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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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sich die Lippen. »Anscheinend ist er uns jedesmal einen Schritt voraus, Sir.«
    Bolitho ging zur Gangway und sah zu den Booten hinunter.
    »Bis auf eines. Er eroberte Hardacres Schoner und ist über Ihre Meldung genau unterrichtet.«
    »Das bedaure ich sehr, Sir. Ich dachte ...«
    Bolitho ergriff seinen Arm. »Nein, Thomas. Das ist unser einziges Plus. Tuke wird glauben, daß Sie noch vor Rutara liegen, daß Sie nicht wagen, gegen Ihren Befehl zu handeln und daß Sie befürchten, das Fieber hätte auch auf die Siedlung übergegriffen. Darüber hinaus we iß er auch, daß ohne den Schoner keine Möglichkeit besteht, zwischen dem Schiff und der Siedlung Nachrichten auszutauschen.« Herrick verstand. »An seiner Stelle hätte ich die gleichen Überlegungen angestellt.« Dann schüttelte er den Kopf. »In einem offenen Boot, für nur wenige Tage Wasser und Verpflegung und dann auch noch zwischen feindlichen Inseln hindurch – ja, ich kann seine Überlegungen verstehen.«
    »Das ändert alles nichts.« Bolitho beobachtete, wie die mit Marinesoldaten dicht besetzte Barkasse vom Schiff ablegte und darauf wartete, daß die Gig längsseit kam. »Es gibt uns allerdings Zeit. Andernfalls, fürchte ich, wäre die Insel bereits gefallen.«
    Borlase rief: »Alles klar, Sir.«
    »Welche Instruktionen haben Sie für mich, Sir?« Herrick begleitete Bolitho zur Einstiegspforte.
    »Die üblichen. Einen guten Ausguck und etwa sechs Kanonen ständig bemannt. Wenn an Land alles sicher ist, wünsche ich, daß auf dem Berg ein Ausguck postiert wird.« Er stieg in das Boot hinab, während noch das schrille Pfeifen des Bo otsmannsmaaten in der feuchten Luft hing. Borlase fragte gereizt: »Warum diese ganze Demonstration von Stärke? Die Seesoldaten, die Gig mit den Ruderern in ihren besten Hemden? Das ist doch eher wie ein Höflichkeitsbesuch als wie die Vorbereitung einer Evakuierung.«
    Herrick musterte ihn kalt. »Evakuierung? Niemals. Auf diese Weise zeigt der Kommandant, daß – gleichgültig, was andere denken oder fürchten mögen – die Tempes t dasselbe ist wie früher: ein Kriegsschiff, Mr. Borlase, kein alter Kahn voll ängstlicher alter Weiber.«
    Keen kam zu ihnen und fragte: »Wer ist mit dem Kapitän gefahren?«
    Herrick antwortete knapp: »Mr. Swift. Eine günstige Gelegenheit für ihn, etwas zu lernen, wenn er sich in dem Dienstrang bewähren soll, den er vorübergehend innehat.« Er wandte sich ab und dachte an die Worte, die Bolitho in seiner Kajüte vor der Morgendämmerung gesprochen hatte.
    »Nicht Mr. Keen, Thomas. Es ist noch zu früh. Bei jedem Baum wird er seine Malua sehen und ihre Stimme hören. Nein, er braucht Zeit. Ich nehme den jungen Swift.«
    Herrick seufzte. Typisch, dachte er. Er beobachtete, wie die Boote in Kiellinie gingen und sich der Pier zuwendeten. Aber um wie vieles schlimmer mußte es für ihn sein.
    Bolitho stand neben einem der hohen Fenster in Raymonds Arbeitsraum und lauschte auf das irre Kreischen der Vögel im dichten Unterholz.
    Seine Ruhe überraschte ihn selbst, sein Unvermögen, weder Abscheu noch Haß zu empfinden, als er Raymond an seinem geschnitzten Tisch sitzen sah.
    Unter dem Fenster hörte er einige Marinesoldaten durch den weiten Hof stampfen. Ihre Stimmen und ihre Stiefel waren unnatürlich laut. Während seiner Abwesenheit, in den Tagen, an denen er und seine Bootsbesatzung sich qualvoll vorwärts gekämpft hatten, war die Siedlung erschreckend verfallen.
    Vorräte waren vergeudet worden, überall lagen leere Flaschen und Fässer herum. Sogar Raymond hatte sich verändert, war hohläugig und ungepflegt, und sein besudeltes Hemd machte seinen Anblick nur noch schlimmer. Von allen hatte er sich am meisten verändert.
    Bolitho hatte fast damit gerechnet, daß ihm die Tore verschlossen bleiben würden. Wäre das der Fall gewesen, dann hätte er weder seine eigenen Gefühle noch die seiner Leute beherrschen können, das wußte er.
    Raymond hatte so wie jetzt an seinem Tisch gesessen und auf die Tür gestarrt. Vielleicht hatte er sich, seit die beiden Boote im Schutz der Dunkelheit aufgebrochen waren, nicht von seinem Platz gerührt.
    Er hatte gesagt: »Sie haben also überlebt? Und was werden Sie jetzt tun?«
    Hardacre hatte die Boote der Tem p es t an der Pier empfangen, und während sie zusammen zu den Palisaden hinaufgingen, hatte er in allen grimmigen Einzelheiten geschildert, was geschehen war. Über ein Drittel der Insulaner war am Fieber gestorben, und während die

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