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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Sie mir jetzt schon das Wichtigste.«
    Borlase schien seinem Kommandanten einen Sessel bereitstellen zu wollen, aber nach einem Blick auf Raymond gab er diese Absicht auf.
    Merkwürdigerweise fühlte Bolitho sich durch Raymonds Verhalten erleichtert. Da blieb kein Raum für Vorspiegelungen, für eine Änderung ihrer Beziehungen.
    Er lauschte seiner eigenen Stimme, als er kurz darlegte, was zwischen ihm und dem Franzosen vorgegangen war: nüchtern, ohne Emotion, wie eine Aussage vor dem Kriegsgericht.
    Raymond schob das Kielholen beiseite als »eine Angelegenheit, über die jedes Land selbst entscheiden muß«.
    Bolitho sagte ruhig: »Frankreich hat darüber schon lange entschieden. Aber hier draußen verkörpert de Barras sein Land.«
    »Das betrifft mich nicht.« Raymonds Fingerspitzen trommelten in einem lautlosen Wirbel gegeneinander. »Aber die Narva l geht mich ganz gewiß etwas an.«
    »Er wird es nicht wagen ...« Bolitho kam nicht weiter, denn Raymond fuhr dazwischen.
    »Also wirklich, ihr Seeoffiziere seid einer wie der andere. Wir befinden uns nicht mehr im Krieg mit Frankreich. Sie müssen sich an Ihre neue Rolle gewöhnen – oder sie gegen eine andere tauschen.« Seine Stimme wurde lauter und schärfer. Es war, als hätte er für einen solchen Augenblick geprobt. »Mit französischer Hilfe können wir alle Möglichkeiten für den Ostindienhandel und dessen gemeinsame Verteidigung sondieren. Die Beseitigung der Piraterie, zum Beispiel. Die Überwachung größerer Seegebiete im gemeinsamen Interesse. Wenn wir eines Tages gezwungen sein sollten, wieder gegen Frankreich zu kämpfen, dann sind wir aufgrund dieser Kooperation in einer besseren Situation. Man muß die Konkurrenz kennen, jeder Kaufmann weiß das. Ein Jammer, daß die Leute, die mit unserem Schutz betraut sind, sich nicht auch dazu verstehen können.«
    In der plötzlich eintretenden Stille konnte Bolitho seinen Herzschlag spüren, aber er hielt sich zurück. An der Art, wie Borlase zwischen ihm und Raymond hin und her blickte, erkannte er, daß der Leutnant seinen Konterschlag erwartete. Das war eine bewußte Beleidigung gewesen, doppelt schwerwiegend, da Bolithos Leute mit nicht geringem Risiko Raymond das Leben gerettet und ihm seine Freiheit zurückgewonnen hatten.
    Raymond runzelte die Stirn. »Haben Sie nichts zu erwi dern?«
    »Von Kaufleuten verstehe ich nur wenig, Sir. Aber ich kann einen Freund von einem Feind unterscheiden.«
    Borlase wechselte hörbar seinen Stand.
    Raymond sagte: »Jedenfalls haben Sie die Narva l mit frischen Aversionen gegen uns weiterfahren lassen.«
    »Ich erwarte, daß de Barras sich in unserer Nähe halten wird, Sir. Er ist entschlossen, seinen Gefangenen zurückzuholen, und falls wir auf den Piraten Tuke stoßen, bekommt er eine gute Chance dafür.«
    »Richtig. Wenn Tuke gehenkt und dieser Renegat wieder in Ketten ist, mag dadurch einiges wieder gutgemacht werden.« Er legte eine Pause ein, um abzuwarten, ob Bolitho den Köder aufnehmen würde. Doch als Bolitho ungerührt schwieg, fragte Raymond schroff: »Wann erwarten Sie, Land zu sichten?«
    »Wenn der Wind so bleibt, dauert es keine drei Wochen. Andernfalls kann es zwei Monate dauern.«
    Es war sinnlos, die unterschiedliche Geschwindigkeit der beiden Schiffe hervorzuheben. Aber er durfte auch nicht zu optimistisch sein. Raymond wartete nur auf eine schwache Stelle, e inen Fehler.
    Raymond zog seine Uhr und sagte zu Borlase: »Sagen Sie meinem Diener, er soll Wein bringen.« Und kühl zu Bolitho: »Ich bin sicher, daß meine Frau uns gern Gesellschaft leisten will.« Er sah sich in der Kajüte um. »Hier ganz bestimmt.«
    Bolitho wandte sich ab. Er hätte damit rechnen müssen: Raymonds Trumpfkarte war ausgespielt.
    Für Borlase mochte es wie eine selbstverständliche, formale Einladung geklungen haben, auf gutem Brauch oder Höflichkeit beruhend: der hohe Beamte, der den Kommandanten seiner Eskorte mit Wein bewirtete.
    Aber die Art, wie Raymond das Wort ›hier‹ hervorgehoben hatte... Bolitho brauchte keinen weiteren Hinweis. Denn hier in der Kajüte war Bolitho mit Raymonds Frau zusammengekommen, hatte sie umarmt, um das Entsetzen und die Verzweiflung ihrer Gefangenschaft auf der Eurota s zu lindern; hatte die Brandnarbe auf ihrer Schulter geküßt. Es war der Ort, wo sie sich mit aller Leidenschaft und Einfalt geliebt hatten.
    Die Tür ging auf, und Viola trat in die Kajüte. Trotz ihrer täglichen Spaziergänge an Deck war sie blaß und hatte Ringe

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