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Fey 06: Die Erben der Macht

Fey 06: Die Erben der Macht

Titel: Fey 06: Die Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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hatten.«
    Als er die Berge erwähnte, schlich sich ein leises Zittern in seine Stimme. Rugad konnte es ihm nicht verübeln. Der Marsch über die Berge war für die Soldaten ohne Zauberkräfte eine ziemliche Strapaze gewesen. Sie mußten die steile Felsküste mit Hilfe der von Domestikenhand gefertigten Seile erklimmen, die von verzauberten Nägeln gehalten wurden, und waren dann gezwungen, die ebenso steilen Felsen landeinwärts wieder hinunterzuklettern. Nur eines der Seile hatte das Gewicht nicht gehalten, aber die Möwenreiter hatten es auffangen können, bevor zu viele Soldaten ihr Leben verloren.
    »Seid ihr über bewirtschaftetes Land gekommen?« fragte Rugad.
    »Ja, Herr«, erwiderte Parzival. »In der Mitte des Landes gibt es reichlich davon, und es ist tadellos in Schuß. Mit Aussichten auf eine üppige Ernte.«
    Rugad lächelte. Seine Soldaten waren hervorragend ausgebildet. Sie waren nicht nur in der Kriegskunst unterwiesen worden, sondern wußten auch, wie gutes Land aussah. Und das war notwendig. Sie hatten den strikten Befehl, keinesfalls fruchtbares Land oder reiche Ernten zu zerstören.
    »Ist es weit entfernt?«
    »Einige Tagesmärsche von hier«, entgegnete Parzival.
    Rugad nickte. Einige Tagesmärsche. Dann würde sein Urenkel bereits verschwunden sein. Rugad konnte nicht selbst gehen. In diesem Fall müßte er noch einmal in die Verbindung eindringen und, wenn es mißglückte, den Jungen von jemandem verfolgen lassen, der diese Inselbauern zum Sprechen brachte.
    Eine Person seines Vertrauens.
    Er mußte in Ruhe darüber nachdenken. Sobald er in seinem eigenen Schattenland ankam, würde er es wissen.
    »Ich danke dir«, sagte er zu Parzival. »Wie lange werdet ihr hier noch brauchen?«
    »Wir sind beinahe fertig. Die Zauberhilfsmittel sind fast alle geborgen. Den Rest überlassen wir dann den Rotkappen. Sie haben reiche Beute gemacht, Herr.«
    Rugad nickte. Reiche Beute. Viel Blut, Fleisch und Knochen für die Hüter. Er hatte ziemlich viele Hüter mit auf die Reise genommen, da er sich nicht sicher gewesen war, wie viele er brauchen würde. Das Gift und seine Wirkung auf die Fey waren vielleicht nichts weiter als ein unglücklicher Zufall.
    Vielleicht auch nicht.
    Rugad hatte die Theorie aufgestellt, daß es kein unglücklicher Zufall war, sondern daß die Inselbewohner noch weitere Tricks gegen die Fey einsetzen, von denen er bis jetzt noch nie gehört hatte.
    Sein Sohn, Rugar, hatte diese Insel im festen Glauben angelaufen, daß der Sieg eine einfache Sache sei. Rugad erwartete genau das Gegenteil. Er konnte sich dabei nicht nur auf Rugars Erfahrungen stützen, sondern auf die ganze Geschichte der Fey. Es war ihnen immer besonders schwer gefallen, kleine Länder zu erobern. Die Ordnung in größeren Staatsgefügen ließ sich wesentlich leichter erschüttern.
    Wenn dies auch mit der Blauen Insel gelang – wunderbar.
    Wenn nicht, dann war Rugad auf jeden Fall gewappnet.
    Aber bevor die Blaue Insel fiel, mußte Rugad seinen Urenkel finden. Es würde ein schwerer Fehler sein, die Insel zu erobern und durch den zufälligen Tod eines Schwarzblütigen alles in völliges Chaos zu verwandeln.
    »Das hast du gut gemacht«, lobte er Parzival.
    Der Infanterist lächelte, schlug die Hacken zusammen, deutete eine Verneigung an und trat ab. Rugads Blick folgte ihm. Die Truppen leisteten ausgezeichnete Arbeit. Sie würden die Insel innerhalb kürzester Zeit sichern.
    Aber der Schlüssel zum Erfolg war jener Fey-Visionär, dem Rugad gerade für einen Augenblick begegnet war.
    Derjenige, der das Schattenland im Alter von drei Jahren repariert hatte.
    Gabe.

 
12
     
     
    Es dauerte einen Augenblick, bis alle die Bedeutung von Sebastians Worten verstanden hatten. Nicholas’ leiblicher Sohn. Der Sohn, den er nie gekannt hatte. Der ihm gestohlen worden war. Der glückliche, pausbäckige Säugling.
    Gabe.
    »Wie ist er verletzt worden?« fragte Nicholas.
    Arianna hatte die Arme verschränkt, wandte ihnen den Rücken zu und spähte durch einen Schlitz im Wandteppich auf die Vögel im Garten. Sie hatte offensichtlich beschlossen, ihren richtigen Bruder zu hassen.
    Sebastian gab keine Antwort. Sein Mund war geöffnet, und seine Augen starrten ins Leere. Zwischen Oberlippe und Zunge bildete sich ein dünner Speichelfaden.
    »Sebastian!« herrschte ihn Nicholas an.
    Etwas in seinem Ton ließ Arianna herumwirbeln. Der Wandteppich schlug gegen das Fenster. Sie legte die Hand um Sebastians Arm. Er legte den Kopf auf die

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