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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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anscheinend nicht, warum die durchnäßten und unrasierten Männer ihm grinsend zunickten.
    Bolitho blickte zu ihm hinunter. »Das haben Sie gut gemacht, Mr. Romney.«
    Der Midshipman wäre gefallen, wenn Orlandos hochragende Gestalt, vor Nässe wie Kohle glänzend, ihn nicht aufgefangen und unter Deck getragen hätte.
    Sobald er sich erholt hatte, überlegte Bolitho, mochte sich der Junge an seinem verzweifelten Rettungsversuch innerlich aufrichten. Er konnte für ihn von entscheidender Bedeutung sein.
    Herrick beobachtete Bolitho verstohlen. Jeder an Bord hatte seine Aufgabe zu erfüllen, je nach Rang oder Station mehr oder minder beschwerlich, doch alles wurde auf dem Achterdeck entschieden, von dem einen Mann, der jetzt, einen verbeulten Becher in der Hand, mit der anderen an den Finknetzen Halt suchte. Bolithos schwarzes Haar war vom Salzwasser durchnäßt und klebrig, sein Hemd mit Teer- und Ölflecken übersät, dennoch stand er dort, als trüge er seine Paradeuniform.
    Unvermittelt sagte Bolitho: »Der Koch wird Stunden brauchen, bis er das Feuer in Gang bringt, Mr. Herrick.« Er mußte die Stimme heben, denn das Brausen des Windes war mit zunehmender Helligkeit lauter geworden. »Veranlassen Sie Mr. Bynoe, eine Portion Rum oder Gin an die Leute auszugeben.« Er begegnete Herricks Blick, und seine grauen Augen leuchteten plötzlich. »Dann werden wir entscheiden, was zu tun ist.«
    Die Hitze in der Kajüte war überwältigend, und Bolitho brauchte seine ganze Kraft, um die aufsteigende Übelkeit zu beherrschen.
    Den ganzen Tag über, während die Tempes t langsam und behutsam gegen Wind und Wellen ankreuzte und sich ihren Weg zwischen Inseln, Riffen und Untiefen suchte, hatte er seine Überlegungen und Pläne wieder und wieder überprüft. Gegen Mittag hatte er erkannt, daß sie den Kampf gegen das Wetter gewannen, und den Gesichtern und Stimmen seiner Leute entnommen, daß sie stolz auf ihre Leistung waren. Merkwürdig, wie schnell Menschen sich wandeln konnten.
    Monatelang, manchmal jahrelang zusammengepfercht, belauerten sie sich gegenseitig, prangerten ihre Mängel und Versager unbarmherzig an. Diese Auseinandersetzungen konnten bis zu Blutvergießen ausarten und harte Strafen nach sich ziehen. Doch wenn sie ein gemeinsames Ziel vor Augen hatten, konnten sie auch so geschlossen wie ein einziger Organismus handeln.
    Noch während der Wind Gischt von den brechenden Wellenkämmen fegte, brach die Sonne wieder durch und strahlte mit vertrauter Intensität auf sie herab. Es hatte den Anschein, als sei das Schiff in Brand geraten und wolle für sie alle zum Scheiterhaufen werden. Denn aus jeder Planke und Bohle, jeder Spiere und Rah stieg Dampf in großen Schwaden auf, selbst von den nackten Oberkörpern der Matrosen, die sich abmühten, die Sturmschäden zu beheben. Dann wurde es wieder Nacht, aber diese war ganz anders. Der Mond breitete vor den großen Kajütfenstern eine Bahn aus Licht auf das Meer, das sich unter dem schwachen Wind nur noch leicht kräuselte. Überall sonst schimmerte die See dunkel wie schwarzes, flüssiges Glas.
    Aber es war heiß, und in der überfüllten Kajüte konnte man nur schwer den Gedanken an kühles frisches Wasser unterdrücken, den Wunsch, Krug um Krug in sich hineinzuschütten.
    Bolitho behielt die Flasche mit dem schalen Wein im Auge, als sie die Runde machte. Herrick, Keen, Lakey und Captain Prideaux füllten ihre Gläser, blickten auf die ausgebreitete Karte nieder, stellten sich im stillen Fragen, sagten wenig. Ein schwerer Sturm zehrte an den Kräften wie ein körperlicher Kampf, dachte Bolitho. Wenn er vorbei war, wollte man nur noch in eine Ecke kriechen und seine Ruhe haben. Er sagte: »Wir stehen jetzt vor der Nordwestküste der Insel. Ich wollte keine frühere Annäherung, weil ich Beobachter auf den Bergen befürchte. Die Insel ist an dieser Stelle nur eine Meile breit. Unsere Annäherung wäre leicht zu beobachten.« Er machte eine Pause und lauschte den Schritten Borlases oben an Deck, der so dicht an das Skylight herankam, wie er nur wagte.
    Bolitho wußte, daß Herrick ihn beobachtete, wußte sogar, was er dachte, was er sagen wollte.
    Gelassen fuhr er fort: »Mr. Lakey ist sicher, daß wir ohne große Schwierigkeiten eine kleine Bucht erreichen können. Der Mond wird uns dabei helfen, und sobald wir dicht unter Land sind, wird es uns einen gewissen Schutz vor dem Wind bieten.« Er sah sich am Tisch um. »Ich beabsichtige, eine kleine, aber gut bewaffnete

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