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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Mikrominiaturisierung ein, so verliert eine Kontrolle ohne Vertrauen ihre Wirksamkeit. Waffenschmieden, Laboratorien und Arsenale lassen sich dann unauffindbar verstecken. Weder läßt sich dann ein Übereinkommen auf minimal gültigem Niveau gegenseitigen Vertrauens erzielen (daß derjenige, der von der Innova-tion der Mikrowaffen absieht, dadurch nicht die Position des baldigen Verlierers einnimmt), noch kann die vorhandene Bewaffnung liquidiert werden auf der Basis dessen, daß man sich gegenseitig die Versicherung gibt, ebendies tun zu wollen.
       Es erhebt sich folgende Frage: Warum haben wir statt des einst auf der Erde prognostizierten Zeitalters biomilitäri-scher Kampfmethoden nun rings um die Quinta eine tote Spharomachie vorgefunden?
       Sicher liegt es daran, daß die Gegenspieler auch in der Domäne der biologischen Waffen ein Potential erreicht haben, das zur Vernichtung der gesamten Biosphäre ausreicht, wie dies zuvor bereits durch den strategischen Abtausch von Nuklearschlägen möglich geworden war. Somit kann weder diese noch jene Waffe von jemandem zum Erstschlag eingesetzt werden.
       Was die kryptomilitärische Makroalternative, also die Auslösung von Naturkatastrophen durch Manipulation von Klima und Seismik betraf, so mochten derlei Akte vorgefallen sein, konnten jedoch keine strategische Entscheidung herbeiführen, weil derjenige, der selbst kryptomilitärisch vorgehen kann, analoge Aktionen auch zu diagnostizieren versteht, wenn sie ihm von einem Gegner zugefügt werden.“
       Nach dieser Einleitung stellten die Verfasser ein Modell der Spharomachie dar.
       Es war eine Kugel mit der Quinta im Zentrum. Die einstigen lokalen Kriege waren in Weltkriege übergegangen, diese wiederum in einen Wettlauf der durch neue Erfindungen zunehmend beschleunigten Rüstung zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Den großen konventionellen Kriegen setzte die Entdeckung der Kernspaltung ein Ende. Von da an hatte das krieglose Wettrüsten drei Komponenten: Mittel der Vernichtung, Mittel ihrer Verbindung und Mittel, die gegen die ersten beiden gerichtet waren. Die Entstehung der Spharomachie setzte die Existenz von Operationsstäben voraus, die jeden Fortschritt der Gegenspieler, jede Veraltung der eigenen Arsenale und der Methoden koordinierten Einsatzes durch technische Innovationen beantworteten.
       Jede dieser Etappen hatte ihre Obergrenze. Sobald sie von den Antagonisten erreicht wird, entsteht ein zeitweiliges Gleichgewicht der Kräfte. Dann versucht eine der Seiten, diese Grenze zu durchstoßen. Als Obergrenze der präkosmischen Phase kann der Zustand angesehen werden, bei dem jede der Seiten die Mittel des Gegners sowohl lokalisieren als auch vernichten kann, ob diese nun einem Erst-oder einem Vergeltungsschlag dienen. Gegen Ende dieser Phase sind die tief in der Planetenkruste stationierten ballistischen Raketen globaler Reichweite ebenso der Zerstörung ausgesetzt wie mobile Abschußrampen auf dem Festland oder unter der Meeresoberfläche, auf schwimmenden Einheiten oder im Meeresboden verborgene Geschosse.
     
       In dem so entstandenen Gleichgewicht gegenseitiger Verwundbarkeit wird zum empfindlichsten Kettenglied das durch Satelliten für Früherkennnung und Fernaufklärung im All unterhaltene Nachrichtensystem sowie dessen Verbindung mit den Stäben und den militärischen Mitteln. Um auch dieses System der Gefahr eines Überraschungsschlags, der es zerstören oder außer Gefecht setzen könnte, zu entziehen, wird ein weiteres von höherer orbitärer Ordnung geschaffen. Damit beginnt die Sphäromachie zu expandieren und somit zu erschlaffen. Je größer sie wird, um so störanfälliger wird ihre Verbindung mit den Stäben auf dem Planeten.
       Diese suchen dieser Gefahr zu entkommen. Wie im Zeitalter der konventionellen Kriege die Inseln im Ozean die Funktion unversenkbarer Flugzeugträger besaßen, würde der nächstgelegene Himmelskörper, der Mond also, zur unzerstörbaren Basis für die Seite, die ihn als erste in ihre militärische Gewalt bekäme. Da es nur diesen einen Mond gibt, muß sich, kaum daß er von der einen Seite besetzt ist, die andere im Bestreben, die neue Zunahme der Bedrohung wettzumachen, entweder auf Mittel konzentrieren, die die Verbindung des Planeten mit dem Mond kappen, oder die Feinde durch eine Invasion vertreiben. Halten sich die Kräfte der Invasoren und der Verteidiger der Mondfestung in etwa die Waage, kann den Trabanten niemand unter seine

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