FIDER (German Edition)
hinten auf die Ladefläche.«
Datsos Miene verfinstert sich ein wenig. »Wie jetzt? Wieso dürfen wir nicht im Führerhaus mitfahren? Jetzt aber mal langsam, Jungelchen.«
»Nix Jungelchen«, sagt Brück. »Falls ihr das noch nicht gemerkt habt: Ich bin Gefreiter und ihr seid gar nichts. Ihr seid noch nicht einmal in der Ausbildung. Das bedeutet, ich bin momentan hier der Chef und ihr seid die Füchse. Und Füchse haben im Führerhaus nichts zu suchen. Also los jetzt, auf die Ladefläche aufsitzen.«
Datso hält Brücks Bli ck noch einen Augenblick stand. Dann stiehlt sich ein Grinsen auf sein Gesicht und er wendet sich zu Petursson um. »Haste gehört, Herr Unterführer. Wir sind jetzt nix mehr. Sowas Blödes aber auch. Na, dann wollen wir mal aufsitzen, bevor der Herr Gefreite hier noch einen Koller kriegt.«
Petursson starrt das Fahrzeug noch immer an.
»Was ist? Biste jetzt eingefroren, oder was?«
Petursson dreht sich ruckartig zu Datso um. Er wirkt, als sei er gerade erst aus tiefem Schlaf erwacht. »Häh?«
Datso deutet auf die Heckklappe des Tonners. »Aufsitzen, Herr ehemaliger Unterführer, der jetzt gar nix mehr ist.«
»Ja.« Petursson zögert noch einen Augenblick lang. »Ja, gut. Wenn's sein muss.«
Unter Brücks ungeduldigem Blick wuchten die beiden Männer ihre Seesäcke auf die Ladefläche. Dann klettern beide auf das Fahrzeug und Brück schließt die Heckklappe hinter ihnen.
(Schnitt auf eine Kamera, die direkt hinter dem Führerhaus unter der Plane angebracht ist, die als provisorisches Dach über der Ladefläche aufgespannt wurde. Die Kamera ist mit einem Weitwinkelobjektiv versehen, um die gesamte Ladefläche erfassen zu können. Dies verleiht den Aufnahmen einen leichten Fischaugeneffekt. Es ist beinahe so, als blicke man durch einen Türspion.)
Auf der Ladefläche finden Petursson und Datso zwei Sitzbänke aus Holz, die Rückenlehne an Rückenlehne längs zur Fahrtrichtung montiert sind. Die beiden Männer nehmen nebeneinander auf der Fahrerseite Platz, während Brück ins Führerhaus klettert. Einen Augenblick später zischt die Druckluftbremse und das Fahrzeug fährt an.
»Alter, hörst du das?«, ruft Datso aus. Er klingt wie ein kleines Kind, das gerade ein besonders tolles Geschenk unter dem Weihnachtsbaum entdeckt hat. »Hörst du das? Kein Motor, kein Garnix. Alles leise. Alter, was ist das denn für ein Hammergerät von einem LKW?«
»Das ist ja das Problem«, sagt Petursson. Im Gegensatz zu Datso klingt er, als kämpfe er gerade gegen einen üblen Durchfall. »Das Ding fährt elektrisch. Ich habe über diese Tonner mal gelesen. Die schalten nur bei länge ren Märschen ihre Dieselmotoren ein. Im Gelände gehen die auf elektrischen Antrieb. 'Schleichfahrt' nennen die das. Und die haben keine Batterien, sondern diese neuen Reaktoren. Lange können die damit nicht fahren, weil die Dinger dann überhitzen.«
Wie auf ein Stichwort springt der Dieselmotor des Fahrzeuges mit einem leisen Grollen an. Der Tonner nimmt Fahrt auf und rumpelt den Waldweg entlang.
»Reaktor?« Nun muss Datso seine Stimme erheben, um sich verständlich zu machen. »Was ist das für neumodisches Zeu g?«
»Das ist dieses Atomzeug, mit dem neuerdings Strom erzeugt wird. Unsere Regierung hat dem Süden gerade vier oder fünf große Reaktoren abgekauft und in Betrieb genommen, um der Energieknappheit im Westen beizukommen. Aber es gibt auch kleine Reaktoren, die in Fahrzeugen oder in Gebäuden eingesetzt werden können«, ruft Petursson zurück.
»Ist doch saugefährlich, dieses Zeug. So ähnlich wie Atombomben. Hast du deswegen eben so blöd aus der Wäsche geschaut?«
»Ja, genau«, gibt Petursson zurück. »Wir sitzen mit unseren Ärschen auf einem verdammten thermonuklearen Sprengsatz.«
Im nächsten Moment rumpelt der Tonner über eine Bodenunebenheit. Petursson und Datso werden kurz aus dem Sitz gehoben. Dann krachen sie wieder auf die Sitzbank zurück.
»Aua!«, ruft Datso aus. »Mann, ich dachte, bei denen im Süden wäre alles ein bisschen bequemer. Stattdessen fliegen wir hier genauso herum wie in unseren alten Zwo-Vierern. Das ist doch Käse.«
»Nein«, ruft Petursson zurück, wobei er sich ein Lachen nicht verkneifen kann. »Das ist Militär, Mann. Militär ist immer gleich. War mir völlig klar, bevor ich hierhergekommen bin. Das habe ich auch meinem Kumpel Wiegel erzählt. Der war ziemlich neidisch auf mich. Wenn der wüsste.«
Die Männer werden noch reichlich
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