FIDER (German Edition)
es überhaupt sein soll. Zum Beispiel so etwas hier.«
Datso hält eine runde Blechdose in die Höhe.
»Ist das für Bonbons, oder was?«
Petursson schaut auf. »Ich glaube, das ist eine Butterdose. Soweit ich gehört habe, benutzen sie das in der DRV im Süden, um ein Notfall-Päckchen draus zu machen. Da kommt ein Stück Meldepapier rein, ein Pflaster, ein Bleistift, Kordel, Nadel und Faden, ein paar Sicherheitsnadeln und ein Streichholzbriefchen. Das Ding verschwindet in der Seitentasche deines Rucksacks. Dann hast du im Notfall immer alles am Mann, was du brauchst.«
Datso dreht die Butterdose hin und her. »Butterdose. Wenn ich das alleine schon höre. Beim alten Datso haben sie die Butter noch im Napf aufbewahrt, ganz hinten in der Speisekammer, wo es schön kühl war. Und was ist das hier ?«
Datso hält nun ein kleines, graues Kästchen in die Höhe.
»Das ist dann wohl der Campingkocher, oder was?«
»Gar nicht mal schlecht.« Petursson grinst. »Tatsächlich ist das ein Esbit-Kocher. Das Ding kannst du aufklappen. Unten kommt dann ein Stück Esbit rein und oben kannst du dein Kochgeschirr draufstellen. Probier das aber bloß nicht in einem geschlossenen Raum aus. Mit dem Zeug kannst du dich nämlich ganz prima selbst vergasen.«
»Da wirst du doch verrückt«, sagt Datso und feuert den Esbitkocher in den Seesack zurück. »Und den ganzen Scheiß müssen wir wahrscheinlich herumschleppen, wenn es raus ins Feld geht. Aber sag mal, woher weißt du das eigentlich alles? In der Volksarmee hatten wir solches Zeug nicht.«
Petursson zuckt mit den Schultern. »Einzelkämp ferlehrgang. Sabotage, Infiltration. Wir hatten gemeinsame Übungen mit den Leuten aus der DRV. Bei denen haben wir uns einiges abgeguckt. Weil ich keine Butterdose hatte, habe ich mir beispielsweise so ein Notfallpäckchen aus dem Kästchen eines Waffenreinigungsbestecks gemacht. War aber blöd. Das Kästchen war total verölt. Hinterher war alles glitschig und der Bleistift flog mir aus der Hand und meinem Ausbilder genau in die Fresse. Das war vielleicht ein Hallo.«
»Blöder Scheiß«, schnaubt Datso. »Immer alles ganz bequem machen. Immer ganz modern und kompliziert. Beim alten Datso gibt es so etwas nicht. Da wird die Wurst noch auf einen Stock gespießt und ins Feuer gehalten, jawohl! Dieser ganze Südländerkram ist mir viel zu schwul.«
Gerade in dem Augenbli ck, in dem Datso die letzten drei Worte spricht, wird die Stubentür aufgestoßen und ein beinahe schon unverschämt gut aussehender junger Mann betritt die Stube. Mit seiner Körpergröße von mindestens zwei Metern überragt er sowohl Petursson als auch Datso um ein ganzes Stück. Allerdings bringt er nur halb so viel auf die Waage wie Petursson alleine.
»Meister, Ihr habt gerufen?«, fragt der Bursche mit einer Stimme, die die Raumtemperatur schlagartig um einige Grad in die Höhe zu treiben scheint.
»Ja Sapperment«, brummt Datso, »wenn man vom Teufel spricht.«
Petursson schüttelt seinen Kopf. »Ach herrje, jetzt ist auch noch ein rosa Wölkchen in unsere Stube geschwebt.«
»Stube!«, wettert der Mann los, ohne auf die Sticheleien einzugehen. »Stube. Das war genau das Wort, weswegen ich mich eben ärgern musste.«
»Scheiße nochmal, der klingt ja wie 'ne Operndiva«, sagt Datso und wendet sich demonstrativ ab. Petursson wirft ihm einen irritierten Blick zu.
»Ich habe den Unteroffizier vom Dienst gefragt, wo ich mein Zimmer finde«, schwadroniert der Mann weiter. »Da sagt der Kerl doch zu mir, und ich zitiere: ›Zimmer gibt’s im Puff, Mädel. Bei uns gibt es nur Stuben.‹ Das muss man sich einmal vorstellen!«
Datso scheint die Geschichte nicht sonderlich komisch zu finden, doch P etursson grinst breit. »Gutes Stichwort«, hakt er ein. »Wie wäre es, wenn du dich zuerst einmal vorstellst?«
Der Bursche dreht sich zu Petursson um und zieht fragend die Augenbrauen in die Höhe. Dann lässt er seinen Seesack los, den er hinter sich her in d en Raum gezogen hat und tut so, als schlage er sich mit der flachen Hand vor die Stirn.
»Au weia, wo sind nur meine Manieren geblieben. Mein Name ist van den Pas. Vinzent van den Pas. Einige meiner ganz speziellen Freunde dürfen Vinnie zu mir sagen. Aber wirklich nur ganz spezielle Freunde.«
»Also gut, Vinnie«, lacht Petursson. »Ich bin Petursson. Ehemals Unterführer Petursson. Jetzt nur noch Petursson. Meine ganz speziellen Freunde dürfen Petursson zu mir sagen. Alle anderen übrigens auch. Und das
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