhaare blieben bis zu dem Zeitpunkt in den Mittsiebzigern, an dem er sich unklugerweise für eine vollkommen teuflische, brodelnde Dauerwelle entschied, schmucklos und ohne Stufen. Als er das erste Mal in der Mannschaft spielte, zu Beginn der Saison 69/70, sah es verdächtig danach aus, als versuche er einen Kurzhaarschnitt herauswachsen zu lassen. Zudem schien er nicht daran interessiert zu sein, sich mit einem Haufen Frauen einzulassen – Susan Farge, seine Verlobte, an deren Namen ich mich noch erinnere, dominiert die meisten Fotos, die nicht auf dem Feld aufgenommen wurden, in einschüchternder Weise. Er war ein großer Star, und die Medien waren

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