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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Finale entscheiden — für eine eigene Bestimmung. So grübelte er, benommen sowohl von der Umgebung als auch von seinen Reflexionen, denn philosophische Gedanken lagen gar nicht in seiner Gewohnheit. Er hatte die emporgestiegene Sonne nun im Rücken, sein eigner Schatten eilte ihm weit voraus, und es verursachte ihm ein sonderbares Kribbeln, in seinen Bewegungen sowohl die Maschinenais auch die eigene Menschennatur zu erkennen: Es war ja die Silhouette eines kopflosen, im Gehen wie ein Schiff schwankenden Roboters, der gleichzeitig die nur seinem Führer eigenen Bewegungen ausführte und — da in gewaltiger Vergrößerung — mit ostentativem Trotz demonstrierte. Angus erlebte diesen Anblick zwar nicht zum ersten Mal, aber der fast zweistündige Marsch durch die gespenstische Einöde hatte seine Phantasie beflügelt oder subtiler gestimmt. Er bereute es nicht, daß er sich hinter dem Roembden mehr nach Westen gehalten und dadurch den Funkkontakt mit den Leuten dort verloren hatte. Bis zum Austritt aus dem Funkschatten waren es nur noch dreißig Meilen, aber jetzt wollte er allein sein, befreit von dem stereotypen Frage- und Antwort-Spiel der Meldungen.
       Am Horizont dunkelten schwärzliche Umrisse, er war zunächst nicht sicher, ob von Wolken oder Bergen. Angus Parvis, der unterwegs zum Gral war, brachte bei allem eben erlebten Schwung seiner Phantasie kein einziges Mal seinen Namen in eine Verbindung mit Parsifal; ebenso schwer, wie aus der eigenen Haut zu fahren, fällt es dem Menschen, aus seiner geistigen Identität heraus- und noch dazu in den Mythos einzutreten. Er achtete nicht mehr so sehr auf das Umfeld seines Marsches, und er tat dies um so weniger, als die Szenerie vorgeblichen Todes, das planetare theatrum anatomicum der Mineralien, spärlicher wurde. Mit ungeheuchelter Gleichgültigkeit schritt er an den Orten vorbei, die so perfide funkelten, als seien sie als Lockung für seine Augen aufgestellt.
       Seit er seinen Entschluß gefaßt hatte, verbot er sich jeden Gedanken an den, der die Ursache dieses Entschlusses war. Dies bereitete ihm keine Mühe. Als Raumfahrer hatte er das lange Alleinsein gelernt. Er marschierte vorwärts, und der Diglator schwankte, denn er mußte sich abwechselnd nach den Seiten neigen, aber das war ein wohlbekanntes Gefühl.
       Der Schrittmesser zeigte fast dreißig Meilen pro Stunde. Die gespenstischen Reminiszenzen an Todestänze von Amphibien und Reptilien wichen sanft gewelltem Felsboden, der mit vulkanischem Tuff bedeckt war, feinkörniger und leichter als Sand. Er hätte einen Schritt zulegen können, wußte jedoch, daß die bei vollem Lauf auftretenden Beschwerden nicht lange durchzunähen waren. Immerhin erwartete ihn noch ein mehrstündiger Marsch, der — sogar noch vor der Depression — durch sehr viel schwereres Gelände führte. Die flach gezähnten Konturen am Horizont gaben nicht länger vor, Wolken zu sein. Er schritt auf sie zu, und sein Schatten glitt vor ihm her, er sah plump aus, denn mit Rücksicht auf seine Masse hatte der Großschreiter Beine, die nur ein Drittel der Rumpflänge ausmachten: Zu größerer Schnelligkeit getrieben, mußte er, um die Schritte zu verlängern, jedesmal das Bein zusammen mit der Hüfte nach vorn werfen. Im Grunde war das möglich, denn das ringförmige Lager der Beine, sozusagen deren Fahrgestell, das den Hüften entsprach, war eine riesige Gleitscheibe, in die der Rumpf eingepaßt war. Jedoch gesellte sich dann zu dem seitlichen Schlingern noch ein ruckartiges Auf und Nieder des ganzen Großschreiters, und die Landschaft schwankte vor den Augen des Maschinisten wie betrunken. Zum Laufschritt waren so schwere Apparate nicht fähig. Schon ein Sprung aus zwei Meter Höhe wurde auf dem Titan für sie problematisch. Auf kleineren Himmelskörpern und auf dem Erdmond war die Bewegungsfreiheit größer. Übrigens war es den Konstrukteuren nicht um die besondere Schnelligkeit dieser Maschinen gegangen, denn diese sollten nicht als Transportmittel dienen, sondern schwere Arbeiten verrichten. Die Fähigkeit zu gehen war nur eine Zugabe, die die arbeitsamen Kolosse selbständig machte.
       Wohl eine Stunde lang hatte Angus abwechselnd den Eindruck, daß er sogleich in dem Felsengewirr steckenbleiben müßte oder daß der Azimut geradezu genial ausgerichtet war. Jedesmal nämlich, wenn er sich wieder einer Halde vom Gehängeschutt näherte, Felsplatten, die so labil im Gleichgewicht waren, als würde sie der nächste

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